QUELLEN und ERORTERUNGEN

ZUR

BAYERISCHEN UND DEUTSCHEN GESCHICHTE.

NEUE FOLGE, DRITTER BAND.

AUF VERANLASSUNG UND MIT UNTERSTUTZUNG SEINER MAJESTAT

DES KONIGS VON BAYERN HERAtTSGEGEBEN DURCH DIE HISTO-

RISCHE KOMMISSION BEI DER KdNIGLICH BAYERISCHEN

AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.

MUNCHEN.

M. RIEGER'SCHE UNIVERS1TATS-BUCHHANDLUNG. (G. HIMMER.)

1915.

VEIT ARNPECK,

SAMTLICHE CHRONIKEN.

HERAUSGEGEBEN

VON

GEORG LEIDINGER.

AUF VERANLASSUNG UNDMITUNTERSTtJTZUNG SEINER MAJESTAT

DES KONIGS VON BAYERN HERAUSGEGEBEN DURCH DIE HISTO-

RISCHE KOMM1SSION BEI DER KONIGLICH BAYERISCHEN

AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.

MUNCHEN.

RIE GEK'SCHE UNIVERSITATS-BUCHHANDLUNG. (G. HIMMER.)

1915.

J. P. Himmer'Bche Buchd nicker ei in Augsburg.

Seiner Exzellenz

dem Prasidenten der Koniglich Bayerischen Akademie

der Wi88en8chaften

HERRN DR. KARL THEODOR VON HEIGEL

gewidmet vom Herausgeber.

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Inhalts-Verzeichnis.

Seite Einleitung :

I. Vorbemerkung des Herausgebers I

II. Arnpecks Leben VI

III. Arnpecks Werke, kritisch untersucht:

A. Die ,,Chronica Baioariorum" :

a) Handschriften der Chronik XIII

b) Drucke der Chronik XXIII

c) Abfassungszeit der Chronik XXIV

d) Quellen der Chronik XXVII

e) Bedeutung der Chronik LXIII

B. Die „Bayerische Chronik":

a) Handschriften der Chronik LXV

b) Drucke der Chronik LXXVI

c) Die Frage nach dem Verfasser der Chronik LXXVII

d) Arnpeck der Verfasser der Chronik . . . LXX1X

e) Abfassiingszeit der Chronik LXXXIX

f) Quellen der Chronik LXXXXII

g) Bedeutung der Chronik LXXXXIX

h) Die Fortsetzung der Chronik und ihr Verfasser C

C. Das „Chronicon austriacum" :

a) Handschriften der Chronik CI

b) Druck der Chronik CII

c) Abfaasungszeit der Chronik CI 1 1

d) Quellen der Chronik CIV

e) Bedeutung der Chronik CXV

D. Der „Liber de gestis episcoporum Frisingensium" :

a) Handschrift der Chronik CXVI

b) Druck der Chronik CXVIII

c) Abfaasungszeit der Chronik CXVIII

d) Quellen der Chronik CXIX

e) Bedeutung der Chronik CXXIV

E. Der „Libellus de fundationibus monasteriorum

in Bavaria" CXXV

IV. Arnpecks Leistung CXXVIII

Selte Texte:

Chronica Baioariorum 1

Bayerische Chronik 445

Chronicon austriacum 707

Liber de gestis episcoporum Friflingensium 847

Glossar 915

Orts- und Personen-Verzeichnis 930

Bench tigungen und Nachtrage 1013

Einleitung.

I. Vorbemerkungen des Herausgebers.

Mit dem vorliegenden Bande schliesst die Reihe der zur Veroffentlichung in der Neuen Folge der Quellen und Erorterungen zur bayerischen und deutschen Geschichte" bestimmten sogenannten bayerischen Landeschroniken des fiinfzehnten Jahrliunderts ab. Die wichtigen lateinischen und deutschen Chroniken Bayerns der unmittelbaren Vor- ganger Aventins in quellenkritisch bearbeiteten Ausgaben zuganglich zu raachen und darait gewissermassen die von der k. b. Akademie der Wissenschaften veranstaltete Aus- gabe der Samtlichen Werke Aventins zu erganzen , war eine wissenschaftliche Aufgabe, deren Losung in die Wege geleitet zu haben das Verdienst Karl Theodors von Heigel ist. Ihm sei daher nach Vollendung der Arbeit der Dank dafur ausgesprochen. Nachdem jetzt jene Chroniken des fiinfzehnten Jahrhunderts bearbeitet vorliegen, lasst sich klar und deutlich erkennen, welche noch vorhandenen oder verlorenen Quellen in ihnen beniitzt sind und welche Mit- teilungen wir den Verfassern der Chroniken selbst ver- danken. Nun ist es auch besser als fruher moglich zu verfolgen, wie die einzelnen geschichtlichen Ueberlieferungen von einem jener Schriftsteller zum andern gewandert sind und welche Wandlungen sie bei jener Wanderung durch- gemacht haben.

Dabei beschrankte sich die Arbeit nicht bloss auf die Landeschroniken selbst. Ebran von Wildenberg und Ulrich Fuetrer sind allerdings jeder nur mit seiner Chronik in der Reihe vertreten. Bei den beiden anderen Landeschronisten aber, Andreas von Regensburg und Veit Arnpeck, fugten

Quellen u. ErQrterongrai N. F. III. I

II

sich, urn das literarische Bild vollstandig zu machen, an die von ihnen verfassten bayerischen Landeschroniken noch die samtlichen ubrigen Werke an. Der Gesamteindruck der bayerischen Chronistik des funfzehnten Jahrhunderts diirfte dadurch wesentlich anschaulicher als friiher geworden sein.

Die Aufgabe, Veit Arnpecks Schriften neu herauszu- geben, harrte seit langer Zeit ihrer Erledigung. Schon bei der „Ankundigung und dem Plan-Entwurf einer Saramlung der Quellen deutscher Geschichten des Mittelalters" in den „Monunienta Germaniae historica" wurde unter den zu ver- offentlichenden Hauptquellenschriften „Viti Arenpeck Chroni- con austriacum" und dessen „Chronicon Boioariae" auf- gezahlt.1 Gleich darauf erbot sich der ehemalige Freisingische Hofrat Franz Hoheneicher durch ein Schreiben an die „Gesellschaft fur altere deutsche Geschichtskunde" vom 22. Dezember 1819 2, unter anderen Geschichtsquellen auch Veit Arnpeck zu bearbeiten. Wir erfahren dabei, dass Hoheneicher schon ein paar Jahre vorher eine Ausgabe von Arnpecks Chronica Baioariorum" hatte veranstalten wollen, dass er aber, als ira Jahre 1814 der Landshuter Universitatsprofessor Heller von Hellersberg ebenfalls eine Ausgabe Arnpecks angekundigt hatte, diesera nicht bloss die Benutzung des damals in Hoheneichers Besitze befind- lichen Autographs uberliess, sondern ihm auch die von ihm und dem Pfarrer Anton Nagel zu Moosburg gesammelten Varianten des Chroniktextes und Materialien zu einer Ab- handlung tiber Arnpeck ubermittelte. Hoheneicher schrankte dann sein Anerbieten auf die Herausgabe von Arnpecks „Gesta episcoporum Frisingensium" ein.

Hellersbergs geplante Ausgabe kam nicht zu stande, da er schon 1818 gestorben war.

Dann horen wir, wie nicht lange darnach, am 28. Januar 1820, der k. Ministerialrat Johann Georg Fessinaier, Mitglied der Munchener Akademie der Wissenschaften, wohl ohne Kenntnis von Hoheneichers Anerbieten, der „Gesellschaft fur altere deutsche Geschichtskundett gegenuber ebenfalls

1 Archiv d. Gee. f. alt. deutsche Gescbichtskunde I, 46/7. Wie daselbst S. 63 berichtet ist, hatte am 30. Marz 1819 Legationsrat von Koch- Sternfeld brieflich der „Gesellschaft fur altere deutsche Geschichtskunde1* Bhochst schatzbare Nach rich tea iiber eine Ausgabe der Werke des Vitus Arenpeck erteilt.*

2 Daselbst I, 350, dazu fierichtigung daselbst III, 29.

Ill

brieflich seine Bercitwilligkeit ausserte, Arnpecks Chronica Baioariorumtt in Gemeinschaft mit Direktor von Schlichtegroll „kritisch zu revidieren".1 Hoheneicher erbot sich darauf, die Arbeit und seine gesammelten Materialien an Koch-Sternfeld oder Fessmaier abzutreten.2 Doch scheint es bei alien diesen Vorschlagen geblieben zu sein. Zustromender anderer Stoft drangte sie bei den „Monunienta Germaniae historica" in den Hintergrund. Fast ein Jahrhundert ist seitdem ver- gangen ; der vorliegende Band versucht, wenn auch nicht im Rahmen der „Monumentaa, so doch in ihrem Geiste die alten Plane zu verwirklichen.

Der Ruf nach einer kritischen Ausgabe der Werke Arnpecks ist in der Zwischenzeit ofters ergangen.3

Seine Verwirklichuug wurde eingeleitet durch die von Karl Theodor von Heigel veranlasste Stellung folgender Preisaufgabe seitens der philosophischen Fakultat der Uni- versitat Muncben fur das Jahr 1891/2: „Die Schriften des bayerischen Chronisten Veit Arnpeck sollen einer kritischen Wurdigung unterzogen werden. Insbesondere ist zu unter- suchen, ob die deutsche Bearbeitung des „ChroniconBaioariae" von Arnpeck selbst herruhrt; auch sind die Quellen, aus welchen Arnpeck geschopft hat, in moglichster Vollstandig- keit nachzuweisen und die originalen Nachrichten auf ihren geschichtlichen Wert zu priifen. Selbstverstandlich mussen wenigstens die leicht erreichbaren Handschriften, naraentlich die auf der hiesigen Hof- und Staatsbibliothek verwahrten angeblichen Autographe Arnpecks, in die Untersuchung hereingezogen werden."

Diese Aufgabe fand zwei Bearbeitungen, von denen jene meines Freundes Karl Franz Joetze, betitelt: „Veit Aernpekch, ein Vorlaufer Aventins" im XXIX. Bande der „Verhandlungen des Historischen Vereines fur Niederbayern" 1893, S. 45 128 gedruckt wurde, wahrend eine andere, von mir herriihrend, im gleichen Jahr unter dem Titel „Ueber die Schriften des bayerischen Chronisten Veit Arn- pecka selbstandig erschien.4 Was wir beide damals in diesen

1 Daselbst I, 487/8. 9 Daselbst IV, 34.

* So durch Deutinger in sein en Beytragen zur Geschichte des Erzbisthums MGnchen und Freising III (1851), 470, Pfanneoschmid in den Forschungen zur deutschen Geschichte III (1863), 88, Heigel im Morgenblatt zur Bayerischen Zeitung 1865, Nr. 39, S. 130, Eluckhohn in den Forschungen zur deutschen Geschichte VII (1867), 205.

Verlag von C. Mehrlich. 175 Seiten.

IV

unseren Doktordissertationen erforscht haben, vollig un- abhangig von einander, tin den meisten Punkten aber das gleiche Ergebnis bringend, ist in der -vorliegenden Text- ausgabe verwertet worden, ohne dass jedoch weder auf die eine noch auf die andere Veroffentlichung im einzelnen mit Zitaten zuriickgegriffen wurde. Meine damalige Schrift er- achte ich durch die vorliegende Ausgabe und insbesondere die Einleitung als vollkommen ersetzt, so dass ich mich fur die darin noch stcckenden Unrichtigkeiten jetzt als nicht mehr haftbar betrachte. Meinera Freund Joetze aber spreche ich fiir alle Erleichterung und Anregung, die seine Arbeit mir fur die Herstellung des vorliegenden Bandes geboten hat, den herzlichsten Dank aus.

Wenn ich am Anfang auch Zweifel hegte, ob Arnpecks osterreichische Chronik, die an Wert bcsonders den beiden bayerischen Chroniken weit nachsteht, dieser Ausgabe iiber- haupt einzuverleiben sei, so entschloss ich mich doch dazu, da die osterreichische Chronik erst im Rahmen der Gesamt- ausgabe ihre richtige Beurteilung findet. Und man wird es vielleicht in Oesterreich selbst zu wurdigen wissen, wenn gerade der Herausgeber der bayerischen Chroniken, dem die von Arnpeck dort beniitzten Texte gelaufig und im Gedachtnis sind, auch den Text der osterreichischen Chronik bearbeitcte und insbesondere bei dem Quellennachweis auf viele Dinge aufmerksam machen konnte, die einem oster- reichischen Bearbeiter vielleicht nicht aufgestossen waren. Dafur moge man ihm milde Verzeihung angedeihen lassen, wenn er Manches, was wieder ein Oesterreicher besser wissen kann, nicht gefunden hat.

Der Schwerpunkt meiner vorliegenden Ausgabe liegt neben der Lieferung moglichst reiner Texte in der Fest- stellung der beniitzten Quellen. Und mein Bestreben ging dahin, die Art der Quellenbenutzung nach der Weise der „Monumenta Germaniae historical im Drucke moglichst augenfallig in die Erscheinung treten zu lassen. Hiebei legten sich allerdings gar viele Schwierigkeiten in den Weg, aber schliesslich war es, da bei der Quellenuntersuchung die kompilatorische Arbeitsweise Arnpecks immer mehr zu Tage kam, doch moglich, alle wortlich aus andern Quellen ent- lehnten Stellen in Petit zu drucken (wobei die durch Arn- peck vorgenommenen Aenderungen gesperrt gesetzt wurde n), die nicht nachgewiesenen in Garmond.

_ V -

Das gilt fiir alle Chroniken, ausgenommen die deutsche, wo nur die aus deutschen Quellen wortlich entlehnten Texte entsprechend in Petit gesetzt sind, wahrend in Garraond die mit Arnpecks lateinischer Chronik iibereinstimmenden Teile gegeben wurden, die Aenderungen, Zusiitze und die Fortsetzung dazu gesperrt.

II. Arnpeeks Leben.

Ueber den Lebensgang Veit Arnpeeks1 wissen wir nicht sehr viel. Wir sind hauptsachlich auf die diirftigen Nachrichten angewiesen, welche er selbst in seinen Werken an zerstreuten Stellen gegeben hat. Schon Aventinus wusste iiber Arnpeeks Lebensumstande nichts anderes mitzuteilen, als was letzterer selbst in seinen Schriften ausgesprochen hat. Nur wenige Notizen sind im Laufe der spateren Zeit bis auf den heutigen Tag bekannt geworden, welche geeignet sind, die Lebensgeschichte unseres Chronisten erganzen zu helfen.

Wann und wo er geboren ist, lasst sich nicht genau feststellen. Allen Umstanden nach darf man annehmen, dass seine Geburt ungefahr in die zweite Halfte der dreissiger Jahre des 15. Jahrhunderts fallt. In seiner friihen Jugend verweilte er zu Freising. Er erzahlt an einer Stelle 2, dass er den Magister Johannes Fager3 kannte, als dieser Chor- herr zu St. Andre in Freising war. Das war urn 1450.4 An einer anderen Stelle5 spricht er davon, dass er oft im

1 Ich habe die Namensform ..Arnpeck" beibehalten, weil ioh der Ansicht bin, dass ,Aernpeck* nicht der bayerischen Aussprache ent- spricht. Das tibergeschriebene e fiber A und die Schreibung^ A soil nur die Lange des A betonen, wie Arnpeck denn auch z. B. Ampfing, Andach8. Atel geschrieben und doch wohl Ampfing, Andachs, Attel usw. gesprochen hat. Ein Urban Arnpeck, wie einst Veit Arnpeck Pfarrer zu St. Andre in Freising, vielleicht ein Neffe (kaum, wie man ver- mutet hat, ein B ruder) des Letzteren, erscheint urkundlich in den Jahren 1521—1533; vg]. Prechtl, Das Kanonikatstift St. Andre auf dem Domberge zu Freising, S. 52 und 112.

2 Unten S. 266, 23.

3 Ein T Johannes Fager de Monaco14 hat 1446 zu Padua eine jetzt in der K. Universitatsbibliothek zu Tubingen befindliche kanonistische Handschrift geschrieben (vgl. Serapeum IV, 190;; vielleicht ist er mit dem Obigen identisch.

4 Vgl. S. 266, Anm. 8. 6 S. 893, 19 ff.

- VII

Dome zu Freising das silberne Bildnis des Herzogs Ludwig des Bartigen sah, wenn es bei festlichen Gottesdiensten mit dem ganzen Heiltum auf dem Altare stand. Dieses Bildnis l hatte der rauflustige Ingolstadter Herzog zur Siihne eines ungerechtfertigten, allerdings misslungenen Ueberfalls auf Freising stiften miissen. Ira Jahre 1450 liess der Frei- singer Domherr und Kustos der Domkirche Wigulaus Ror- beck das Silberbild des inzwischen verstorbenen Herzogs einschmelzen, wohl weil man es als zu profanen Altarschmuck erachtete, und daraus unter Hinzugabe anderen Silbers eine (heute nicht mehr vorhandene) Buste des hi. Sigismund anfertigen. Auch aus dieser Erzahlung ergibt sich, dass Arnpeck 1450 und vorher in Freising lebte.2

Ich mochte auch glauben, dass er iiberhaupt zu Freising geboren ist, wohin diese Erinnerungen aus friiher Jugend- zeit weisen. Zwar bezeichnete Aventinus unsern Arnpeck als „Landesuta oriundusa 8, eine Angabe, die iiberall Ein- gang fand ; und von Spateren ist bisher, gewohnlich ohne dass ein Beleg angegeben wurde, Landshut als Arnpecks Vaterstadt genannt worden, zuletzt, indem Arnpecks besondere Vorliebe fur diese Stadt betont wurde. Aber die Vorliebe fiir Freising ist nicht nur ebensogross, sondern tritt noch weit starker hervor, was allein schon die Abfassung der Geschichte der Freisinger Bischofe durch Arnpeck dartut, und auf Aventins Angabe mochte ich in diesem Falle kein Gewicht legen. Jugenderinnerungen, die so bestimmt wie jene Frei- singer einen Aufenthalt des Knaben Arnpeck zu Landshut beweisen wiirden, werden nicht mitgeteilt.4

Als ziemlich beweiskraftig fur die Annahme, dass Arn- peck zu Freising geboren war, mochte ich den Umstand erachten, dass unser Chronist in den alsbald zu erwahnenden Matrikelbiichern der Universitat Wien dreimal mit dem Bei-

1 Aus dem Ausdruck „ymaginem secundum personam suara for- matam" ist nicht zu erkennen, ob es sich urn ein Belief oder eine Buste oder ein ganzes Standbild handelte; auf letztere Form scheint der folgende Ausdruck „stetitu zu deuten.

* Auch die Angabe, dass er den 1495 verstorbenen Bischof von Freising Sixtus von Tannberg in dessen Jugend als gutbeanlagten Knaben selbst gekannt habe (unten S. 901, 10), weist wohl in die namliche Zeit und Gegend. Sixtus von Tannberg wurde 1442 als Exspektant in Freising angenommen und 1456 aufgeschworen ; Schlecht, Monumentale Inschriften im Freisinger Dome II, 37.

3 Samtliche Werke 11,1.

4 Die selbstandige Erzahlung vom Landshuter Aufstand 1410 (S. 360, 8 ff.) kann in keiner Weise hiefur in Betracht kommen.

VIII -

satz „de Freising" bezw. „de Freysinga" verzeichnet 1st.1 Von seinen Eltera wissen wir nictats.2

Im Jahre 1453 finden wir Arnpeck zu Amberg, wo er die Schule besuchte. Er erzahlt uns3, wie er als „scolaris" am Palmsonntag dieses Jahres in der Amberger St. Martins- kirche den Regensburger Domherrn Johannes Fager wieder- sah, den er friiher schon kennen gelernt hatte, als jener noch Chorherr zu St. Andre in Freising war. Daraals er- lebte Arnpeck als Schuler den eigenartigen Burgeraufruhr zu Amberg, tiber den er uns als Augenzeuge wertvolle Mit- teilungen macht.4 Die Schule, welche Arnpeck zu Amberg besuchte, ist aller Wahrscheinlichkeit nach die stadtische Lateinschule zu St. Martin gewesen.6

Nach dem Schulunterrichte zu Amberg betrieb Veit Arnpeck hohere Studien auf der Universitat zu Wien. Bayern erhielt ja seine Landesuniversitat zu Ingolstadt bekanntlich erst einige Zeit spater (die „Hohe Schule*4 dort wurde 1472 eroffnet). Seitdem durch Herzog Rudolf IV. von Oesterreich im Jahre 1365 die Wiener Universitat gegrtindet worden war, waren zahlreiche Bayern dorthin gezogen, um sich von dort ihre hohere Ausbildung zu holen. Dass darunter auch viele Angehorige der Diozese Freising waren, stand wohl zeitweise im Zusammenhang mit der Tatigkeit des Freisinger Bischofs Berthold von Waching6, welcher der erste in Wien promovierte Magister gewesen war7 und dann als Kanzler des Herzogs Albrecht III. von Oesterreich sich hervorragende Verdienste um das Gedeihen der Wiener Universitat erworben hatte.

Von 1454 1457 hat Arnpeck zu Wien studiert.

1 Wenn Arnpeck S. 166, 13 den Ausdruck „nostre Frisingensis civitatis" gebraucht. so hat man zu berucksichtigen, dass hier Worte Ottos von Freising verwendet sind.

2 Ob die Stellen „Sed ego a genitore meo audivi . . .tt 8. 307,26 und Audivi eciam a progenitoribua raeis . . .a S. 311, 12 Arnpecks Eigentum sind oder wortlich aus einer seiner Quellen stammen, ist zweifelhaft.

8 S. 266, 22 ff.

* S. 264, 13 ff. und 539, 1 ft.

6 Schon 1385 wird zu Amberg ein Schulmeister mit 24 Schfilern erwahnt; vgl. Julius Denk, Zwei ehemaligeLehr- und Erziehungsanstalten Ambergs (1904\ S.10. Denk kannte Arnpecks Angabe, dass er zu Amberg „scolaris* gewesen sei, nicht; sie hatte ihm einen wichtigen A n halts- pun kt fi'ir die Geschichte der Schule im 15. Jahrhundert geben kdnnen.

6 Vgl. unten den Abschnitt iiber ihn in Arnpecks Geschichte der Bisch5fe von Freising S. 892, 10 ff.

7 Cnten S. 892, 14, dazu Schraufs Abhandlung fiber die Wiener Universitat in: Geschichte der Stadt Wien II, 11,973.

IX

In den Jataren 1454 und 1455 verzeichnet ihn die Matrikel der die Bayern mit umfassenden rheinischen Nation an der Wiener Universitat *. Seine Erzahlung von dem Einzug des zu Ende des Jahres 1455 aus Ungarn zuruck- kehrenden Konigs Ladislaus zu Wien macht den Eindruck des Selbsterlebten. Vielleicht zog er in der Prozession der Studenten, von der er berichtet, mit.2

Im Juni 1456 beobachtete er zu Wien „ibidem tunc studio anhelans", den Kometen, der langer als einen Monat dort sichtbar war.3 In jenem Sommer sah er daselbst wohl die Vorbereitungen zu dem Kreuzzug gegen die Tlirken und horte wahrscheinlich die von schwarmerischer Begeisterung erfullten Reden des Johann von Capistrano, welche besonders auf die Studenten machtigen Einfluss ubten. Arnpeck war Augenzeuge, als im Herbste jenes Jahres Konig Ladislaus zu Schiff aus Ungarn zurttckkehrte und an der Donaulande beim roten Turm den Wiener Boden betrat.4 Und er befand sich unter den Zuschauern eines Am Hof bei den Karmelitern zu Wien 1456 abgehaltenen Turniers, bei welchem Herzog Sigmund von Tirol 5 und der junge Ladislaus Hunyady im Gestech gegeneinander rannten und Herzog Sigmund fiel.6

Als Konig Ladislaus zu Pfingsten 7 des Jahres 1457 abermals aus Ungarn nach Wien zuruckkehrte, sah auch Arnpeck wieder dem Einzuge zu.8 Unterdessen hatte der Freisinger Student am 3. Mai 1457 den Bang eines Bacca- laureus der Wiener Universitat erworben.1' Ob Arnpeck zur Zeit des plotzlichen Todes des jungen Konigs Ladislaus (23. November 1457) noch zu Wien weilte, ist unbestimmt.10

: 1454: m Vitus Arnpeck de Freising 4 gr.* und 1455: Vitus Erenpeck de Freysinga". Vgl. Lampel im Monatsblatt des Altertums- Vereines zu Wien VIJ (1904), 74.

* Unten 8. 810, 19 ff. 3 Daselbst Z. 27 ff.

* 8. 814, 10.

6 Nicht Erzherzog Albrecht VI.. der Bruder Kaiser Friedrichs, wie im Monatsblatt des Altertums-Vereines zu Wien VII, 75 angegeben ist.

* Unten 8.832,7ff.

7 Weiss, Geschichte der Stadt Wien I*, 238; Vancsa in Geschichte der'Stadt Wien II, II, 538. Pfingsten fiel damals auf den 5. Juni.

8 Unten S. 816, 7f.

9 Die Akten der Artistenlakultat berichten daruber : ,,1457 in die Invencionis 8. Crucis presentatus et admissus . . . Vitus Arenpeck de Freysinga0. Er geh5rte zu denen, die „pro habitu et florenou dis- pensiert wurden. Lampel a. a. O. S. 75.

10 Der Ausdruck „Medici in Austriam reversi palam dixere" (unten 8. 817, 34 f.) mochte darauf schliessen lassen, doch entstammt er w5rt- lich Enea Silvioe bdhmischer Geschichte.

X

Nach Vollendung seiner Studien verliess Arnpeck wahr- scheinlich Wien und kehrte nach Bayern zuruck, wo er in den geistlichen Stand trat. Mehrere Jahre horen wir nichts von ihm. Dann findet sich eine Nachricht, dass er urn das Jahr 1465 Kaplan an der St. Georgskirche zu Amberg ge- wesen ist.1

Im Jahre 1468 treffen wir ihn als Kooperator der Pfarrkirche zu St. Martin in Landshut. Damals wurde gegen die Husiten das Kreuz gepredigt. Der Bischof Lorenz Eo- varella von Ferrara wurde von Papst Paul II. als Legat durch ganz Deutschland geschickt. Kreuzzugsprediger zogen vor ihm her, und einer davon. ein Minorit Bonaventura, predigte auch zu Landshut und stellte Beichtiger auf, die dann spater durch den nachkoramenden Legaten bestatigt wurden. Ein solcher Beichtiger war auch Veit Arnpeck.2

Wieder horen wir lange Zeit nichts liber seine ausseren Lebensumstande, bis er in einer Urkunde der Priesterbruder- schaft bei hi. Geist zu Landshut vom 27. September 1487 als Friihmesser und Benefiziat am Altar St. Johanns des Taufers der Pfarrkirche zu St. Martin in Landshut genannt wird.8 Als solcher wird er noch an zwei anderen Stellen bezeichnet.

Erstlich in dem Cod. lat. 7839 der k. Hof- und Staats- bibliothek Mtinchen. Diese Handschrift enthalt die Chronik des Bischofs Otto von Freising.4 Der Kodex, in der zweiten Halfte des 15. Jahrhunderts von dem „bedellus iuratus" (vereidigten Gerichtsdiener?) Heinrich Mair fur den Dr. iur. Heinrich Baruther geschrieben, war nach dessen Tode durch Erbschaft an dessen Neffen Heinrich Baruther5, Chorherrn zu St. Andre in Freising, gelangt, der die Handschrift an den Magister Peter Kalbsor6, ebenfalls Chorherrn an dem genannten Stifte, verkaufte. Von letzterem kaufte sie dann im Jahre 1491 Veit Afnpeck, schenkte sie aber noch in dem gleichen Jahre „zu seinem Gedachtnis" dem Kloster Indersdorf. Diese Geschicke der Handschrift entnehmen

1 Bldssner, Geschichte der Georgskirche (Malteserkirche) in Am- berg ; Verhandlungen des histor. Vereins v. Oberpfalz u. Regensburg L, 277.

* Unten S. 416, 37 ff.

8 Vgl. Deutinger III, 469.

4 Unvollstandig. Die letzten Blotter sind schon friiher verloren gegangen. Vgl. die Editio altera der Chronik von Hofmeister (1912), S. XL VII.

6 Ueber die beiden Heinrich Baruther vgl. Schlecht. Monumentale Inschriften im Freisinger Dome 111,34.

Vgl. fiber ihn Schlecht a. a. O. 111,27.

XI -

wir aus vier eigenhandigen Notizen, die Veit Arnpeck in sie eingetragen hat l und in denen er sich einmal als Pfarrer der Kollegiatkirche zu St. Andre auf dem Berge zu Freising, ein andermal als Fruhmesser des Altars St. Johanns des T&ufers in der Ffarrkircfae zu St Martin zu Landshut be- zeichnet. Ob er die Stelle als Pfarrer zu St. Andre in Freising langere Zeit neben seiner Landshuter Pfrunde innegehabt hat, lasst sich nicht feststellen. Die Pfarrei St. Andre war sehr klein und umfasste nur eine geringe Seelenzahl.2

In einer Urkunde vom 12. Juli 1492 3 erscheint Arnpeck wieder als Fruhmesser zu St. Johanns Altar in der Pfarr- kirche St. Martin zu Landshut „und jetzo Pfarrgesell zue Sand Jobst daselbs*.

Wir dtirfen also wohl annehmen, dass Arnpeck von der zweiten Halfte der sechziger Jahre an bis zu seinem Tode hauptsachlich an der St. Martinskirche zu Landshut tatig war, dass er daneben aber auch zeitweise andere Pfrunden, wie die zu St. Andre in Freising und die zu St. Jobst in Landshut, innehatte.4 Diese Mehrzahl von Pfrunden in einer Hand hat durchaus nichts Auffalliges an sich. Arnpeck scheint sich ubrigens dementsprechend bald zu Landshut und bald zu Freising aufgehalten zu haben.

1 Bl. 67* am oberen Rand: „Hunc librum scripsit Heinricus Mair bedell us iuratus spectabili et egregio utriusque iuris doctori Hainrico Baruther. Post cuius obi turn iure hereditario ad manus Hainrici Baruther canon ici 3. Andree, nepotis sui, pervenit. Qui dictum librum vendidit confratri suo Petro Kalbsor arcium liberalium magistro, canon ico pre- fate ecclesie collegiate." Dann auf Bl. 69r am obern Rand : „Vitup

Arnpeckch pro tempore plebanus ecclesie collegiate S. Andree montis Frisingensis hunc librum a venerabili viro magistro Kalbsor canonico dicte ecclesie parata pecunia comparavit Anno etc. XCprimo." Weiter

auf Bl. 70r am oberen Rand : „Hunc librum Vitus Arnpekch primis- sarius altaris S. Johannis baptiste siti in ecclesia parrochiali 8. Martini, in Landshuet Frisingensis diocesis per donacionem inter vivos pro sui memoria donavit monasterio B. Virginia canonicorum regularium in Undenstorf anno domini 1491. " Und schliesslich Bl. 107° am oberen

e

Rand : „£go Vitus Arnpekch presbyter do hunc librum monasterio in Undenstorf 1491."

* Prechtl, Das Kanonikatstift St. Andre auf dem Dom berge zu Freising, S. 9 und 108.

8 Verhandlungen des histor. Vereins f. Niederbayern III, III, 52 Arnpeck verpachtet darin eine zu seinem Frflhraess-Benefizium gehorige Schwaige nach Leibdingsrecht auf Lebenszeit.

4 Die Bezeicbnung „capellanus minimus vestre reverendissime paternitatis<4 in der Unterschrift zur Vorrede der lateinischen Chronik unten S. 6, 11 ist nicht als Titel, sondern als eine auch anders wo vor- kommende Unterwurfigkeitsformel aufzufassen.

XII

Am 1. Januar 1495 widmete er von Landshut aus seine lateinische bayerische Chronik dem Bischof Sixtus von Freising.

Die letzte Nachricht, die wir tiber Arnpeck haben, gibt er uns am Ende der Freisinger Bischofsgeschichte.1 Er spricht dort von seiner Teilnahme an den Leichenfeier- lichkeiten des Abtes Wolfgang von Weichs zu Weihen- stephan, welche in diesem Kloster am 22. September 1495 stattfanden. Das ist zugleich die spateste Zeitangabe, die in seinen Werken vorkommt.

Wann Arnpeck gestorben ist, dariiber fehlt uns jede Kunde. Allem Anschein nach hat ihn die grosse Pest des Jahres 1495 hinweggerafft. Sein Todestag wird in das Ende jenes Jahres gefallen sein.2 Ob er zu Freising, wo wir ihn zuletzt trafen, oder zu Landshut8 gestorben ist, wissen wir nicht. Kein Nekrologium verzeichnet sein Rin- scheiden.

Was er als Geistlicher geleistet hat, dariiber fehlt uns jede Nachricht. In stiller und fleissiger Arbeit aber hat er daneben die Chroniken verfasst, die der vorliegende Band darbietet und fur die ihm die Nachwelt stets dankbar sein wird.

An einer im Jahre 1861 aufgestellten Steinsaule unter den Alleeb&umen vor dem Eingang in den Domhof zu Frei- sing halt eine Inschrift das Andenken an den trefflichen Mann lebendig.

1 Unten S. 914, 10.

* Wenn in der Geschichte der Stadt Wien 1, 175 zu lesen stent, class Arnpeck bis circa 1505 gelebt habe, und bei Kempfler im Ober- bayerischen Archiv LII, 221, dass er urn 1505 gestorben sei, so beruhen diese Angaben auf Irrtum.

3 Wie schlimm die Pest dort im Jahre 1495 hauste, berichtet der Stadtachreiber Vetter in der Landshuter Ratschronik (hsg. von Heigel in den Chroniken der deutschen Stadte XV, 337): „Item des Jars ist ain grosser Sterb gewest und am maisten Margretha (15. Jali) die Zeit hinumb bifi auf Lucie (13. Dezember) und darnach und zu LandUhuet ob 3000 Menschen gestorben im Burgkfriedt."

III. Arnpeeks Werke.

In dem folgenden Teile berichte ich uber die Hand- schriften und Drucke der einzelnen Werke Arnpeeks, ver- suche die Abfassungszeit festzustellen, gebe eine Uebersicht uber die Quellen und fiige einen kurzen Abriss uber die Bedeutung jedes einzelnen Werkes bei.

A. Die „Ohronica Baioariorum".

a) Handschriften der Chronik..

Die von Arnpeck selbst so betitelte Chronica Baioari- orum*41 ist uns in dem vom Verfasser eigenhandig geschriebenen Original erhalten geblieben, in cod. lat. 2230 (frtther Cod. bav. 1230) der k. Hof- und Staatsbibliothek Miinchen, worin sich zugleich das auch von Arnpeck selbst niedergeschriebene „Chronicon austriacura44 findet. Dass die Schriftzuge wirk- lich Arnpeeks eigene sind, beweist unzweifelhaft ein Ver- gleich mit den Zugen des oben S. XI, Anm. 1 erwahnten Eintrags inClm. 7839, wo Arnpeck von sich selbst unmittelbar schrieb: „Ego V. A/ usw. Arnpeeks Handschrift ist eine sehr charakteristische, die man von anderen mit Sicherheit unterscheiden kann. Man vergleiche die Wiedergabe einer Seite seiner Schrift, die in Chrousts Monumenta palaeo- graphica, Band II, Lieferung X, Tafel 9 erschienen ist und von mir dort erlautert wurde. In friiheren Jahren gleich- massiger, wird Arnpeeks Schrift mit seinem zunehmenden Alter immer ungelenker und zitteriger.

Clm. 2230 ist ein dicker Quartband von 490 Papier- blattern. Die Chronica Baioariorum44 ist mit einer alteren, anscheinend aus dem 16. Jahrhundert stammenden Blatter- bezeichnung versehen, welche von 1 361 lauft. Das „Chro- nicon austriacum44 ist von einer andern etwas jungeren, aber

1 VgL onten S. 3, 1 ; 18, 1 ; 41,22. S. 6, 31 ist von den „Chronica Bavarorum seu et Noricorum" die Rede, doch nicht so titelmassig wie an den eben genannten drei Stellen.

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auch noch dem 16. Jahrhundert angehorigen Hand eben- falls mit Blatterzahlung von 1 129 ausgestattet worden. Wahrend die bayerische Chronik von Arnpeck mit eigener Hand sehr reich rubriziert worden ist, entbehrt die oster- reichische Chronik der Rubrizierung, jedoch sind die Raumc fiir die rot einzuschreibenden Anfangsbuchstaben freigelassen. Arnpeck scheint also nicht mehr dazugekommen zu sein, die Rubrizierung auszufuhren.

Der Einband der ganzen Handschrift ist erst erfolgt, nachdem beide Chroniken die Form hatten, in welcher sie noch heute vorliegen, wobei auffallt, dass bei der ^Chronica Baioariorum" einzelne Zettel mit friiher oder spater ge- machten Notizen zwischen die Blatter der fortlaufenden Darstellung eingebunden sind. Starke Holzdeckel, vom Riicken aus bis zur Halfte ihrer Flachen durch weissgelbes mit Ornamentpressungen versehenes Leder gehalten, bilden den Einband, der einst noch durch zwei heute fehlende Schliessen geschmiickt war.

Bei genauer Untersuchung des Aeusseren der Hand- schrift der Chronica Baioariorum" habe ich die Beobachtung gemacht, dass nach durchgefiihrter Rubrizierung des ganzen Textes das Manuskript starke Veranderungen seitens des Verfassers erfuhr. Arnpeck hatte die Rubrizierung so ge- macht, dass er ausser den roten Ueberschriften, den roten Hauptanfangsbuchstaben und den zahlreich rot gestrichelten sonstigen Buchstaben bei je zwei aufgeschlagenen Seiten auch Buchzahl und Kapitelzahl rot einschrieb und zwar die Eapitelzahl in arabischen Zahlen je in die obere aussere Ecke, die Buchbezeichnung aber mit „Ltt (— Liber) auf die Mitte des linken, mit den romischen Ziffern „Ia bis „Va auf die Mitte des rechten oberen Seitenrandes. In dieser Form war die Chronik also zu einem bestimmten Zeitpunkt ausserlich fertig. Darnach aber hat er die erwahnten Ver- anderungen vorgenommen, die ich abgesehen von den beim Texte gemachten Angaben iiber Randnotizen und ein- geheftete_Zettel hier anfiihren will, da sie fiir den einen oder anderen Forschungszweck von Bedeutung sein konnten. Hauptsachlich erklaren sich dadurch Widerspriiche, insoferne namlich in den Texten der Aenderungen Ausziige aus andern neuen Quellen gebracht wurden, die mit dem, was Arnpeck vorher geschrieben hatte, ofter nicht mehr iibereinstimmen, ohne dass jedoch ein Ausgleich vorgenommen worden ware. Von einer typographischen Kennzeichnung unten im Druck

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der Texte konnte dagegen abgesehen werden, da ja das Endergebnis jener Aenderungen im AVillen Arnpecks lag und die Chronik in der von ihm zuletzt gewollten Fonn wiederzugeben war.

1. Nach F. 21 wurden drei Blatter des urspriinglichen Textes herausgeschnitten, welche mit den jetzigen F. 7, 8 und 9 zusammenhingen. Auf F. 7 geht das Inhaltsverzeichnis weiter, aber wir bemerken, dass andere Kapitel als jetzt vorhanden gewesen sind.2 Dem alten 35. Kapitel des II. Buches entspricht das jetzige 31., dem alten 36. und 37. das jetzige 33., dem alten 38. die jetzigen Kapitel 34, 35 und 36, dem alten 39. das jetzige 38. Die alten Inhalts- angaben sind ausgestrichen und an ihre Stelle wie an die der drei herausgeschnittenen Blatter sind die jetzigen F. 3, 4, 5 und 6 neu eingefugt worden, welche den Schluss der AVidmung an Bischof Sixtus, die Vorrede und das Inhalts- verzeichnis der ersten zwei Biicher enthalten. Sie sind wie alle jene spateren Aenderungen weit unsorgfaltiger rubriziert wie die Blatter der ersten Rubrizierung. Aus urspriinglich drei Blattern sind vier geworden, und aus diesem Umstand wie aus den erwahnten Resten der alten Inhaltsangabe kann man schliessen, dass der urspriingliche Text bedeutende Veranderungen erlitten haben muss, was sich denn auch aus den unter 2. und 3. folgenden Fest- stellungen ergibt. Ob die Einschiebung jener vier Blatter nur der Aenderung des Inhaltsverzeichnisses wegen geschah, oder um Aenderungen an Widmung und Prolog vorzunehmen, lasst sich schwer sagen. Wahrscheinlich ist beides der Fall gewesen. Und vielleicht hat auch das AVidmungsdatum der alten Form anders gelautet, als wie es jetzt vorliegt.

2. Neu geschrieben hat Arnpeck das ganze erste Buch (F. 1—34.)

3. Im zweiten Buch erweisen sich F. 37—41, 55, 65 und 66 nach den oben angegebenen Merkmalen als zur alten Form gehorig. Auf F. 37 40 bemerkt man oben in den ausseren Ecken noch die alten Kapitelzahlen, die Arn- peck zu tilgen vergessen hat, wahrend er sie bei den Kapitel- uberschriften, meistens durch Rasuren, geandert hat. AVir erkennen daraus, dass vom zweiten Buch die jetzigen

1 Die Blattbezeicbnungen der Handschrift sind unten im Texte eingeffigt und darnach diese Angaben leicht zu verfolgen. * Vgl. unten S.9,36ff.

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Kapitel 3—6 friiher Kapitel 6—9 waren. AufF. 55 stehen oben noch die alten Kapitelzahlen 27 und 28, wahrend sie in dcr jetzigen Zahlung das 20. und 21. sind. Aehnlich verhalt es sich bei den F. 65 und 66, wo wir oben noch viermal die alten Kapitelzahlen 32 erblicken, wahrend der Text jetzt zu Kapitel 29 gehort. Ausser den genannten 7 alten Blattern gehort das ganze zweite Buch der um- gearbeiteten Form an. Und auch diese musste noch weitere Aenderungen iiber sich ergehen lassen, indem spater noch F. 61 und 61° eingeschoben worden sind.1

4. Im dritten Buch sind F. 80—87 und 89—99 der alte Bestand, die ubrigen Teile, ungefahr ein Drittel des Buches, sind neu geschrieben. Doch wurden keine Kapitel- zahlen geandert.

5. Das vierteBuch hat als neue Blatter nurF. 107 111 erhalten, wodurch einige Aenderungen im urspriinglichen Inhaltsverzeichnis notig wurden, sowie F. 149 und 150.

6. Im fiinften Buch finden wir als Einschiebsel nach der ersteri Rubrizierung F. 1752, 186 und 187, 190 und 191 (die bemerkenswerte Beschreibung von Landshut), 195 und 196 8, 208, 250-255, 271-277, 286 und 287. Nicht als Einschiebsel, sondern als spatere Fortsetzungen des zunachst beendeten Textes nach dessen Rubrizierung4 sind die Ab- schnitte von F. 319'— 321 zu betrachten. Sie sind zu zwei oder vielleicht drei verschiedenen Zeiten niedergeschrieben.4 Auch der Text auf dem unteren Teil5 und der Riickseite von F 347 ist eine solche Fortsetzung.

Aus den Scheidungen, welche sich hier bei dem rubri- zierten und dem nicht rubrizierten Texte feststellen lassen, sowie aus dem Tintenwechsel erkennen wir, wann ungefahr die Rubrizierung erfolgt sein muss. An beiden Stellen, wo sowohl bei der Geschichte des Miinchener wie des Lands- huter Herzogs ein vorlaufiger Schluss gemacht war, lief die Geschichte bis Ende Januar 1494. In diese Zeit diirfen wir wohl die Rubrizierung des ganzen Werkes setzen. Alle Aenderungen, welche diese Rubrizierung zerstort haben, sind nach jener Zeit erfolgt. Es ware miissig feststellen zu wollen, wodurch sie veranlasst worden sind. Bei alien

1 Vgl. unten S. 71,40ff. * Vgl. unten S. 199, 33 ff.

3 Vgl. unten S. 226, 31 ff.

4 Vgl. die Lesarten-Bemerkungen zu S. 100, 15 und S. 401, 3. 6 Vgl. unten 8. 434, 36.

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fiihlte offenbar der Verfasser das Bediirfnis, sein Werk zu erganzen, zu erweitern oder zu verbessern.

Ueber die bewegten Schicksale des Kodex sind fol- gende Einzelheiten zu berichten:

Die Handschrift befand sich einst in den Handen Aventins. Er versah sie rait Randnoten, die ich abgedruckt habe, soweit sie nicht blosse Wiederholungen von Worten des Arnpeck'schen Textes waren. Es sind manche inter- essante, fur Aventinus sehr bezeichnende Bemerkungen darunter. Auch schrieb er an einigen Stellen Notizen zur Geschichte seiner Zeit ein, und zwar hauptsachlich zum Jahre 1532 (mitgeteilt untenS. 443, 20 ff. und S. 845,20ff.). Fur seine eigenen Werke hat er den Handschriftenband stark beniitzt. Zwar sagt er in seinen Annalen1 von Veit Arnpecks Chronik: „servatur in bibliotheca Fruxinensiura pontificum", doch scheint er sie leihweise von dort bekomraen und nicht mehr zurtickgeliefert zu haben. Es miisste denn zuFreising noch ein zweites Exemplar vorhanden gewesen sein.

Noch ein weiterer Besitzer der Handschrift ist uns

aus dem 16. Jahrhundert bekannt; denn auf der Innenseite

des Vorderdeckels beflndet sich das sehr beschadigte Ex-

Libris des bayerischen Geschichtsforschers Wiguleus Hund

mit dessen Wappen und der Inschrift:

M D LVI

WIGVLEVS HVNDT DE LAV-

TEEPACH IVRE CO

Auch Hund machte einzelne Randbemerkungen, ins- besondere schrieb er zu Notizen Aventins bei: „Das ist die aigen handschrifft Jo. Auentini."2 Er beniitzte unsere Hand- schrift ftir seine Metropolis Salisburgensis", die im Jahre 1582 im Druck erschien, und zitierte sie dort nach ihren Blattzahlen. 8 Auch in seinem 1585/6 durch den Druck veroffentlichten ^Bayerischen Stammenbuch" stiitzte er sich ofters auf Arnpeck und zitierte teils nur mit dem Namen des Verfassers, teils ausserdem unter Beisetzung der Blatt- ziffern unserer Handschrift4 die ^Chronica Baioariorumu, wie auch das „Chronicon austriacum", das er einmal „Austriaa betitelt,5 zu andern Malen nDe populis Danubianis",6

1 SamUiche Werke II, 35. » VgL unten S. 709. 35.

* Z. B. 8. 42, 187, 274.

* Z. B. I, 30, 91, 114, 147, 161.

I, 72.

I, 41, 139.

Queilen u. ErOrterongen N. F. III. U

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entsprechend dem Titel, der von Hunds Hand dem Auto- graph der osterreichischen Chronik vorgesetzt und vielleicht von Hund selbst geschaffen ist: „De Hermionibus et populis Danubianis."

Ueber das genannte Hund'sche Ex-Libris war ein anderes geklebt, das mit Gewalt ausgekratzt worden ist, von dem aber immerhin noch Reste mit Kupferstichlinien vorhanden sind. Aus diesen Resten lasst sich mit Sicherheit erkennen, dass jenes fast ganz zerstorte Ex-Libris das bekannte schone Kupferstich-Ex-Libris der Miinchener Hofbibliothek mit der Jahrzahl 1618 gewesen ist. Aus Hund's Besitze diirfte also die Handschrift in die Miinchener Hofbibliothek gewandert sein, wohl nach Hund's am 28. Februar 1588 erfolgten Tode.

Der Katalog der lateinischen Handschriften der Hof- bibliothek vom Jahre 1582 l verzeichnet sie noch nicht. Dagegen scheint sie 1595 schon im Besitze der Hof- bibliothek gewesen zu sein. Denn wir kennen einen Brief desHerzogs Maximilian I. vom 24. Marz 1595, worin dieser, nachdem er in Erfahrung gebracht, dass die Hofbibliothek „Viti Arenbeck und Ebrons geschriebene Historien" besitze, den Auftrag erteilt, sie ihm unverziiglich zuzuschicken, und zwar fur die Zwecke der von dem Herzog bei Marcus Welser in Auftrag gegebenen „Bayerischen Historie".2 Wir finden denn auch in Welsers 1602 im Druck erschienenen „Rerum Boicarum Libri quinque" Arnpeck haufig zitiert, offenbar nach jener Handschrift der Hofbibliothek, unserem Autograph.3

In dem im Anfange des 17. Jahrhunderts geschriebenen lateinischen Handschriftenkataloge 4 der Miinchener Hofbiblio- thek erscheint unterNummer 406 B : „Viti Arnpeckii Chronicon Bavariae, ubi etiam varia Fragmenta de ducibus Austriaea.

In seiner „Bavaria sancta", deren erster Band 1615 er- schienen war, und in seiner 1628 daran angeschlossenen „Bavaria piatt hat der Miinchener Jesuit Matthaeus Rader

1 Cbm. Cat. 61.

7 Bayerische Blatter fur Geschichte usw. 1832, S. 192.

3 Meist nach Buch- und Kapitelzahl. In einem aus der Munchener Jesuitenbibliothek stammenden Exemplar von Welsers „Res Boicae" sind kritische Notizen handschriftlich eingetragen, deren dem Anfang des 17. Jahrhunderts angehdriger Verfasser unsere Handschrift beniitzt und an sechs Stellen (S. 195, 268, 291, 323, 324, 326) deren Blattziffern zitiert hat.

4 Cbm. Cat. 62, f. 77.

XIX

Arnpeck ofter zitiert, und zwar nach unserer Handschrift, wie sich aus der Angabe von deren Blattziffern ergibt.1

Auch der Rektor des Munchener Jesuitenkollegiums P. Jakob Keller hat fur seine im Jahre 1618 verfasste und gedruckte, unter dem Namen des bayerischen Landschafls- kanzlers Hans Georg Herwart von Hohenburg in die Welt gegangene Rechtfertigung Kaiser Ludwigs des Bayern gegen Bzovius („Ludovicus quartus imperator defensus") unsere Handschrift zur Verfugung gehabt; das ist zweifellos, weil auch er Arnpeck nach ihren Blattziffern zitiert. 2

Kurze Zeit darauf3 horen wir, dass unser Kodex mit anderen Handschriften, die hauptsachlich zum Gebrauche der geschichtsforschenden Jesuiten P. Matthaeus Rader4 und P. Andreas Brunner 5 gedient hatten, im Munchener Jesuitenkloster gelagert hatte und im Jahre 1638 in die kurfurstliche Bibliothek abgeliefert wurde.6

Unsere Handschrift diente dann ferner unmittelbar als Quelle dem Munchener Jesuiten P. Johann Vervaux fur seine umfangreichen, im Jahre 1662/3 unter dem Namen des Kanzlers Johann Adlzreiter im Druck erschienenen „Boicae gentis Annalesa. Arnpecks ^Chronica Baioariorum* ist darin teils nur mit dem Namen des Verfassers, teils ausserdem mit den Nummern der Biicher und Kapitel angefiihrt, teils aber mit den Blattzahlen gerade unserer Handschrift.7

1711 sagte Leibniz8 von Arnpecks Chronica Baioari- orum" : „in bibliotheca bavarica habetur", womit er zweifellos

1 „Bavaria sancta" I, 116; II, 164.252. Zitate aus dem },Chronicon austriacum" daselbst II, 291; III, 144; „Bavaria pia" S. 82, 88. Rader zitiert e ausserdem noch eine Handschrift der deutschen Chronik Arn- pecks, woruber unten noch gesprochen werden wird.

* „Ludovicus defensus", S. 609, 699, 966, 972, 986'; dazu in der „Mantissa sive contra Bzovium pars tertia" (1619), S. 163.

8 Die Zusatze, welche Chnstoph Gewold zu der 1620 erschienenen 2.Au8gabe der vorhin genannten ,, Metropolis Salisburgensis" desWiguleus Hand machte, zeigen keine Benutzung unserer Handschrift.

4 Dieser hatte unsere Handschrift nicht bloss, wie oben dargelegt wurde, selbst ausgebeutet, sondern sie auch im September 1626 mit Genehmigung des Kurftlrsten Maximilian I. an Elias Ehinger nach Augs- burg ausgeliehen, der sie nach einigen] Tagen zurucksandte, wie aus Brief en Ehingers hervorgeht (Oefeleana 216 der k. Hof- und Staats- bibliothek MQnchen, Bl. 32, 33 und 35).

* Brunner hat Arnpecks „Chronica Baioarioruni" und dessen „Chronicon auetriacum" fflr seine 1626—1637 in drei Banden erschienenen „AnnaIes Boiorum" benGtzt und ersteres ofter nach den Nummern der Biicher and Kapitel, letzteres einmal nach der Jahrzahl zitiert.

« Cbm. Cat. 35, f . 26 und 27.

^ Z. B I, 139, 374, 578, 580, 647; II, 198, 199, 207, 208.

8 SS. Brunsvicensia iliustrantes III, 23.

II*

XX -

das in der Miinchener Hofbibliothek liegende Autograph meinte.1

1721 erschien die nach diesem veranstaltete Druck- ausgabe der Chronica Baioariorum" 2 von Bernhard Pez und im gleichen Jahre die ebenfalls nach dem in demselben Kodex beflndlichen Autograph gedruckte Ausgabe des „Chroni- con austriacum" von Hieronymus Pez. Die Handschrift selbst trat dainit nunmehr in den Hintergrund. Oder vielmehr: sie verschwand ganz und scheint der Hofbibliothek, nachdem 1721 noch die untenzuerwahnendenEckgher'schen Abschriften daraus gemacht worden waren, auf unrechtniassige Weise entfremdet worden zu sein. Der Umstand, dass man in unserer Handschrift erkennt, wie versucht wurde, das Ex- Libris der Hofbibliothek ganz zu vertilgen, wabrend das darunter befindliche Ex-Libris Hund's belassen wurde und nur durch das Auskratzen des anderen Ex-Libris Schaden erlitt, diirfte darauf hindeuten, dass der Zerstorer des Ex- Libris der Hofbibliothek den Anschein erwecken wollte, als sei die Handschrift aus Hund's Besitz in den seinen gekommen.

Wann diese Entfremdung stattgefunden hat, lasst sich nur vermuten. Es muss jedenfalls schon vor den Zeiten gewesen sein, in denen die Verwaltung der Hofbibliothek dem treftlichen, um die bayerische Geschichtsforschung hoch- verdienten Andreas Felix Oefele anvertraut war, also vor 1746. Deun dieser weiss nichts mehr von dem Kodex und sagt in dem 1763 erschienenen 2. Bande seiner „Kerum Boicarum Scriptoresa S. 704 nur trocken: die Handschrift sei nicht mehr in der bayerischen Hofbibliothek vorhanden. So kommt es denn, dass Arnpeck auch in dem von Oefele angelegten Verfasserkatalog der lateinischen Handschriften derBibliothek 8 nicht vertreten ist.

AlsIgnazHardt 1806 einen neuen Katalogder lateinischen Handschriften anlegte,4 liess er die Nummer 406 B ohne irgend eine Bemerkung einfach aus: die Handschrift war verschwunden. Es ware wahrhaftig sehr zu bedauern, wenn sie nun zu Grunde gegangen gewesen ware. Doch das war gliicklicherweise nicht geschehen.

1 Auch in Friedrich Gladov's „Ver6Uch einer vollstlindigen Reichs- historie" (1717) II 64 ist zu lesen, dass die Handschrift von Arnpecks Chronik zu Miinchen liege.

3 Dieee Druckausgabe beniitzte Meichelbeck in seiner 1724 er- schienenen „Hi8toria Frisingensis".

8 Oefeleana 49.

4 Cbm. Cat. 65.

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Nach fast hundert Jahren des Verborgenseins tauchte die Handscbrift im Besitze des ehem. Freisingischen Hofrats Hoheneicher, l damals in Garmisch, wieder auf, der sie am 20. August 1818 „in ehrenvoller patriotischer Uneigen- niitzigkeita * der Miinchener Hofbibliothek iiberliess, „weil er voraussetzte, dass sie schon friiber ein Eigentum der herzoglichen Bibliothek gewesen sei.a3

Hoheneicher hatte den Kodex von dem Antiquar Joseph Motzler zu Freising im Tausche gegen andere Bucher im Werte von 150 Gulden erworben, Motzler selbst ihn aber schon im Jahre 1782 von dem Bibliothekar des Klosters Weihenstephan (wie mag er dorthin gekommen sein?*), P. Maurus Fischer, mit mehreren anderen Handschriften des XIV. und XV. Jahrhunderts ebenfalls im Tauschwege erhalten.5

Hoheneicher hatte aber, als er der Miinchener Bibliothek die Handschrift abtrat, diese nicht in Handen, sondern hatte sie einige Jahre vorher an den Universitats-Professor Heller von Hellersberg6 zu Landshut ausgeliehen. Dieser war am 5. Juli 1818 gestorben, ohne die Handschrift zunickgegeben zu haben, und es kostete der Miinchener Bibliothekverwaltung viele Muhe, sie in seinem Nachlass ausfindig zu machen und die Rficklieferung zu bewirken.7 Am 17. Oktober 1818 kehrte endlich der Kodex wieder in die Miinchener Hofbibliothek zuriick.

Aber: habent sua fata libelli. Ein unheilvolles Ver- hangnis schien fiber dem Kodex zu walten. Hofrat Schlichte- groll, der Generalsekretar der Miinchener Akademie der Wissenschaften, entlehnte die Handschrift im November 1819 und legte sie in einer Akademiesitzung der historischen Klasse vor. Von da kam sie nicht wieder in die Bibliothek zurfick! Erst im Jahr 1851 tauchte sie im Auktionskatalog

1 Vgl. oben 8. II die Bemerkungen fiber dessen Abaicht, eine Ausgabe der ^Chronica Baioariorum" zu veranstalten.

* Archiv d. Ges. f. alt. deutsche Geschichtskunde I, 350.

8 Handschriftliche Notiz Schmellers im alphabetischen Verfasser- katalog der Handschriftenabteilunff der Bibliothek.

4 Vielleicht zum Zwecke oder bei Gelegenheit der Anfertigung der unten zu erwahnenden Abschriften der beiden darin enthaltcnen Chroniken fur den Freisinger Furetbischof J. F. Freiherrn von Eckgher?

* Schmeller a. a O. und Martin Schrettinger in seinem hand- schrifUichen Tagebuch (Schrettingeriana 2 der k. Hof- und Staats- bibliothek Mflnchen, Band 3, S. 88).

6 Vgl. oben S. II.

7 Wen die Einzelheiten daruber interessieren, der m6ge sie in Fchrettingerfl Tagebuch a. a. O. S. 88—93 nachleflen.

XXII

dor von dem akademischen Begistrator und Kassier Bona- ventura Progel hinterlassenen Biicher wieder auf ! Die Hof- und Staatsbibliothek machte an Progels Erben ihre Anspruche auf den Kodex geltend, und dieser wurde denn auch alsbald der Bibliothek gutwillig iiberlassen.

Ausser der Originalhandschrift ist von der Chronica Baioariorum" Arnpecks nur noch eine einzige andere Hand- schrift erhalten, elm. 1212. Von einer Hand des 17. Jahr- hunderts anfangs sorgfaltig, dann fluchtig geschrieben, ent- hiilt der Kodex auf 380 Folioseiten eine Abschrift der Chronik, wobei jedoch die Widmung, die Vorrede und das Inhalts- verzeichnis weggelassen worden sind, ebenso fehlen die Texte von alien Zetteln und den meisten Randzusatzen der Original- handschrift, auch von solchen, bei denen deutlich Einfugungs- zeichen angebracht sind. Ferner hat sich der Schreiber viele Kiirzungen und Auslassungen erlaubt. Dabei enthalt der Text zahlreiche Lesefehler und ist fur unsere Ausgabe ohne jede'Bedeutung. Er diirfte wohl unmittelbar von der Munchener Originalhandschrift abgeschrieben worden sein. Wie die von einer Hand des 17. Jahrhunderts^ auf dem oberen Rande der Vorderseite angebrachte Notiz „Collcgii Soc. Jesu Monachii" zeigt, befand sich die Handschrift in der Bibliothek des Munchener Jesuitenkollegiums ; vielleicht ist sie eigens fur diese selbst geschrieben worden.

Verschollen ist eine andere von der ^Chronica Baioari- oruma im Jahre 1721 angefertigte Abschrift, die sich einst in der Bibliothek des Freisinger Furstbischofs Johann Franz Freiherrn von Eckgher (f 1727) befunden hat. Sie war durch Erbschaft an dessen Nachkommen gelangt und wurde im Januar 1828 zu Amberg mit andern aus dem Nachlasse des k. Appellationsgerichts-Prasidenten Ludwig Freiherrn von Eckgher stammenden Drucken und Handschriften versteigert. Die Munchener Hofbibliothek ersteigerte damals eine Anzahl von jenen Handschriften, die genannte Abschrift von Arnpecks ^Chronica" jedoch nicht. Wohin diese gelangte, ist unbe- kannt. Das gedruckte Versteigerungsverzeichnis l sagte von ihr u. a., sie sei »so vollstandig, rein und korrekt geschrieben, dass, wer vielleicht einen neuen Verlag dieses bisher sehr

1 Verzeichniss vonBuchern und Mineral ieu, welche kflnftigen Montag den 7. Januar 1828 und die folgerden Werktage . . . aus dem Nachlafise des konigl. Appellat.-Gerichts-Prasidenten Ludwig Freiherr v. Eckgher . . . an den Meistbietenden verkauft werden. Amberg 1828. Die Handschrift von Arnpecks „Chionica Baioariorura" istdarin unter Nr. 4771 aufgeftihrt.

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unzuganglichen Werkes liefern wollte, sich lediglich hieran zu halten brauchte". Am Schlusse des Manuskripts, welches offenbar nach einer Notiz darin als „nunc primum1 descriptum ex autographo, die 25. Julii 1721" bezeichnet wird, sei fol- gende Bemerkung zu lesen : „In codice, unde hoc chronicon exscripsiraus, extabat etiam ad universi operis calcem at- que adeo extra ordinem testamentum Friderici palatini Hie- rosolymam secundo pergentis cum testimonio super consensu Agnetis ducissae Bavariae,2 quod quia hinc indidem a Gewoldo in addit. ad metropolim Salisb. Hundii t. Ill, p. 308 nov. edit, iam publici iuris factum est, hie recudere operae pre- tium visum non fuit.a Fur unsere Ausgabe w^re die Hand- schrift als Abschrift des vorhandenen Originals wie jene des Miinchener Jesuitenklosters wohl auch belanglos gewesen.

b) Drucke der Chronik.

Eine Dnickausgabe der ^Chronica Baioarioruma Veit Arnpecks nach der Originalhandschrift veranstaltete der gelehrte Benediktiner Bernhard Pez von 'Melk, indem er die Chronik dem 3. Teile des 3. Bandes seines Thesaurus anecdotorum novissiraus" (1721), Sp. 1 472 einverleibte.

Pez hegte anfanglich die irrtilmliche Vorstellung, dass diese von ihm herausgegebene Chronik das Werk eines Priors Veit des Benediktinerklosters Ebersberg, von, dem eine handschriftliche bayerische Chronik in der Wiener Hof- bibliothek lag,3 sei und Veit Arnpeck mit jenem Ebersberger Prior Veit ein und dieselbe Person. Noch auf dem Titel- blatte des 3. Teiles im 3. Bande des Thesaurus anecdotorum" ist zu lesen: „Viti Arnpekhii prioris Eberspergensis Ord. S. Ben. Chronicon Baioariae\

Indessen gab Pez noch in den Vorbemerkungen zu seiner Ausgabe die Verwechselung Arnpecks mit Veit von Ebersberg auf.4 Er erkannte richtig, dass die AViener

1 Dem Schreiber war also die aus dem 17. Jahrhundert stem men de Abschrift des Miinchener Jesuitenklosters ttnbekannt.

* Vgl. unten 8. 443, 11 ff.

* Cod. pal. vind. 9234 (Hist. prof. 27, franer Ambras. 381), im neneaten gedrnckten Handsehriftenkatalog der Wiener Hofbibliothek, Band VI (1873) immer noch irrtumlich unter dem Namen des Veit Arnpeck, statt des Priors Veit Stopfer von Ebersberg.

* Trotzdem wirkt der Irrtum leider immer noch^nach. So be- zeichnete z. B. noch 1908 Mummenhoff in seiner Abhandlung : NQrnbergs Ursprang and Alter in den DarsteUangen der Geschichtscbreiber usw., 8. 8 Veit Arnpeck als Prior des Klosters Ebersberg. Und 1912 wurde von Schaff in seiner Geschichte der Physik an der Universitat Ingolstadt Arnpeck nicht bloss mit Veit von Ebersberg zusammengeworfen, sondern auch noch mit einem Frater Vitus vom Kloster St. Ulrich|in Augsburg.

XXIV

Handschrift der bayerischen Chronik des Priors Veit von Ebersberg und die Mlinchener Handschrift der Chronik Veit Arnpecks zwei vollig verscbiedene Werke enthielten und dass die Verfasser beider Werke verschiedene Personen seien.

Pezens Ausgabe1 war fur ihre Zeit sehr gut und hat unserem Veit Arnpeck jedenfalls einen beachtetcn Namen, seinem Werke weite Verbreitung verschafft.

Einen Teil aus Arnpecks ^Chronica Baioariorum", jene Stilcke namlich, welche sich auf die Geschichte der Welfen beziehen, hatte schon vor Pez kein Geringerer als Gottfried Wilhelra Leibniz ira 3. Bande seiner „Scriptores Bruns- vicensia illustrantes" (1711) S. 660—675 unter dem Titel „Excerpta de Guelfis ex Viti Arenpeck presbyteri Fri- singensis Chronica Baioariorum", allerdings ziemlich mangel- haft, herausgegeben. Unter Auslassung von Kapitelteilen, die nichts iiber welfische Geschichte enthalten (u. a. Kap. 59 ganz), sind dort die Kapitel 39 66 des vierten Buches (unten S. 156 187) gedruckt. Leibniz benutzte filr seine Ausgabe offenbar eine eigens fur ihn geraachte Abschrift von dem Original der Miinchener Hofbibliothek, 2 wie man wohl annehmen darf aus seinen Worten: „Chronicon . . . hodie in bibliotheca bavarica habetur . . . , unde haec decerpta edere placuitV

c) Abfassungszeit der Chronik. Wann Arnpeck begonnen hat, seine „Chronica Baioari- oruma zu verfassen, lasst sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Aus einer Ausserung von ihm, dass es „erspriesslich sei, nach der seelsorgerischen Tatigkeit die geschichtlichen Werke der Vorzeit zu lesen, damit der Geist dadurch erheitert und erfrischt werdea,4 diirfen wir wohl schliessen, dass er selbst hier aus eigener Erfahrung spreche, dass er gewohnt war,

1 Eine Abschrift von Pezens Druck fertigte sich Andreas Felix Oefele an (jetzt in Band VII von Oefeles „Reliauiae manuscrip- torum historicorum", Oefeleana 335 der k. Hof- una Staatsbibliothek Mdnchen, f. 133—198). Am An fang bemerkte Oefele dazu: „Ex P. Bern. Pezii Thesauro anecdot. describere coepit in usus quotidianos Felix Oefelinus Monachii diebus hybernis anni MDCCXXxVI." Die Ab- schrift, gegen den Schluss zu von andcrer Hand gemacht, blieb un- vollendct, und Oefele schrieb an das Ende: „Nactus postea ipeum CI. Pezii praeclarum Anecdotorum opus reliquo labore supersedere placuit."

1 Vgl. oben S. XIX.

a SS. Brunsvicensia illustrantes III, 23 4.

4 S. 3, 7 fl'.

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zu seiner Erholung Geschichtswerke zu lesen. Aus der hiebei gemachten Beobachtung, dass tiber Bayerns Geschichte noch wenig geschrieben sei, l reifte in ihm wabrscheinlich der Entschluss, eine bayerische Chronik zu verfassen. Liebe zur Heimat, der Wunsch, zur Verherrlichung seines Vater- landes beizutragen, liess den Freising-Landshutischen Geist- lichen zum Geschichtschreiber werden.

Der grosste Teil der Chronik diirfte im Jahre 1493 ausgearbeitet worden sein. Als Arnpeck das funfte Buch zu schreiben begann, welches die Geschichte der Wittels- bacher entbalt, sagte er, ihre Herrschaft dauere in sechs Linien „usque in presentera diem et annum Ohristi 1493u.2 Und in Kap. 47 jenes Buches machte er in ahnlicher Weise, aber genauer die Angabe: „usque in presentem S. Michaelis diem (29. September) anno Christi 1493u,3 darnach aber im 56. Kapitel desselben Buches bemerkte er wieder genau: „usque iu presentem diem vigilie S. Mathei apostoli anni Christi 1493*. 4

Aus den beiden letzteren Zeitangaben erkennen wir deutlich, dass einzelne Teile der Chronik, die in ihr an hinterer Stelle stehen, doch schon vor anderen abgefasst worden sind, die raumlich darin vorausgehen.5

Die Genealogie der Wittelsbacher endet bei der kur- pfalzischen Linie mit der am 9. Februar 1493 geborenen Tochter des Kurfursten Philipp, Helene.6 Dessen am 31. Ok- tober 1494 geborener Sohn Wolfgang kommt nicht mehr in der Chronik vor, auch nicht in Nachtragen oder Zusatzen, ebensowenig zwei weitere noch spater geborene Kinder des Kurfursten. Bei der Munchener Linie ist zu beobachten, dass die Geburt Wilhelms IV. am 13. November 1493 noch vermerkt wird, 7 wahrend von dessen am 18. September 1495 nachstgeborenem Bruder Ludwig in der Chronik nicht mehr die Rede ist.

1 Vgl. S. 5, 34 und 6, 27. » 8. 189, 5

3 S. 305,37.

4 S. 329, 4. In der Handschrift steht ausgeschrieben „Mathei", demnach kann kein Zweifel sein, dass der 21. September (mit der „vigilia" also der 20.) gemeint ist, was gegeniiber einer irrigen Folgerung zu bemerken ist.

6 Die Worte „nostra elate, videlicet anno salutis 1487" unten S. 219, 1 sind kaum in jenem Jahre selbst geschrieben, sondern vorherr- schend scbeint mir bier der allgemeine Ausdruck ,}no»tra etate". Vgl. auch S. 276, Anm. 9, wo wohl Unwissenheit Arnpecks anzunehmen ist.

S 273, 23.

S. 433,25.

XXVI

Wie ich oben * schon festgestellt habe, dtirfte die Eubrizierung der Chronik in der ersten fertigen Form Ende Januar 1494 erfolgt sein.

Darnach erfuhr sie noch Zusatze, Einschiebungen und Abanderungen, die als zweite Redaktion zu bezeichnen sind und wozu auch das Widinungsdatum an den Bischof Sixtus von Freising (1. Januar 1495) gehort. Dieses Datum scheint mir nur ein vorlaufiges gewesen zu sein, und ich bezweifle, ob die Chronik gerade damals dem Bischof vorgelegt worden ist. Denn auch nach der Widmung vora 1. Januar 1495 horten die Zusatze und Anderungen nicht auf. Ich fiihre folgende Beispiele an :

Eine Stelle liber das Alter des Christentums in Baycrn lasst uns als Jahr der Niederschrift 1495 herausrechnen.2 Sie steht in dem gleichmassig neu geschriebenen ersten Buch.

Bei der Erwahnung Ilmmunsters in Kap. 29 des zweiten Buches ist von der gewaltsamen Uebertragung j enes Stiftes und der Gebeine des hi. Arsacius aus der dortigen Stifts- kirche in die Frauenkirche nach Munchen die Rede: „pre- senti anno Christi 1495a.3 Auch diese Stelle steht mitten in neu geschriebenen Teilen der Handschrift.

Zu der Notiz ttber die 1481 erfolgte Geburt des Pfalz- grafen Ruprecht, des spateren Schwiegersohns Herzog Georgs des Reichen, ist ein Zusatz uber dessen am 1. August 1495 geschehene Wahl zum Administrator des Bistums Freising gemacht. 4

S. 401, 31 If. wird bei der niederbayerischen, S. 435,5 ff. bei der oberbayerischen Linie die Aufzahlung der Ereignisse ins Jahr 1495 fortgesetzt, bei beiden nur bis in den Marz 1495. Damit ist die Chronik in der Hauptsache fertig gewesen. Von den Teilen, die der zweiten Redaktion angehoren, diirfen wir sagen, dass sie von Ende Januar 1494 an bis Ende Marz 1495 eingefiigt worden sind.

Das spateste Ereignis, welches uberhaupt in der Chronik erwahnt wird, ist die vorhin angefuhrte Wahl des Pfalzgrafen Ruprecht zum Administrator des Bistums Freising, die am 1. August 1495 erfolgte.5 Es ist vielleicht der einzige Zu-

1 S. XVI.

S. 37, Anna. 14.

s 8. 77, 19 ff. Vgl. die Geschichte der Ubertragung S. G90, 1 ff, dazu 8.435,5: am 10. Marz 1495 wurden die Gebeine des hi. Arsacius in Munchen feierlich eingebracht. " 4 S. 273, 19 ff.

6 S. 273,21.

XXVII

satz, den Arnpeck noch nach dera Marz 1495 in der Chronik gemacht hat. Er diirfte nur zufallig und gelegentlich ein- geschrieben worden sein; denn eher miisste man erwarten, dass der Tod des Bischofs Sixtus von Freising, der am 14. Juli 1495 erfolgte, l in der Chronik eingetragen worden ware, was aber nicht der Fall ist.

d) Quellen der Chronik.

Bei der Bescheidenheit der ausseren Lebensumstande Arnpecks ist die Menge der geschichtlichen Quellen, die er bentitzt hat, eine recht ansehnliche. Sein eigener Bttcher- besitz wird kaum ein sehr grosser gewesen sein, und so mussen wir wohl annehmen, dass es unserem einfachen Geist- lichen vielleicht manche Mfihe gekostet hat, bis er in und aus fremden Biichereien alle die Handschriften und Drucke sich verschaffte, deren er benotigte.

Ob Arnpeck ahnlich wie spater Aventinus im bayerischen Lande umhergezogen ist, urn geschichtlichen Stoff zu sammeln, lasst sich schwer sagen. In der Hauptsache dttrften ihm die zu Freising und Landshut vorhandenen Bucherschatze zur Verfugung gestanden sein.

Dass er einmal auf Frauenchiemsee weilte, mochte man aus einem auf dieses Kloster beziiglichen Abschnitt ver- muten, * doch kann er die betreffenden Nachrichten eben- sogut von einem Gewahrsmann oder aus einer schriftlichen Quelle bezogen haben.

Auf personliche Anwesenheit zu Regensburg mochte eine Notiz deuten, in der er als seine Quelle angibt: „hystoria, quam ex monasterii predicti S. Emmerami ceno- bitis percepi." 8 Aber da er dabei nur den Text der „Translatio S. Dionysii" wiedergibt, ist der Ausdruck „percepia jedenfalls nicht auf eine nur miindliche Bericht- erstattung der Monche voft St. Emmeram zu beziehen. Man kann also bezweifeln, ob Arnpeck personlich zu St. Emmeram gewesen ist, wenn auch hiefiir grosse Wahrscheinlichkeit besteht. Dass er die Stadt Regensburg selbst kannte, scheint aus manchen selbstandigen Ausdriicken in der Ge- schichte des hi. Emmeram hervorzugehen, 4 es miisste denn sein, dass diese Ausdriicke selbst wieder in einer Quelle standen.

1 Vgl. 8. 912,31.

* VgL S. 85, Anm. 4. a g^ jog g#

4 Unten's.' 53, 6 ff.; 54, 48; 55, 19.

xxvm

Einen Aufenthalt zu Bamberg konnte man zur Not aus'den Worten folgern, in denen Arnpeck von Taten des Kaiserpaares Heinrichs II. und Kunigundens sagt, dass sie „plenius in ecclesia Bambergensi in scriptis continentur." l Doch gerade weil er nicht mehr berichtet, als was in den handschriftlich auch ausserhalb Bambergs verbreiteten Lebensbeschreibungen Heinrichs und Kunigundens steht, ist ein Bamberger Aufenthalt Arnpecks kaum anzunehmen.

Arnpeck erzahlt uns,2 dass der Abt von Scheyern, dessen Namen er allerdings merkwurdigerweise dabei nicht nennt, ihn gebeten habe, uber den Ursprung, das Geschlecht und die Taten der ehemaligen Grafen von Scheyern zu schreiben. Vielleicht stellte der Abt dieses Ersuchen an ihn, als Arnpeck zu Scheyern selbst die dortigen Geschichts- aufzeichnungen einsah und flir sich ausbeutete. Hat er doch sowohl die Chronik des Konrad von Scheyern als auch die Scheyerer Annalen und ferner die Scheyerer Furstentafel beniitzt. Und daB er personlich in Scheyern verweilte und miindliche Ueberlieferungen von dort davontrug, ersehen wir aus seiner Angabe: „Hec audivi a quodam sene devoto monacho presbytero in monasterio Schirensi." 8 Aus der Erteilung des genannten Auftrages konnen wir schliessen, dass Arnpeck als Schriftsteller ein gewisses Ansehen besass.

In dem ebensonahe wie Scheyern zu Freising gelegenen Kloster Indersdorf ist Arnpeck wohl auch vielleicht ofter personlich gewesen ; denn mehrere Umstande deuten darauf hin, dass er zu diesem Kloster in engeren Beziehungen gestanden ist. Oben4 wurde schon eine Buchschenkung er- wahnt, die er nach Indersdorf machte und die vielleicht seinem Dank Ausdruck geben sollte dafiir, dass er die dortige Bibliothek beniitzen konnte. Ueber die Ausbeute, die er Indersdorfer Geschichtsaufzeichnungen und miindlichen Mitteilungen verdankte, wird unten zu reden sein. Besonders auffallig ist der Umstand, dass er den Propst von Indersdorf einmal auszeichnend als „dominus meus gratiosus" benennt. 5

Ich zahle im Folgenden die Quellen zur ^Chronica Baioariorumtt auf in ungefahrer zeitlicher Folge, dabei

1 S. 155, 3(>. » S. 190, 10. 8 S. 193, 34.

4 S. X, dazu S. XF, Anna. 1.

5 S. 914, 10.

XXIX

jedoch, aus praktischen Gesichtspunkten, teilweise in will- ktirlicher Gruppierung, so insbesondere die Heiligenleben zusammen in der Folge ihres Vorkommens iui Texte.

1. Tacitus, Germania.

Von Geschichtschreibern des klassischen Altertums ist unniittelbar nur ein einziger benutzt, Tacitus. Aus mehreren Kapiteln seiner „Germaniaa sind Textstellen fiir die Wid- mung1 und fur ein paar Kapitel des 1. Buches 2 verwendet worden. Es ist zu vermuten, dass eine der Inkunabel- Druckausgaben der Germania*4 dabei vorgelegen hat.

Von den in Michael Cristan'-s Vorrede zur „Europatt des Enea Silvio 3 genannten Schriftstellern (S. 5, 26 ff.) hat auch nicht einer Arnpeck als Quelle gedient. Dass er einzelne davon (wie auch andere Schriftsteller, die er nur nennt, aber nicht benutzt) gekannt und gelesen haben kann, soil damit nicht in Abrede gestellt sein.

Ein Zitat aus den Oden des Horaz, welches gegen das Ende der Chronik zu verwendet ist, mag iramerhin zeigen, dass Arnpeck dem Humanismus nicht fremd gegeniiberstand.

2 Bibel.

Zitate aus der Bibel, soweit sie unmittelbar iiber- nonjraen sind, finden sich merkwtirdigerweise nur wenige. Eine grossere Zahl ist in den benutzten Quellentexten ent- halten. Hiebei ereignet sich auch der Fall,4 dass Arnpeck eine nur allgemein beruhrte Stelle, die er offenbar nach- geschlagen hat, ihrem vollen Wortlaut nach anfuhrt.

3. Isidorus von Sevilla, Etymologiae.

Des Isidorus von Sevilla Etymologien haben nur an einer Stelle unmittelbar als Quelle gedient,5 einer Stelle, die ahnlich auch schon bei Andreas von Regensburg sich findet, wo jedoch das Zitat ungenauer ist, so dass man an- nehmen mochte, Arnpeck habe, veranlasst durch Andreas, bei Isidorus nachgeschlagen und dann von sich aus die Stelle bestimmt angegeben. Ein anderes Mai, wo ebenfalls eine Stelle aus Isidorus' Etymologien zitiert wird, 6 ist der ganze

1 s. 3, 22 ff.

7.S. 19, 9f; 22,24.

3 Vgl. unten den Abschnitt iiber diese Quelle.

4 Vgl. S. 1 19, Anm. 1.

5 S. 6, 15.

6 S. 18, 22.

XXX

Text einschliesslich des Zitates aus den geschichtlichen Auf- schreibungen von Kremsmunster entnommen.

4. Paulus Diaconus, Historia Langobardorum (Paul. Diac).

Wo sich die Geschichte der bayerischen Agilolfinger- herzoge mit derjenigen der Langobarden beriihrt, finden wir bei Arnpeck die „Historia Langobardorum1* des Paulus Diaconus als Grundlage. * Arnpeck selbst nennt sie einmal * als seine Quelle: „ut legitur in historia Longobardorum libro 3. cap. 30., quam Paulus dyaconus cardinalis descripsit, quietymnum: „Ut quean t laxis" composuit", und ein ander- mal8: „Hec ex cronica Longobardorum." Als Geistlicher kannte er den Hymnendichter, als Chronist beutete er dessen Geschichtswerk aus.

5. Breves Notitiae Salisburgenses (Br. Not. Sal). Vgl. unten S. 82, Anm. 4 und 85, Anm. 1. Dazu

den Quellennachweis unter „Fundationestt.

6. Annales Laurissenses maiores (Ann. Laur.). An zwei Stellen 4 finden sich merkwiirdigerweise Textes-

worte der grosseren Lorscher Jahrbucher („Annales Lau- rissenses maiores") 5 verwendet. Sie sind wohl nur mittelbar dahin gelangt.

7. Otto vonFreising, ^Chronica".6 Desselben „Gesta Friderici I. imperatoris" mit Rahewins Fortsetzung (Otto Fris. Chron. bezw. G. Frid., dann Rahew., G. Frid.).

Die Werke des grossen Geschichtschreibers, der einst den heimischen Freisinger Bischofsstuhl zierte, hat Arnpeck in sehr ausgiebigem Masse als Quelle verwendet. Es sind uns heute noch zwei Handschriften der Werke Ottos von Freising erhalten, die im Besitz Arnpecks selbst gewesen sind. Ueber die eine, die sich in der Herzoglichen Bibliothek zu Wolfenbuttel befindet, wird unten bei der Untersuchung der Quellen zu Arnpecks „Gesta episcoporum Frisingensium"

1 Unten zitiert nach der Ausgabe in den Mon. Germ, hist., SS. Rer. Langobard.

7 S. 43, 34.

8 S. 47, 32.

* S. 88, 22 und 35.

5 Mon. Germ, hist., 88. I, 172.

6 In dem grossten Teile des vorliegenden Buches ist noch nach der alten Ausgabe in den Mon. Germ, hist., SS. XX zitiert, da der Druck schon erfolgt war, bevor die neue Ausgabe von Hofmeister erschien.

XXXI

noch des Naheren gesprochen werden, die andere, die zur Zeit der Sakularisation aus Kloster Indersdorf in die Miinchener Zentralbibliothek gelangte, jetzt als Clm. 7839 bezeichnet, ist oben S. X erwahnt worden.1

Arnpeck hat den Freisinger Bischof iiberaus hoch- geschatzt und hat ihn als seine Quelle wie kaum einen andern Schriftsteller angegeben. „Otto Frisingensis epi- scopus clarissimus" wird er von ihm genannt, dazu mit den Worten des Enea Silvio: „non futilis autora.3 An anderer Stelle3 ubernimmt er Hartmann Schedels Worte, in denen Otto von Freising und Gottfried, von Viterbo als „haud ignobiles historici" bezeichnet werden. Die Kenntnis der Personlichkeit des Freisinger Bischofs setzt er so weit vor- aus, dass er einfach zitiert: „ut ait Ottoa.4 Gegenliber anderen Quellen ist ihm Otto von Freising die hochste und ausschlaggebende Autoritat. Auf ihn gestutzt, wagt er selb- standige Kritik. Man vergleiche z. B. den Abschnitt fiber die Nachkommenschaft Kaiser Arnulfs S. 114, 15 ff. und die Stelle fiber Kaiser Ludwig das Kind S. 115,22, wo er aus- drficklich anderen Quellenangaben gegenuber eine aus Otto entnommene Stelle eingereiht hat. Wie Arnpeck dagegen ganz sanft die ihm nicht behagende Scharfe Ottos gegen die Wittelsbacher ausgeglichen hat, ist unten S. 129, Anm. 3 besprochen. In den beiden ihm gehorigen Handschriften der „Chroniktt hatte Arnpeck der sogenannten Wittelsbacher Inter- polation eigens Ottos ursprfingliche Worte beigeschrieben.

8. Frutolfs vom Michelsberg bei Bamberg, bezw. Ekkehards von Aura Weltchronik (Frut).

Obwohl Arnpeck nirgends, auch nicht in der Vorrede bei Anfuhrung der bedeutenderen Geschichtschreiber, den Prior Frutolf vom Michelsberg bei Bamberg mit Namen nennt, hat er doch auch dessen Weltchronik benutzt, aller- dings in geringem Grade im Verhaltnis zu jenem inhalts- reichen Werke. 5 Bei der grossen Verbreitung, welche diese

1 Die Hand8chrift Nr. 176 der Gr. Universitfite-Bibliothek Giessen, welcbe Ottoe von Freising ,Chronik" und „Gesta Friderici" enthllt und zum Teil 1470 von Erasmub Sayn von Freising geschrieben ist, zeigt, wie ich^durch eigene Einsichtnahme feststellte, in den Eandbemerkungen nirgends die Handzfige Arnpeck 8. Dies mocbte ich zur Ausgabe der .Chronik" Ottos von Freising von Hofmeister, der jene Frage dort S. XLIII, Anm. 6 offengelassen hatte, erganzend bemerken.

* Unten 8. 6, 19. 8 S. 32, 32.

* S. 103,10.

5 Ausgabe in den Mon. Germ, hist., SS. VI, 17 ff.

XXXII -

Weltchronik gefundeu hatte, ist anzunehmen, dass eine Handschrift davon unserem Chronisten zu Freising zur Ver- fttgung stand. Hatte doch auch schon Bischof Otto von Freising in ausgedehnter Weise Frutolfs Chronik nebst einer Fortsetzuug bis 1106 beniitzt. l

Dass unter dera am Schlusse des Kapitels iiber Augs- burg zitierten „Eusebiustt niemand anderer als Frutolf zu verstehen ist, habe ich in der Anmerkung zu jener Stelle dargelegt. *

9. Historia Welforum Weingartensis (Hist. Welf.). Die Historia Welforum Weingartensis",8 die Welfen-

geschichte eines ungenannten Weingartener Monches, hat zahlreiche Textstellen geliefert. Ausser ihr ist aber auch die Ursperger Chronik, in der jene Weingartener Welfen- geschichte verarbeitet wurde, stark beniitzt, und in eigen- tiimlicher Verschlingung erscheint bald der ursprungliche Weingartener, bald der abgeleitete Ursperger Text.

10. Codex traditionum Frisingensium (Cod. trad. Fris.).

Mehrfach diente als Quelle der Codex traditionum Frisingensium", der die Hauptquelle fiir Arnpecks kleineres Werk, den „Liber de gestis episcoporum Frisingensium" bildete und iiber den unten bei dcm Quellenverzeichnis dieses Werkes naher gehandelt werden wird. Arnpeck zitiert es in der Chronica Baioariorum" einmal4 ausdriicklich als seine Quelle mit den Worten : „ex libro tradicionum ecclesie Frisingensis."

11. Vita S. Maximiliani (Vita S. Max.).

Die Legende des hi. Maximilian (vgl. den Druck bei Pez, SS. Eer. Austr. II, 19) scheint Arnpeck in einer Form vorgelegen zu sein, welche von der bei Pez abweicht und einen ausfiihrlicheren Text geboten haben diirfte.

12. Passio S. Floriani (Pass. S. Flor.). Vgl. unten S. 38, Anm. 1.

13. Passio S. Afrae (Pass. S. Afrae).

Vgl. unten S. 38, Anm. 3. Zur letzten Literatur iiber die Afra-Legende siehe Neues Archiv XXXVII, 329 f., 861.

1 Hofmeister in seiner Ausgabe der Chronik Ottos 8. XCIII.

* 8. 28, Anm. 4.

8 Vgl. 6. 159, Anm. 3.

* S. 153,37.

XXXIII

14. Eugippius, Vita S. Severini (Vita S. Sev.). Arnpeck hat diese Vita (vgl. die Ausgabe von Mommsen)

unmittelbar benutzt. Wo er sie aber.zitiert,1 entnimrat er die Quellenangabe selbst den Kremsmunsterer Aufzeichnungen.

15. Legenda S. Ruperti (Leg. S. Rup.).

Zur Geschichte des hi. Rupert diente die sog. Com- munis legenda S. Rodberti episcopitt als Quelle. Vgl. unten S. 48, Anm. 3. Neuerdings, nachdem unser Text langst ge- druckt war, ist die „Vita Hrodberti" herausgegeben worden von Levison in den Mon. Germ, hist., SS. Rer. Merov. VI, 140 ff., so dass also jetzt diese Ausgabe fur Vergleichuugen zu benutzen ist.

16. Arbeo, Vita S. Emmerami (Vita S. Emm.). Die von dem Freisinger Bischof Arbeo verfasste Legende

des hi. Emmeram ist in der Textform B benutzt. Arnpeck ist dabei iin Ausdruck jedoch manchmal etwas abweichender von der Quelle als sonst, so dass ich annehmen mochte, es habe ihm eine abermals veranderte, stilistisch freiere Form der „Vitaa vorgelegen. Vgl. unten S. 52, Anm. 2.

17. Arbeo, Vita S. Corbiniani (Vita S. Cork). Dass unser Chronist der Lebensgeschichte des Grunders

des heimischen Freisinger Bistums, des hi. Korbinian, aus- giebig Stoff entnimmt, ist nur natlirlich. Er benutzte dazu die von Arbeo verfasste Vita in der weit verbreiteten iiber- arbeiteten Form, welche den alteren roheren Text geglattet und verbessert wiedergibt.2

18. Otloh, Vita S. Bonifatii (OUoh, Vita S. Bonif.). Arnpeck zitiert das Werk zweimal, ohne den Verfasser

zu nennen: „prout in legenda clarius ponuntur" 3 und: „In legenda S. Bonifacii libro 1. et postea in 2. libroa.4 Man vergleiche die beniitzten Textstellen mit der Ausgabe in Mabillons Acta Sanctorum Ordinis S. Benedicti, Saec. Ill, 2, 28 ff. Oder in dem Nachdruck dieser Ausgabe in Migne's Patrologia latina LXXXIX, 633 ff.

19. Vita S. Virgilii (Vita 8. Virg.).

Vgl. unten S. 78, Anm. 4 und S. 82, Anm. 4. Dazu ferner unten S. XXXXV.

1 S. 41, 13.

9 VgL die ftusgezeichnete neueste Ausgabe beider Texte von Krusch in den Mon. Germ, hist, SS. Rer. Merov. VI, 497 ff. (Bei ihrem Er- scheinen lagen die ersten 50 Bogen des Textes dieser Cnroniken schon gedrnckt vor.)

» S. 72, 6.

* S. 73, 13.

Qnellen o. ErOrterangen N. F. III. Ill

XXXIV

20. Translatio S. Dionysii (Transl. S. Dion.). Vgl. unten S. 109, Anm. 1 u. 2.

21. Berno von Reichenau, Vita S. Udalrici (Vita S. Udalr.).

Eine Lebensbeschreibung des hi. Ulrich gibt^Arnpeck an zwei Stellen als seine Quelle an:1 „Legitur in libro, qui de vita S. Udalrici inscribitur" 2 und „ut colligitur ex legenda S. Udalrici episcopia.3 Durch Textvergleichung stellte sich heraus , dass von den verschiedenen Beschreibungen des Lebens des hi. Ulrich jene beniitzt ist, welche Berno von Reichenau verfasst hat.4

22. Translatio S. Martini (Transl. S. Martini). Ueber die ^Translatio S. Martini*4, welcher der grosste

Teil des 4. Kapitels des 4. Buches entnommen ist, vgl. die Angaben S. 82, Anm. 4 und S. 130, Anm. 1, dazu S. XXXXV.

23. Wolfherius, Vita S. Godehardi (Vita S. God.). In Kapitel 9 des 4. Buches erscheinen Stellen aus dem

Wortlaute der ,rVita S. Godehardi posterior", die von Wolf her verfasst ist.5 Diese Vita ist wahrscheinlich nicht unmittel- bar, sondern nach eiDer gekiirzten Ableitung, vielleicht aus einer Sammlung von Heiligenleben, beniitzt worden.

24. Adalbertus, Vita Henrici II. imperatoris (Vita Henr.).

In umfangreichstem Masse ist fur die Geschichte Kaiser Heinrichs II. die legendenhafte „Vita Henrici II. imperatoris" des Diakons Adalbert nebst dem dieser Legende im Anfang des 13. Jahrhunderts hinzugefugten dritten Buch, dem sog. „Additamentuma, abgeschrieben worden.6

25. Vita S. Cunegundis (Vita Cuneg.).

Auch die „Vita S. Cunegundis",7 die Geschichte der frommen Gemahlin Kaiser Heinrichs II., hat ein paar Ab- schnitte geliefert.

1 Das Zitat „ut in libro gestorum eius legitur",S. 118, 4 findet sich schon in Frutolfs Text, das Zitat „in legenda autem 8. Udalrici" S. 129,1 bereits bei Andreas von Regensburg.

2 S. 118, 37.

3 S. 124, 18.

4 Vgl. S. 118, Anm. 4.

5 Vgl. S. 133, Anm. 5.

6 Vgl. S. 134, Anm. 1. Meine Vermutung, Arnpeck habe viel- leicht die Briisseler Druckausgabe der „Vita Heinrici" von 1484 (Hain 8429) beniitzt, erwies sich als nicht zutreffend, wie ich durch Vergleichung des Textes des Exemplars der k. Universitatsbibliothek Gottingen fest- stellen konnte.

7 Vgl. S. 144, Anm. 2.

- XXXV

26. Passio Tbiemonis (Pass. Thiem.).

Zu vermuten ist, dass die „Passio Thiemonis", die Geschichte desMartyriums des Salzburger Erzbischofs Thiemo, mittelbar oder unmittelbar an einer Stelle Stoff geliefert hat. *

27. Vita Chunradi archiepiscopi Salisburgensis (Vita Chunr.).

Die „Vita Chunradi archiepiscopi Salisburgensis", die Lebensbeschreibung eines anderen Salzburger Erzbischofs, des Konrad von Abensberg,2 hat deutlich fiir ein paar kurze Abschnitte zugrunde gelegen.

28. Vita S. Hedwigis (Vita S. Hedtr.). Vgl. S. 207, Anm. 7.

29. Jacobus de Voragine, Lege'nda aurea (Leg. aurea).

Die vorgenannten Legenden sind Arnpeck zum Teil in selbstandigen Handschriften vorgelegen, zum Teil) aber durften sie ihra durch Legendensammlungen 3 und Martyro- logien dargeboten worden sein.

Es zeigt sich auch, dass er, wenn auch nur in ge- ringem Umfange, die bekannteste und verbreitetste Legenden- sammlung, die „Legenda aurea*4 des Jacobus de Voragine beniitzt hat,4 vielleicht in einem der zahlreichen Drucke, die damals von jener Sammlung schon vorhanden waren. 5

30. BurkharduSjChroniconUrspergense (Chr. Ursp.).

Stark beniitzt ist, wie schon oben S. XXXII erwahnt wurde, die Chronik des Propstes Burkhard von Ursperg, das „Chronicon Urspergense*.6 Schon in seiner Vorrede zur ^Chronica Baioariorum" zahlt Arnpeck den „abbas Urspergensis ordinis Preinonstratensium" auf,7 fiir den ihm unbekannten Eigennamen Raum lassend. Und einmal ver- weist er auf den „abbas Urspergensis in sua cronica",8 ein andermal sagt er (jedoch sich irrend): „Unde in cronica Urspergensi legitt. 9 Er besass selbst in der jetzt zu Wolfen-

1 Vgl. 8. 159, Anm. 4 und 8. 160, Anm. 1.

* Vgl. S. 160, Anm. 2; 214, Anm. 5-7.

8 VgL auch S. 74, Anm. 1 und 133, Anm. 5.

4 Unten zitiert mit den Seitenziffern der Ausgabe von Graesse.

6 Copinger, Supplement to Hain'e Repertorium bibliograpbicura Nr. 6380 ff.

* Vgl. S. 157, Anm. 1.

7 S.6,20.

8 8. 224, 42.

* S. 227, 9.

Ill*

XXXVI

biittel befindlichen Handschrift Helmst. 205 den Text dcr aus der Ursperger Chronik geschopften „Historia Friderici*.1 Doch beniitzte er nicht diesen Auszug,2 sondern hatte die ganze Ursperger Chronik zur Verfiigung.

Wo Arnpeck die gleichen Nachrichten sowohl in der Ursperger Chronik als auch in deren Quelle, der Wein- gartener Welfengeschichte, fand, beniitzte er, otfenbar nur von Kucksichten der Bequemlichkeit geleitet, bald die ge- drangte Darstellung der einen Quelle, bald die erweiterte Erzahlung der andern. Umfassender erscheint dabei die jftngere Ursperger Chronik verwendet.

31. Conradi Chronicon Schirense (Conr. Chr. Schir.).

Von den Geschichtsquellen des Klosters Scheyern 3 begegnet uns in Arnpecks Text zunachst4 das „Chronicon Schirense" * des Konrad von Luppurg. Interessant ist Arn- pecks Verhaltnis zu dem vielbesprochenen eingeschalteten 16. Kapitel. Graf Friedrich Hektor Hundt 6 hat nachgewiesen, dass der von Jaflfe als 16. Kapitel der Chronik gedruckte Text durchaus nicht von Konrad herriihrt. Dieses Kapitel sei vielmehr eine erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts (wahrscheinlich um 1491) von einem Scheyerer oder (da es sich in der aus Tegernsee stammenden Handschrift Clm. 19487 findet) von einem Tegernseer Monch vorgenommene Ein- schiebung.7 Es besteht kein Anlass, dieses Ergebnis von Hundts scharfsinniger Untersuchung (abgesehen von der ort- lichen Verlegung nach Tegernsee) anzuzweifeln. Vergleicht man die Angaben Arnpecks fiber Kaiser Arnulf und seine Beziehungen zu Scheyern unten in Kap. 14 des 3. Buches,8 so kann es bei der teilweise wortlichen Uebereinstimmung dieser Stellen mit jenem eingeschalteten Kap. 16 nicht zweifel- haft sein, dass letzteres Arnpeck vorlag. Kaum in der Tegern- seer Handschrift; Arnpeck hat vielmehr die Einschaltung

1 Vgl. Hofmei8ter8 Ausgabe der „Chronik" Ottos von Freising S. XLIV und unten den Quellennachweis zu Arnpecks „Gesta episco- porum Frisingensium".

3 Der auch als InkunabeldruckJ(Hain*'8718) aus der Presse des Klosters St. Ulrich und Afra zu Augsburg (um 1473—1476) verbreitet war.

Vgl. oben S. XXVIII.

4 S. 113, 36 ff.

6 Hsg. von Jaffe* in den Mon. Germ, hist., SS. XVII, 615 ff.

6 Kloster Scheyern, seine kites ten Aufzeichnungen, seine Besitz- ungen. Abhandlungen d. hist. Kl. d. k. bayer. Akad. d. Wise. IX, 205 ff.

7 Daselbst S. 268.

8 S. 113,34ff.

XXXVII

wohl in Scheyern selbst kennen gelernt,1 woselbst sie auch ent- standen sein diirfte, da man ebendort das grosste Interesse an ihr hatte. Arnpeck nennt die Erzahlung „quorundam opinionem licet suspectam". Sie erscheint ihm verdachtig, doch ftigt er sie ein, um sie zu bekampfen, „ad obstniendum ora ob- loquentium*. Sollte nicht im Hinblick auf diese letzteren Worte, die zwar der Chronik Konrads von Scheyern ent- liehen sind, ihrem ganzen Sinne nach aber sich gegen lebende Personen zu richten scheinen, die Vermutung gewagt werden diirfen, dass gerade daraals in Scheyern die Erzahlung von Kaiser Arnulf nachdrucklicher hervorgehoben wurde ? Konnte dadurch nicht Hundts Vermutung iiber die Zeit der Ein- schiebung eine neue Stiitze erhalten?

32. Annales Schirenses (Ann. Schir.).

Neben der Chronik Konrads hat Arnpeck auch die Angaben der Scheyerer Jahrbiicher verwendet. *

33. Scheyerer Furstentafel (Tab. Schir.).

Als dritte Geschichtsquelle aus Kloster Scheyern treffen wir die sog. Scheyerer Furstentafel unter Arnpecks Stoff an,3 ein volkstiimliches Erzeugnis in deutscher Sprache, das nicht uninteressant ist und eine gute Neuausgabe unter Berucksichtigung all der zahlreichen davon vorhandenen Handschriften verdienen wurde.

34. Chronicon Ebersbergense posterius (Chr. Ebersb. post.).

Von den beiden Ebersberger Chroniken, von denen die eine kiirzere um das Jahr 1050 unter dem beruhmten Abte Willi ram geschrieben, die andore ausgeschmiickte nach dem Jahre 1246 verfasst ist, hat Arnpeck die letztere benutzt. Vgl. unten S. 112, Anm. 4. In den unten als Quelle zu er- wahnenden „Fundationes monasteriorum Bavariae" findet sich diese Ebersberger Chronik etwas gekiirzt, zugleich aber mit kleinen belanglosen Erweiterungen vor.4 Die Textver- gleichung zeigt, dass letztere Form nicht herangezogen ist, sondern dass Arnpeck die Chronik auch in urspriinglicher Form zur Verfiigung hatte und diese ausbeutete.

1 Vgl. oben 8. XXVIII.

* Mon. Germ, hist., SS. XVII, 629 ff.

9 Vgl. S. 117, Anm. 1.

4 Vgl. Xeues Archiv XXIV, 686.

xxxvm

35. Vincentius Bellovacensis, Speculum histo- riale (Vine. Bell).

Arnpeck nennt in seinem Vorwort den Vincentius von Beauvais unter den bedeutenden Geschichtschreibern mit der Bezeicbnung Vincentius Gallus ordinis predicatorum*. l Er zitiert dann die grosse geschichtliche Kompilation des Vincentius an fiinf verschiedenen Stellen. 2 Er hat sie auch wirklich unmittelbar 3 beniitzt, allerdings nur fur wenige Ab- schnitte. Man darf wohl annehmen, dass ihm das Werk in einer der damals langst vorhandenen Druckausgaben 4 zu- ganglich gewesen ist.

36. Regensburger Schottenlegende.

In Kapitel 30 des 2. Buches nennt Arnpeck als Quelle eine „Cronica fundacionis cenobii Scotorum Ratispone*.5 Es ist die Regensburger Schottenlegende, deren wichtigsten Teil, die „Gesta Caroli Magni", 1897 Diirrwachter herausgegeben hat. Ausser in dem eben genannten Kapitel bildet die urn 1270 entstandene Chronik die Grundlage fiir die beiden ersten Kapitel des 3. Buches.

Vgl. iiber die Benutzung der Chronik unten S. 4, Anm. 5, S. 78, Anm. 6 und 7 und S. 91, Anm. 1. Zu S. 78, Anm. 7 ist erganzend zu bemerken, dass die verlorene Handschrift der Quelle wahrscheinlich mit einzelnen Korrekturen ver- sehen war, die auf Konrad von Megenbergs Angaben sich stiitzten; vgl. unten S. 91, Anm. 3 und 98, Anm. 1. Zu letzterer Stelle ist die leider alle modernen Editionsgrundsatze ausser Acht lassende Ausgabe des „Tractatus de limitibus parochiarum Ratisponensiuma von Philipp Schneider er- ganzend zu nennen.

Zu bemerken ist, dass es zwei sehr seltene Inkunabel- drucke einer kurzen deutschen Fassung der „Gesta Caroli Magni" gibt.6 Man konnte vermuten, dass diese „Legende von Kaiser Karls Streit vor Regensburg* vielleicht von Arnpeck beniitzt worden ist, doch ist das nicht der Fall.

1 S. 6,21.

8 S. 97,10; 100,31; 132,19; 134,19; 197,4.

8 Vgl. S. 134, Anm. 2.

4 Ohne Ort (Strassburg) und Jahr (Copinger 6245) ; Strassburg 1473 (Cop. 6246); ohne Ort (Augsburg) 1474 (Cop. 6247); Nurnberg 1483 (Cop. 6248); Venedig 1494 (Cop. 6241, IV).

* S. 78, 24.

e Dor eine, gedruckt von Friedrich Creuesner zu Nflrnberg, (Hain * 4524), der andere von Johann Sluchs ebendaselbst (Hain 4525; in der Munchener k. Hof- und Staatsbibliothek nicht vorhanden; Exemplar in' der Regensburger Kreisbibliothek ; vgl. Diirrwachter a. a. 0. S. 132), beide ohne Jahr.

XXXIX

37. Hermanni Altahensis Annales (Herm. Alt.) nebst Fortsetzungen (Cont. Alt. und Cont. Rat.).

Des Abtes Hermann von Niederaltaich Annalen x bilden eine Hauptquelle Arnpecks. In der Vorrede zur ^Chronica Baioariorum" zahlt letzterer unter den bedeutenden Geschicht- schreibern aach die „fratres ordinis Benedicti Hermannus et Martinus" auf. 2 Haben wir in dem letzteren Martin von Troppau zu erkennen, so meint Arnpeck unter dem „Her- mannus* kaum einen anderen als Hermann von Niederaltaich. 8 Nach dem Hauptwerke Hermanns erscheint sowohl die Nieder- altaicher als auch die Kegensburger Fortsetzung dazu als Quelle Arnpecks.

38. Griindungsgeschichte des Klosters Tegern- see (Fund. Teg.).

Kapitel 29 des 2. Buches4 behandelt die Geschichte'der Grander und der Griindung des Klosters Tegernsee. Man konnte bei oberflachlichem Zusehen meinen, dass jene^Ge- schichte aus Andreas von Regensburg abgeschrieben sei. Aber es zeigt sich, dass Arnpeck auch die ursprtingliche Tegernseer Griindungsgeschichte, die „Fundatio Tegern- scensis" 5 benutzte. In der Hauptsache der Tegernseer Quelle den doch auch auf diese zuruckgehenden Text des Andreas vorziehend, sieht Arnpeck sich aber genotigt, da, wo er offenbar glaubt, dass Andreas die Geschichte zu sehr beschnitten habe, einzelne weggefallene Stiicke wieder an- zuflicken. So liefert er die Griindungsgeschichte in dritter, durch Stil- und Schreibfehler entstellter und verschlechterter Auflage. Die „Fundatio Tegernseensis" ist ausser in dem genannten Kapitel auch noch in anderen beniitzt.

Zu bemerken ist, dass Arnpeck die ganze „Fundatio Tegernseensis" zur Verfugung gehabt hat, nicht etwa nur den gekiirzten Auszug, der in den unten als Quelle zu er- wahnenden ^Fundationes monasteriorum Bavariae" enthalten ist. 6 Ausserdem benutzte er auch den der Tegernseer Griin- dungsgeschichte in einer Tegernseer Handschrift (Clm. 1052)

1 Vgl. s. 176, l.

* S. 6,23f.

* Hermann von Reichenau, an den man noch denken konnte, ist von Arnpeck nicht benfltzt. Vgl. S. 145, Anm. 1, wo unter dem zitierten „Hermannus" andereraeits auch nicht Hermann von Niederaltaich gemeint sein kann.

4 Unten 8. 74, 16 ff.

6 Pez, Thesaurus anecdotorum III, III, 475 ff.

« Vgl. Neuea Archiv XXIV, 675.

xxxx

beigegebenen Abschnitt iiber die Herkunft der Noriker aus Armenien, x den der Auszug in den „Fundationestt nicht bietet und der aus der „Passio S. Quirini" des „Heinricus monachus" stammt. 2

39. Chronicon monasterii Tegernseensis (Chr. Teg.).

Ausser der „Fundatioa hat Arnpeck noch eine zweite Tegernseer Geschichtsquelle verwertet, das „Chronicon mo- nasterii Tegernseensis V wahrscheinlich in der Form, wie es urn 1492 in dem schon vorhin erwahnten Clm. 1052 nieder- geschrieben wurde.

40. Diessener Aufzeichnun gen (Notae Diets.). Ueber die von Arnpeck benutzten Aufzeichnungen des

Klosters Diessen am Ammersee vgl. unten S. 203, Anm. 4.

41. Annates Aldersbacenses (Ann. Aid.). Vgl. unten S. 768, Anm. 4.

42. Annales Osterhofenses (Ann.Ost.).

Ueber ihre Bentttzung vgl. unten besonders S. 236, Anm. 8; 239, Anm. 3. Einen Auszug aus den Osterhofener Annalen boten Arnpeck auch die unten zu erwahnenden „Fundationes monasteriorum Bavariae".

Eine Osterhofener Ueberlieferung habe ich ausserdem unten S. 79, Anm. 5 vermutet.

43. Geschichtliche Aufzeichnungen von Krems- miinster (Krenwn.).

„Baioaria, quae et Noricus dicitur . . . a Dieser dem bayerischen und osterreichischenQuellenforscher wohlbekannte Text, mit dem Arnpecks 1. Kapitel des 1. Buches beginnt,4 weist uns sofort auf eine auch anderswo vielbeniitzte Quelle hin, namlich auf die geschichtlichen Aufzeichnungen, welche in dem oberosterreichischen Kloster Kremsmiinster 5 ent-

1 Unten S. 23,3ff.

9 Vgl. L. v. Heinemann, Zur Kritik Tegernseer Geschichtsquellen ; Neues Archiv XII, 146 und 160.

8 Vgl. 8. 222, Anm. 2. Ueber diese Chronik siehe Heinemann a. a. 0. XII, 160. Wenn Heinemann dort sagte, es sei ihm unerfindlich, woher Pez die Angabe entnahm, dags die Chronik von drei verschiedenen Verfassern aus dem 13., 14. und 15. Jahrhundert herrQhre, so ist dem entgegenzuhalten, dass jene Angabe eben der Handschrift entstammt, aus der Pez die Chronik abdruckte, namlich dem jetzigen Clm. 1052, f. 13 J vom Ende des 15. Jahrhunderts.

4 S. 18, 5.

6 Zitiert nach Loserth, Die Geschichtsquellen von EremsmuuBter (1872), nicht nach der spateren, schlechteren Ausgabe von Waitz in den Mon. Germ, hist., SS. XXV.

XXXXI

standen sind und haufig unter dem Namen des Bernardus Noricus zitiert werden. Arnpeck hat in sehr ausgedehnter Weise von ihnen Gebrauch gemacht. Insbesondere fur die alteren Zeiten bilden sie die Grundlage seiner zeitlichen Zahlenangaben. Er scheint, wenn er sich auch hin und wieder Abweichungen von ihnen gestattete, grosses Ver- trauen in ihre Zuverlassigkeit gesetzt zu haben.

44. Bernardus Guidonis, Chronica imperatorum Romanorum (Bern. Guid.).

Merkwurdig ist, dass Arnpeck eine in Deutschland wenig verbreitete italienische Quelle des 14. Jahrhunderts benutzt hat, was bisher unbeachtet geblieben ist. Mein Quellennachweis zeigt namlich die Verwertung des „Chro- nicon imperatorum Romanorum tt des Bernardus Guidonis, von dem wir noch keine vollstandige Druckausgabe besitzen. Ueber die Beniitzung durch Arnpeck vgl. unten S. 290, Anm. 4 und S. 293, Anm. 3.

45. Sachsische Weltchronik (S. Wchr.). Arnpeck hat nicht nur die Sachsische Weltchronik

selbst * benutzt, sondern auch die Erste, Zweite und Dritte bayerische Fortsetzung dazu.2 Da die Dritte Fortsetzung nur in Verbindung mit der Ersten vorkommt, in einer Form, wie sie von den uns bekannten Handschfiften der Welt- chronik nur Cgm. 227, der aus Benediktbeuern stammt, auf- weist, 8 muss Arnpeck notwendigerweise noch eine andere Handschrift der Weltchronik zur Verfflgung gehabt haben, welche neben der Ersten Fortsetzung die Zweite enthielt.4

46. Flores temporum (Flor.).

Das vielbenfitzte Werk der „Flores temporum", von dem dringend einmal eine auf der gesamten handschriftlichen Ueberlieferung aufgebaute vollstandige Neuausgabe notig ware,5 hat auch Arnpeck als Quelle vor sich gehabt und zwar in einer Form, wie sie (als mir zuganglich unten zitiert) z. B. der aus Tegernsee stammende Clm. 18 776 bietet und

1 Vgl. S. 76, 48.

* Dad ist Weiland bei Aufzahlung der Schriftsteller, welche n die Sachsische Weltchronik als Quelle gedient hat (Mon. Germ, hist., Deutsche Chroniken II, 62), entgangen.

* Vgl. daselbst II, 6, 319, 340.

4 Vgl. daselbst II, 336.

5 Die Ausgabe der Mon. Germ, hist., SS. XXIV ist fur Unter- suchungen wie die vorliegende durchaus ungenugend.

XXXXII

wie sie ahnlich, doch schon wieder abweichend, in der sel- tenen Druckausgabe der „Floresu von Meuschen sich findet * Ueber Beziehungen von Arnpecks Text zu einer Regens- burger Bearbeitung der „Flores temporum" vgl. unten S. 231, Anm. 6.

47. Henricus de Hervordia, Chronicon (Henr. Herv.).

Fur die Zeit Kaiser Ludwigs des Bayern stossen wir, was man bisher noch nicht bemerkt hat, ofters auf Stellen aus der Chronik Heinrichs von Herford. Meinen anfanglichen Zweifeln gegeniiber, ob direkte Beniitzung dieser Chronik vorliegt oder nicht, mochte ich nun doch glauben, dass die betreffenden Teile unmittelbar dorther entnommen sind. *

48. Chronicon de ducibus Bavariae (Chron.).

Eine Hauptquelle des Andreas von Regensburg, die uns heute nur in einer einzigen Handschrift in eigenhandiger Niederschrift dieses fleissigen Chronisten erhalten geblieben ist, hat auch Arnpeck in ausgedehnter Weise ausgeschrieben,3 das sogenannte Chronicon de ducibus Bavariae".4 Bei Arnpeck erscheint manchmal fur eine und dieselbe Erzahlung sowohl der Text des Chronicon" wie der des Andreas in- einandergemischt. 5 Arnpeck diirfte eine verloren gegangene Handschrift des -Chronicon" beniitzt haben. 6

»v

49. Annales S. Stephani (Ann. S. Steph.).

Das heimatliche Kloster Weihenstephan lieferte eine nicht unwichtige Geschichtsquelle, die „Annales S. Stephani". 7 Es ist anzunehmen, dass Arnpeck die Originalhandschrift beniitzt hat.

1 VgL 8. 197, Anm. 5; 198, Anm. 6; 231, Anm. 7; 232,5, 14 und 31, dazu Anm. 2 und 9; 251, Anm. 5; 283, Anm. 4; 284, Anm. 10; 287, Anm. 2 und 5; 289, 8 und Anm. 2 ; 291, 8 ff.; 294,10; 297,28; 299, Anm. 2 ; 301, 28 ff. ; 302, 3 ff ; 303, Anm. 3.

* Vgl. S. 293, Anm. 5; 294, Anm. 2 und 3; S. 295, 1 ff; 297, Anm. 3; 300,4 und Anm. 1 und 3; 302,26; 304, Anm. 2 und 5; 315, Anm. 5.

8 Vgl. 8. 246, Anm. 1.

4 Vgl. iiber diese Quelle meine Ausgabe der Samtlichen Werke des Andreas von Regensburg 8. LVI ff Ich bereite zur Zeit eine Neu- ausgabe des „Chroniconu fur die Scriptores-Reihe der Mon. Germ. hist. vor.

6 Vgl. z. B. S. 248, Anm. 5 und 10; 250, Anm. 1 ; 251, Anm. 7; 299, Anm. 1 ; 320, Anm. 7.

Vgl. S. 298, Anm. 5.

7 Vgl. S. 189, Anm. 2.

XXXXHI

50. Chronicon S. Stephani (Chr. S. Stephani.). Noch eine zweite Quelle aus demselben Kloster bentttzte

Arnpeck, namlich das noch ungedruckte „Chronicon S. Ste- phani*, eine dem Ende des 14. Jahrhunderts angehorige Chronik aus Kloster Weihenstephan, welche jedoch von weit geringerer Bedeutung ist als die eben erwahnten Weihen- stephaner Annalen. l

51. Fundationes monasteriorum Bavariae (Fund.).

Zu Arnpecks Quellen zahlt auch die von mir fest- gestellte Sammlung von Griindungsgeschichten bayerischer Kloster, ^Fundationes monasteriorum Bavariae",2 die urn das Jahr 1388 von eiuem Ungenannten, wahrscheinlich einem Monch von St. Emmeram zu Regensburg, angelegt worden ist. Von den in ihr enthaltenen Quellen erscheinen bei Arnpeck eben in der in jener Sammlung gegebenen Form folgende wieder:

a) Die Griindungsgeschichte des Klosters Benediktbeuern (Chr. Bur.).*

b) Die Griindungsgeschichte des Klosters Schlehdorf.4

c) Die Griindungsgeschichte des Klosters Wessobrunn (Fund. Wess.). 5

d) Die Notizen Rudolfs von Polling iiber Herzog Tassilo (Rud. Poll.).6

e) Aufzeichnungen aus St. Emmeram zu Regensburg.7

f) Die Griindungsgeschichte von Kloster Grafrath.8

g) Notiz aus Raitenbuch.9

h) Annalistische Notizen aus einem baye- rischen Minoritenkloster.10

1 Vgl. S. 145, Anm. 1.

Vgl. Neues Archiv XXIV, 671 ff. 8 Vgl. unten 8. 66, Anm. 1.

4 Vgl. S. 67, 15 ff.

* Vgl. 8. 81, Anm. 4. 8 Vgl. 8. 84, Anm. 5.

7 VgL S. 107 und 108; 132,35ff.

8 Vgl. S. 123, Anm. 5; 2o8,23ff.

9 Vgl. S. 159, Anm. 2.

■• Vgl. 8. 161, Anm. 3; 230, Anm. 5; 240, 9 ff. and Anm. 4 und 6; 245, Anm. 1, 3 und 8.

- XXXXIV -

i) Die Griindungsgeschichte von Kloster

Osterhofen. l k) Notiz iiber Kloster Mallersdorf.2 l)Notizen iiber die Vorgeschichte von

Kloster Scheyern.8 m) Griindungsnotiz aus Kloster Beuerberg.4 n) Auf zeichnungen aus Kloster Diessen.5 o) Notizen aus Kloster Oberaltaich.6 p) Kleine bayerische Annalen, vielleicht

aus Kloster Ebersberg.7 q) Osterhof ener Annalen.8 r) Aufzeichnungen aus Kloster Fiirstenfeld

(Not Fiirst.).* s) Notiz iiber die Griindung des Domini-

kanerklosters zu Landshut.10 t) Straubinger Annalen.11 u) Notizen iiber Klostergrundungen Kaiser

Ludwigs des Bayern.12 v) Genealogische Notizen zur Geschichte

der Wittelsbacher.13 w) Griindungsgeschichte des KlostersEttal.14 x) Ettaler(?) Chronik.15 y) Aufzeichnung aus Miinchen.10 z) Zerstreute Eintrage in den „Fundationesa.17

In enger handschriftlicher Verbindung mit den genannten „Fundationestt kommen einige Salzburger Geschichtsquellen vor, die von Arnpeck ebenfalls ausgebeutet wurden. Es sind neben der schon unter den benutzten Heiligenleben genannten

1 Vgl. S. 163, Anm. 6. » Vgl. 8. 164, Anm. 1. 3 Vgl. S. 194, Anm. 1.

* Vgl. S. 203, Anm. 1.

* Vgl. S. 203, Anm. 2 ; 208, Anm. 2.

6 Vgl. 6. 219, Anm. 2.

7 Vgl. S. 219, Anm. 8 ; 235, Anm. 1 ; 247, Anm. 5.

8 Vgl. oben 8. XXXX und unten S. 225, Anm. 4 ; 240, Anm. 5.

* Vgl. 8. 236, Anm. 1 ; 238, 12 ff. ; 252, 27 ; 255, 26. 31 ; 256, 8.

10 Vgl. S. 240, Anm. 3; 241, Anm. 4.

11 Vgl. 8. 247, Anm. 2; 249, Anm. 1; 251, Anm. 2[und 4; 284, Anm. 10; 301, Anm. 4; 306, Anm. 1 und 2.

11 Vgl. S. 254, 30 ff. ; 282, Anm. 3 und 5; 286, Anm. 2 ; 291, Anm. 5. 18 Vgl. 8. 255, Anm. 2 und 5; 256, Anm. 1. 14 Vgl. S. 296, Anm. 1.

16 Vgl. 8. 315, Anm. 3. ,fl Vgl. S. 330, Anm. 2.

17 Vgl. S. 235, Anm. 7; 247, Anm. 9 ; 303, Anm. 9; 330, Anm 3 und 4; 356, Anm. 6.

xxxxv

„Yita S. Yirgilii" und der „Translatio S. Martini" die wich- tigen Breves Notitiae Salisburgenses". Vgl. unten S. 82, Anm. 4 und 85, Anm. 1, dazu oben S. XXX.

52. Nekrologium des Angerklosters zu Miinchen.

Verschiedene Nachrichten zur Geschichte Mfinchens hat Arupeck aus dem Totenbuche des Miinchener Angerklosters bezogen, * in welches im 15. Jahrhundert der Franziskaner- quardian Hermann Sack auch eine kurze Chronik des Klosters eingetragen hat, die ihrerseits Indersdorfer Aufzeichnungen als Quelle gedient zu haben scheint. 2

53. Andreas von Regensburg, Chroniken (Andr.).

„Nullusque vero predictorum nee quisquam alius preter fratrem Andream canonicum regularem ordinis S. Augustini apud S. Magnum in preurbio Ratispone Bavarie principum tempora desudavit.a So nennt Arnpeck8 allein den Augustiner- chorherrn Andreas von Regensburg als seinen Vorganger auf dem Gebiete der bayerischen Geschichtschreibung. Wie man diese Angabe zu beurteilen hat, wird unten noch be- leuchtet werden. Nicht allein die lateinische Chronica de principibus terrae Bavarorum" des Andreas lieferte Arnpeck vielen St off, sondern auch des Andreas Chronica pontificum et imperatorum Romanoruma,4 und zwar nach einer Hand- schrift der Rezension C. Letztere Chronik finden wir sogar noch in umfassenderer Weise beniitzt als die bayerische Chronik des Andreas, der gegenliber eben Arn pecks Chronica Baioariorum" auf weit breiterer Grundlage aufgebaut war. Andere Werke des Andreas 5 hat Arnpeck in seiner lateinischen bayerischen Chronik nicht bentitzt. Den Schriften des Andreas

1 Vgl. S. 225, Anm. 2; 306, Anm. 3; 406, Anm. 2.

* Vgl. S. 188, Anm. 6. 8 &6,27ff.

* Vgl. meine Ausgabe der beiden Chroniken in Band I der Neuen Folge der vorliegenden ,Quellen und Erdrterungen*.

5 Konrads von Megenberg Chronik wird als Quelle zweimal, jedoch nur mit denselben Worten namhaft gemacht (unten S. 29, 19 und 55, 32), mit denen Andreas von Regensburg sich auf sie beruft; die ganzen Stellen sind also aus Andreas entnommen . Wenn Durrwachter in seiner Ausgabe der „Gesta Caroli Magni" S. 135 sagte, Arnpeck ,^itiere Megenberg gerne", so ist diese Aeusserung auf die soeben festgestellte Tatsache einzuschranken. £s fiodet sich kein Anhaltspunkt, der auf eine unmittelbare Benutzung von Megenbergs verlorener Chronik hin- deutet. Oder soil ten vieUeicht die Ausziige aus der Begensburger Schotten- legende in Kap. 1 und 2 des 3. Buches, die einen gewissen Zusammen- hang mit einigen von Konrad in seinem „Tractatus de limitibus paro-

XXXXVI -

scheint er hohen Wert beigemessen zu haben. Er schreibt dessen Text haufig auch da ab, wo er selbst eine von Andreas benutzte Quelle vor sich hatte, und gibt der Form, in welcher die betreffende Stelle durch Andreas iiberliefert war, den Vorzug vor der urspriinglichen Fassung.

Zu bemerken ist, dass Arnpeck auch die von mir fest- gestellten Oberaltaicher (oder Straubinger) Zusatze zu den Ausziigen aus der Fortsetzung der Chronica pontificum et imperatorum Romanorum" des Andreas, wie sie sich in dem elm. 9503 finden, benutzt hat.1

54. Necrologium Raitenhaslacense.

Eine Anzahl von Notizen zur Genealogie von Mit- gliedern des wittelsbachischen Furstenhauses stammt offen- bar aus nekrologischen Aufzeichnungen des Klosters Raiten- haslach, einer Begrabnisstatte der Wittelsbacher, und zwar sowohl aus dem Appendix zum „Liber defunctorum genea- logicus" wie aus dem eigentlichen „Necrologiuma des Klosters.2

55. Breve chronicon monasterii Starasensis (Chr. Stams.).

In dem tirolischen Kloster Stams im Inntal wurden nach der,Mitte des 15. Jahrhunderts hauptsachlich fiber die zahlreichen dort begrabenen Hitglieder furstlicher Familien kurze chronikalische Aufzeichnungen gemacht.3 Arnpeck hat manche Nachricht aus ihnen geschopft und Vertrauen auf ihre Zuverlassigkeit gehabt.4

56. Chronik von Andechs (Chron. And.).

Stark benutzt ist die deutsche Chronik des Klosters Andechs,5 welche in mehreren Inkunabeldrucken unter dem Titel „Von dem Ursprung und Anfang des heiligen Bergs

chiarum Ratisponensium" der Legend e gegenuber bestrittenen Angaben (vgl. oben S. XXXVIII) auf weisen, mitdiesen in Konrads Sinn abgeanderten Stellen so in dessen Chronik enthalten gewesen und von Arnpeck von dorther iibemommen worden sein ? Fflr diese Vermutung sprachen die vielen stilistiscben Veranderungen der Auszuge gegeniiber dem Texte der Schottenchronik, Aenderungen, die eher Konrad zuzutrauen sind als dem glatt abschreibenden Arnpeck. Ich bemerke hiebei, dass ich meine fruner geausserte Meinung von dem einstigen Vorhandensein einer von dem „Tractatus de limitibus parochiarum Ratisponensiumu ver- schiedenen Chronik Konrads von Megenberg anderen Behauptungen gegenuber immer noch vollkommen aufrecblerbaite.

1 Vgl. S. 408, Anm. 1.

» Vgl. S. 357, Anm. 1, 5 und 7 ; 361, Anm. 4 und 5; 362, Anm. 3.

8 Vgl. 8. 234, Anm. 3.

* Vgl. S. 311, 14, wo durch eine Stamser Nachricht eine aus einer andern Quelle stammende widerlegt wird.

* Vgl. S. 123, Anm. 4.

XXXXVII

und der Burg Andechs"1 oder., Chronik von dem hochwiirdigen und loblichen Heiltum auf dem heiligen Berg, Andechs ge- nannt, zu Oberbayern" - verbreitet war.8

57. Hans Ebran von Wildenberg, Chronik von den Fiirsten aus Bayern (Ebran).

Es mag uns zunachst ratselhaft erscheinen', warum Veit Arnpeck von Schriftstellern, die vor ihm bayerische Geschichte behandelt haben, in der vorhin4 angefiihrten Stelle einzig und allein den Andreas von Regensburg ge- nannt hat, wahrend er doch die Chroniken der beiden Schrift- steller, die wir heute als seine unmittelbaren Vorlaufer in der bayerischen Landeschronistik betrachten, Hans Ebran von Wildenberg und Ulrich Fuetrer, nicht bloss gekannt, sondern auch in weitestem Umfang wortlich ausgeschrieben hat. Die Erklarung fi'ir die Unterlassung der Erwahnung ihrer Namen in jenem Zusammenhang dttrfte abgesehen von der allgemeinen Abneigung des mittelalterlichen Schrift- stellers gegen Quellenangaben vielleicht darin zu suchen sein, dass Arnpeck zwischen dem gelehrten, in lateinischer Sprache geschriebenen und dem volkstumlichen in deutscher Sprache abgefassten Werk einen trennenden Unterschied erblickte, der es ihm verbot, jene deutschen Chroniken auf dieselbe Stufe mit sein er lateinischen Chronik und der eben- falls lateinischen des Andreas zu stellen. Ich bin mir be- wusst, dass diese Erklarung, besonders ira Hinblick auf Arnpecks deutsch geschriebene bayerische Chronik eine schwache ist, und verhehle mir nicht, dass doch vielleicht andere, raoglicherweise personliche Gesichtspunkte unseren Chronisten veranlassten, die Namen jener beiden Schrift- steller nicht in dem angefiihrten Zusammenhang zu nennen.

Die treffliche „Chronik von den Fiirsten aus Bayern" des frommen Hitters Hans Ebran von Wildenberg5 ist von

1 Drei verschiedene Drucke (in unterschiedlichem Rot- oder Schwarz- druck und mit Unterschieden in der Schlusschrift) von Johann Bamler zu Augsburg vom Jahre 1473 (Hain* 972) und ein Druck von demselben ohne Jahresangabe (Hain* 971).

* Druck von Johann Schonsperger zu Augsburg ohne Jahres- angabe (Hain* 969). Der Druck der Andechaer Chronik von Lukas Zeyssenmayr, zu Wessobrunn hergestellt (Hain* 970), gehSrt neuerer Forachung zufolge nicht mehr in die Inkunabelzeit.

8 Ich bemerke hier nebenbei, dass ihr Verfasser die Scheyerer Furstentafel benutzt hat.

4 8. XXXXV.

6 Vgl. die Ausgabe von Friedrich Roth in Band II, Abt. I dieser „Queilen und Erdrterungen".

XXXXVII1

Arnpeck in umfassender Weise ausgeschrieben worden, ohne dass der Verfasser iiberhaupt je erwahnt worden ist. Es ist kaum anzunehmen, dass Arnpeck nicht gewusst baben sollte, wer die schone Chronik verfasst hat, zumal Hans Ebran von Wildenberg am Landshuter Hofe eine nicht un- bemerkenswerte Rolle spielte. In seiner Chronik selbst aller- dings ist Ebrans Name nicht genannt.1 Aber schon Aventinus hat ihn ruhmend hervorgehoben.2

Man hat die Frage aufgeworfen, welche der beiden Formen, in denen Ebrans Chronik handschriftlich uberliefert ist, von Arnpeck benutzt worden sei. Roth3 ist zu dem Schlussegekommen, dass Arnpeck ein Exemplar der Ebranschen Chronik zuhanden hatte, in dem einige der die erste Redaktion erweiternden Zusatze bezw. die ihnen zu Grunde liegenden Quellenabschriften bereits eingetragen oder eingelegt waren, wahrend andere sowie die Fortsetzung und wohl auch die Vorrede noch fehlten. Dass die Vorrede fehlte, kann nicht richtig sein wie ich hier vorgreifend bemerke im Hinblick auf den Anfang der deutschen Chronik Ampecks,4 welcher unzweifelhaft dem Anfang der Chronik Ebrans nach- geschrieben ist. Von den als zweite Redaktion zu be- zeichnenden Zusatzen aus Ebrans Chronik flnden wir in Arnpecks lateinischer Chronik in der Tat eine ziemliche Anzahl unmittelbar benutzt,5 wahrend andere Teile der zweiten Redaktion nicht verwendet sind, obwohl man an- nehmen darf, dass sie mit abgeschrieben worden waren, wenn sie schon in dem Arnpeck vorliegenden Ebranschen Text enthalten gewesen waren. Man vergleiche z. B. (die gesperrt gedruckten Worte gehoren der zweiten Redaktion von Ebrans Chronik an):

Ebran 99,4: ... so zoch der obgedacht hertzog Welfo von Beirn mit grosser macbt wider den keiser fur die statAugspurg und wollt nicht bedencken die gtittat, so im von dem keiser beschehen was, und

Arnpeck 158,36:* Anno domini 1083. dux Guelfo sua potencia contra imperatorem civitatem Augustam

1 Vgl. Roth S. XXXII.

* Samtliche Werke II, 115 und IV, 581. » A. a. O. 8. LXXXT.

4 Unten 8. 447.

* Unten 8. 22, 31 ; 28, 10; 29, 9; 33, 2d ; 101, 4. 25; 103, 17 ; 105, 10. 12; 108,18; 226, 7 ff.; 300,14; 343,20ff.

B Vgl. den entsprechenden deutschen Text 8. 493,26ff.

XXXXIX

obsedit, per famulos civitatis cepit, muro8 eiu« solo equavit'et capta magna preda egreditur.

belegt die. die Biatt ward im uber- geben tod der stat diener. do lies er die statmawr niderprechen auf den grunt und fuer da wider aus mit einem grossen rawb.

Die durftige Fortsetzung Ebrans aber finden wir in Ampecks lateinischem Texte zweifellos beniitzt,1 wenn auch nur in geringem Masse. Roths obige Annahme ist also dahin abzuandern, dass Arnpeck Ebrans Chronik mit vielen Zusatzen der zweiten Redaktion, mitVorrede und Fortsetzung zur Verfligung hatte. Einzelne spatere Zusatze und Aende- rungen Ebrans mogen damals noch gefehlt haben. Da die zweite Redaktion der Chronik Ebrans urn das Jahr 1490 erfolgt sein diirfte,2 ergeben sich fur unsereMeinung durchaus keine zeitlichen Bedenken.

58. Ulrich Fiietrer, Bayerische Chronik (Fuetr.). Die am 3. Juli 1481 abgeschlossene Chronik des Malers

und Dichters Ulrich Fiietrer8 wurde von Arnpeck in ahn- licher Weise ausgebeutet wie die Chronik Hans Ebrans von Wildenberg. Wahreud Arnpeck aber den Letzteren nirgends als seinen Gewahrsmann bezeichnete, ist Fiietrer wenigstens einmal als solcher genannt, bei der Erzahlung vom Aufstand zu Landshut 1410,4 wo Arnpeck den Schilde- rungen des Andreas von Regensburg und Fiietrers eine selbst gehorte gegenuberstellt. Ueber die Handschrift, die Arnpeck von Fuetrers Chronik beniitzte, wird unten bei den Quellen der deutschen Chronik gesprochen werden.

Da Ulrich Fiietrer selbst Ebrans Chronik zur Verfugung hatte,5 sind manche der Ebran'schen Textteile in der Form, welche sie in Fuetrers Chronik erhalten haben, zu Arnpeck gewandert. Meistens lasst sich in solchen Fallen genau erkennen, was unmittelbar aus Ebrans Text genommen ist und was erst auf dem Umweg iiber Fiietrer in Ampecks Chronik gelangt ist.

59. Annales Saeldentalenses (Ann.Saeld.).

Die unbedeutenden Annalen des Klosters Seligental (Saeldental) in Landshut, die in das Nekrologium dieses

1 Vgl. unten S. 261, 14; 262,29.36; 263,22; 269, 18 ff.; 278,24ff.; 280,24; 281, 3 ff.; 364,3; 409,28.

7 Roth S. XXXVIII.

8 Vgl. Spillers Ausgabe in Band II, Abt. II dieser Neuen Folge der „Quellen und ErSrterungen".

* Unten S. 359,29.

1 VgJ. Spiller a. a. O. S. XXXIV.

Quellen a. Erflrterungwi N. F. III. IV

L

Klosters eingetragcn worden sind, standen dem Landshuter Priester Arnpeck offenbar zur Verfiigung, wie sich aus mehreren Stellen erkennen lasst.1 Auch das Nekrologium selbst wurde von ihm beniitzt.2

60. Antoninus von Florenz, Weltchronik (Anton. Flor.).

Bei der Schilderung der Schlacht von Miihldorf zitiert Arnpeck eine neue Quelle mit den abgekurzten Worten : „Hec An. Flor. 4." 3 Diese Quelle ist die Weltchronik des hi. Antoninus, Erzbischofs von Florenz. Arnpeck hat sie wahrscheinlich in einer Druckausgabe benutzt. Sie war 1487 in zwei Foliobanden zu Venedig (Copinger 487), in je drei Foliobanden zu Nurnberg 1484 (Hain* 1159) und 1491 (Hain* 1160), sowie zu Basel 1491 (Hain* 1161), also viermal schon zu Arnpecks Lebzeiten, erschienen, spater wurde sie uoch ofters gedruckt. Er hat sie nur fur die Darstellung der Schlacht bei Muhldoif verwendet;4 weitere entlehnte Stellen konnten zunachst nicht nachgewiesen werden. Die Benutzung der unilbersichtlichen , umfang- reichen Folianten war ihm wohl zu muhsam. Antoninus von Florenz hat seinerseits die florentinischen Geschichten des Giovanni Villani benutzt, und so erscheinen bei dera deutscheu Chronisten Arnpeck auf dem Umweg tiber Antoninus einzelne Angaben uber die Schlacht von Miihldorf wieder, welche in der italienischen Ueberlieferung Villanis von Wert sind.

61. Thomas Lirer, Schwabische Chronik (Lirtr). Bisher nicht erkannt war die Tatsache, dass Arnpeck

die Schwabische Chronik des Thomas Lirer von Rankweil

benutzt hat. Wir finden die bis 1462 reichenden Angaben

dieser in deutscher Sprache erzahlenden Quelle mehrfach

verwertet. Ich zitiere sie nach den Blattsignaturen des

Inkunabeldruckes von Konrad Dinckmut zu Ulm vom Jahre

1486 (Hain* 1011 7).6 Von Dinckmut besitzen wir noch

zwei weitere Druckausgaben der Chronik, eine ohne Ort

und Jahr (Hain* 10116) und eine weitere Ulm ebenfalls

1486 (Hain* 101 18).6 Vielleicht hat Arnpeck eben einen

dieser Drucke zur Hand gehabt, nicht eine Handschrift.

1 Vgl. 8. 226, Anm. 2 ; 236, Anm. 9.

9 Vgl. S. 242, Anm. 3; 248, Anm. 1; 362, Anm. 5.

3 Unten 8. 288, 13.

4 Vgl. auch 8. 286, Anm. 6.

5 Vgl. S. 182, Anm. 1.

B Eine Ausgabe der Chronik „Getrugt zu Strafiburg vff Grfineck" (Hain* 4993) ist um 1499-1500 zu setzen.

LI

62. Jakob Twinger von Konigshofen, Chronik (Konigsh.).

Gleichwie vielen anderen Chronisten des 15. Jahr- hunderts so diente auch unserem Arnpeck die in deutscher Sprache geschriebene Chronik des Strassburger Chronisten Jakob Twinger von Konigshofen als Quelle.1 In zahlreichen Handschriften hatte dieses Geschichtswerk in Slid- und Westdeutschland Verbreitung gefunden, und von den sieb- ziger Jahren des 15. Jahrhunderts an erschien die Chronik, allerdings mit mancherlei Veranderungen, in mehreren Aus- gaben auch im Druck. Arnpeck hat den Text des Jakob von Konigshofen in der Form beniitzt, wie ihn die Inkunabel- druckeHain*9792,*9793,*9794 (nicht* 9791) bieten, hat also mit grosster Wahrscheinlichkeit einen dieser Drucke selbst vor sich gehabt.2 Da sowohl Hans Ebran von Wildenberg wie Ulrich Fiietrer Konigshofens Chronik beniitzt haben und Arnpeck selbst dieselbe Quelle besass, erscheint manche Geschichte bei Arnpeck bald mit den eigenen Worten Konigs- hofens, bald in der von Ebran oder Fiietrer gegebenen Fassung, bald in Textmischung von zweien von ihnen oder gar von alien dreien.

63. Jacobus Philippus von Bergamo, Supple- mentum Chronicarum (Joe. Ph. Berg.).

Ebenfalls durch eine Anzahl von Druckausgaben ver- breitet war die Chronik wieder eines Italieners, des Jakobus Philippus von Bergamo aus dem Orden der Aijgustiner- Eremiten. Diese Chronik, betitelt „Supplementum Chroni- carum", hatte der Verfasser 1483 beendigt, und noch in demselben Jahre war sie zu Venedig im Druck erschienen.3 Arnpeck, der ihren Verfasser zweimal als „Frater Jacobus Philippus" zitiert,4 das zweitemal den Titel des Werkes

1 Auagabe von Hegel in Band VIII und IX der Chroniken der deutschen Stadte.

* Diese Ausgaben sind alle zu Augsburg gedruckt, und zwar 1476 bei Johann Bander, 1480 bei Anton Sorg, 1487 bei Hans Schonaperger. Ich benfitzte zur Vergleichung, wo nicht auf die unten sod at angegebenen Seitenzahlen der Ausgabe von Hegel verwiesen werden konnte, den Bamler'schen Druck.

* „IiDpres8um per Bernardinum de Benaliis." Ich zitiere unten nach der Zam der Biicher der Chronik und gebe dazu gleichzeitig die Biattzahl dieser Druckausgabe an (Hain * 2805). Die ubrigen Inkunabei- Drucke erschienen zu Brescia 1485, Venedig 1486, 1490 und 1492, ausser- dem eine italieniache Uebersetzung zu Venedig 1488 und 1491.

* Unten 8. 101,36; 118,34.

IV*

- LII -

dazusetzend : „in supplemento cronicarum", hat ihm viele Nachrichten unmittelbar entnommen; andere Teile daraus sind auf dem Umweg uber Hartmann Schedels Weltchronik, fur welche die italienische Chronik eine Hauptquelle war, in der leicht geanderten Form, die der Niirnberger Kompilator ihnen gegeben hatte, zu Arnpeck gelangt.

64. Notae Undendorfenses (Not.Und.).

Bei den guten Beziehungen, in denen Arnpeck zu Kloster Indersdorf stand,1 ist es nur natiirlich, dass er auch aus dortigen geschichtlichen Aufzeichnungen schopfte, chroni- kalischen Notizen, die sich in dem Indersdorfer Nekrologium eingetragen finden.2 Sie sind bisher nur ungeniigend ver- offentlicht und wiirden eine eindringende Untersuchung ver- dienen.

Neben diesen Aufzeichnungen scheint ihm Indersdorf auch noch andere geliefert zu haben,8 die sich in dorther stammenden Handschriften nicht mehr nachweisen lassen. Ausserdem bringt Arnpeck Angaben, die auf miindlicher Mitteilung aus Indersdorf beruhen miissen.4

65. Enea Silvio, Europa (E. Silv., Europa).

In der iiberschwanglichsten Weise wird von Arnpeck in der Widmung an Bischof Sixtus von Freising Enea Silvio als Kosmograph gepriesen 5 und ihm im Vergleich zu vielen anderen geographischen Schriftstellern , die Arnpeck alle gelesen J^ben will, die Palme zugesprochen. Leider wieder nur mit erborgten Worten, die, wie ich bei meinenForschungen glucklich feststellen konnte, von einem Andern stammen.

Michael Cristan von Konstanz, Kaplan von Bernrain, war von dem Memminger Buchdrucker Albert Kunne (von Duderstadt) aufgefordert worden, Enea SilviosWerk „Europa" von den Fehlern, welche eine Abschrift enthielt, zum Zweck einer Druckausgabe, die der betriebsame Memminger Buch- drucker veranstalten wollte, zu reinigen. Das tat Cristan, und er schrieb ausserdem zu dieser Ausgabe eine Vorrede, in welcher er das Buch seinem Bischof Otto von Konstanz (1475—1491) widmete. Der Druckband entbehrt der Angabe

1 Vgl. oben S. XXVIII.

* Vgl. unten S. 188, Anm. 6; 235, Anna. 12; 408, Anm. 2. 3 Vgl. S. 198, Anm. 2 und 3.

* S. 420,25; vgl. dazu S. 676, Anm. 2. 5 S.5,25ff.

LIII

der Jahreszahl. Nach Proctor's Typenvergleichungen1 ist die Inkunabel im Jahre 1486 gedruckt.' Die erwahnte Vorrede des Kaplans Michael Cristan lautet (unter Hinweg- lassung der fur uns nicht in Betracht kommenden Teile) folgendermassen :8

„Reverendissimo 4 in Cristo patri et domino, domino Ottoni dei gratia Episcopo Constantiensi ex Gomitibus in Sunnenberg Michael Cristan de Constantia presbyter capel- lanus in Bernrain sese commendat. Perlustranti 5 mihi, colen- dissime presul, eos, qui de Cosmographia scripserunt, Ptholo- meum, Strabonem, Plinium, Mellara, Diodorum Siculum, Dyonisium Alexandrinum , Solinum et ceteros plerosque huius rei scios, nemo unquam articulatius, tanta copia et familiaritate Europam absolvisse videtur quam Aeneas Silvius, quern Sacer Senatus Cardinalium patrem patrie constituens Pium secundum appellavit. Is eas provincias Europe, que ab omnibus Cosmographis negligenter vel incuria, vel inscitia preterite fuerunt, sic argute, copiose et ornate cum inser- tione rerum gestarum nostre memorie descripsit, ut, si hii, quos supra nominavi, reviviscerent, palmam, credo, sibi darent . . . Itaque . . . hunc libellum6 discussi et, quoad potui, sollerter examinavi atque sic limatum paternitati vestre, Keverendissime, dico et offero tanquam ei, quem scio huic opusculo potissimum eo aftici, quod in ipso preclara facinora principum Europeorum sub optimis auspiciis divi Friderici Romanorum imperatoris semper augusti gesta con- tinentur . . ."

Und nun vergleiche man, wie Arnpeck diese Satze in seiner Widmung abgeschrieben hat: unter weitgehendem Verzicht auf Selbstandigkeit hat er damit allerdings das schlimmste Stuck seiner Kompilatorentatigkeit geleistet, zumal wir, wie schon oben S. XXIX erwahnt wurde, keinen der genannten alten Schriftsteller von ihm benutzt finden. Wenn er Plinius, Solinus, Strabo, Ptolemaeus und Pomponius

1 In seinem „Index to the early printed books in the British Museum" I, 183.

* Damit ist die Angabe ,,1490" in Potthast's Bibliotheca hist, med. aevi I, 104 hinfallig. In Haiti's „Repertorium bibliographic um" ist die Inkunabel unter Nr. *258 yereeichnet.

s Sie findet sich auch in dem Nachdruck der „Europa", der 1501 zu Venedig erschien.

4 Vgl. unten S. 3, Anm. 1.

Vgl. S. 5,25ff. 6 Vgl. 8.6, 3ff.

- LIV -

Mela noch an andern Stellen zitiert,1 so sind dieseAngaben selbst auch wieder nur dem Texte der „Europaa-Ausgabe des Michael Oris tan und Scbedels Weltchronik entnommen.

Arnpeck erinnert hier lebhaft an den Luzerner Chro- nisten Melchior Russ, der ebenfalls nicht davor zuriick- scheute, die Vorrede seines Werkes aus einer fremden Schrift, dem „Burgunderkriega Alberts von Bonstetten, sich anzu- eignen.2

Wie mein Quellennachweis unten im einzelnen zeigt, ist Enea Silvios „Europaa in Arnpecks ^Chronica Baioarioruma immerhin nicht so sehr unmittelbar benutzt worden, wie man nach dem Auftakt in der Widmung erwarten wtirde. Mittelbar aber sind viele Stticke der „Europatt doch dahin gelangt durch die unter Nr. 69 zu besprechende Weltchronik Hart- mann Schedels , der seinerseits die „Europatt in seinem Werke stark ausgebeutet hatte.

66. Enea Silvio, Historia bohemica (E. Silvio, H. boh.).

Noch ein zweites Werk des Enea Silvio, seine „Historia bohemica*4, eine der Hauptquellen Arnpecks ftir die unten S. 707 ff. abgedruckte osterreichische Chronik ist auch ftir ein paar Abschnitte der Chronica Baioariorum" verwertet worden.3 Vgl. unten den Quellennachweis zur osterreichischen Chronik.

67. Johann von Thurocz, Chronica Hungarorum (Thurocz).

An verschiedenen Stellen gibt Arnpeck als seine Quelle eine ^Chronica Hungarorum*4 an.4 Einmal5 bezeichnet er diese ungarische Chronik als „Auguste impressa*4. Es ist zweifellos, dass damit keine andere gemeint ist, als die des Johann von Thurocz, welche im Jahre 1488 zu Augsburg durch Erhard Ratolt auf Kosten des Ofner Burgers Theobald Feger der Oeffentlichkeit durch den Druck ubergeben wurde.6 Dass Arnpeck gerade diesen Augsburger Druck benutzt hat, beweist ausser seiner eigenen Angabe die Uebernahme

1 S. 18,21.; 21,1. 24 ff.; 22,4; 26,12.35; 27,30; 31,22 ; 49, 19.22. 1 Lorenz, Deutschlands Geschichtsquellen I*, 125/26. S. 409 ff.

4 S.39,9; 82,2; 114,24; 129,2; 167,37; 169,14; 244,18. 6 S. 114,24.

" (Hain 155181 Es gibt auch einen Druck von Brtinn 1488 (Hain* 15517).

LV

vieler Druckfehler dieser Ausgabe. Die entlehnten Abschnitte und Stellen sind sehr zahlreich. Unten wurde nach den Blattbezeichnungen des Inkunabeldruckes zitiert.

68. Die Klosterneuburger Tafeln (Tab. CL).

Wie ich erst nach Drucklegung der ^Chronica Baioari- orum* feststellen konnte, finden sich in dieser auch einzelne Stellen, die hochstwahrscheinlich auf den 1491 zu Basel erschienenen Druck der Klosterneuburger Tafeln zurfick- gehen, eine der Hauptquellen des „Chronicon austriacum", iiber die ausfiihrlicher unten bei dem Quellennachweis zu letzterem gesprochen werden wird. Man vergleiche z. B. S. 136, Anra. 3 mit Tab." CI. a 3 und unten S. 714, Anm. 1; S. 166,2, wo vielleicht die Worte „frater uterinus* aus Tab. CI. a 6 = unten S. 733, 14 stammen (die Tab. CI. haben ihrerseits Ottos vonFreising„Chronicaa beniitzt); S. 174,30ff. mit den Worten der Tab. CI. c5': „Heinrich der jiinger und hoffertig, hertzog von Saxsen zu Praunsweig und zu Pairen , Westfalen und Enngern hertzogen , pfaltzgraffen bey Eeintt usw.; S. 181, 1 und 22/23 mit unten S. 732, Anm. 3; S. 207, 1 mit unten S. 748, Anm. 4.

69. Dr. Hartmann Schedel, Weltchronik (Sched.). Im Jahre 1493 war von Anton Koberger zu Ntirn-

berg gedruckt des Niirnberger Arztes und Polyhistors Dr. Hartmann Schedel Weltchronik erschienen. Alsbald scheint Arnpeck in denBesitz eines Exemplars der lateinischen Ausgabe gelangt zu sein. Ein grosser Teil von Arnpecks Widmung l stammt aus der Weltchronik, und zwar bemerken wir, dass schon Teile der Originalhandschrift, welche nach den oben S. XIV ff. gemachten Feststellungen vor der Ende Januar 1494 erfolgten Rubrizierung niedergeschrieben sind, namlich der Schluss von F. 1' und das ganze F. 2, dorther entnommeu sind.2 Man erkennt daraus deutlich, dass Arnpeck das 1493 erschienene Werk des Niirnberger Humanisten, sofort nachdem es aus der Presse hervorgegangen war, 8 beniitzte. Er schrieb daraus insbesondere ganze Kapitel uber hervorragende Stadte und Landesteile ab, jene be-

1 Was Riezler, Geschichte Baierns III, 895/6 als bemerkenswerte Aeueserong Arnpecks hervorgehoben hat, ist aus Schedels Weltchronik entnommen (vgl. unten S. 4, 23 31).

* Unten S. 4,14-5,20.

8 Ala Erscheinungsdatum hat der in der Schlusschrift des Bandes als Tag der VoJlendung des Druckes genannte 12. Juli 1493 zu gelten; vgl. Haitx, Hartmaon SchedeFs Weltchronik, S. 6, Anm. 1 und 6.

LVI

kannten Beschreibungen, um derentwillen wir heute noch Schedels Chronik besonders schatzen und die auch den ersten Buchern von Arnpecks Chronik ein humanistisches Aussehen geben.1 Alle diese Kapitel sind fast ohnc jede Aenderung von Arnpeck wortlich abgeschrieben worden; nur wenige Zusatze aus anderen Quellen sind hinzugefugt, aus eigenem Wissen fast nichts. Imraerhin ist Schedels Art, die Stadte zu beschreiben, nicht ohne Einfluss auf Arnpeck geblieben und hat ihn offenbar insbesondere zu den Schilderungen seiner Heimatstadte Freising und Lands- hut veranlasst. Fiir die Beschreibung von Freising2 hat Arnpeck allerdings wieder zu einem ziemlichen Teil auf eigenen Ausdruck verzichtet und den Text aus Ottos von Freising Chronik abgeschrieben. Die Beschreibung von Landshut3 jedoch diirfen wir wohl als nicht libel gelungene Nachahmung der Vorbilder in Schedels Weltchronik betrachten.

Da Hartmann Schedel selbst ein ahnlicher Kompilator war wie Arnpeck, brachte seine Weltchronik auch Textteile aus solchen Quellen, welche Arnpeck ebenfalls unmittelbar beniitzte, so dass sich letzterer manchmal vor die Wahl gestellt sah, ob er den urspriinglichen oder den Schederschen Text iibernehraen sollte. Besonders haufig kara er in diese Lage bei der Beniitzung der Chronik des Jacobus Philippus von Bergamo, den Schedel fast ganz ausgeschrieben bat, und ebenso der „Europaa des Enea Silvio, die von Schedel nicht bloss beniitzt,4 sondern deren ganzer Text aussenlera noch am Schlusse der Weltchronik abgedruckt worden ist.

Ausser den bisher aufgefuhrten erzahlenden Geschichts- quellen hat Arnpeck, vom Freisinger Traditionsbuch ab- gesehen, auch eine Anzahl von Urkunden- und Brief- texten beniitzt, sei es, dass er ganz oder teilweise ihren Wortlaut iibernahm,5 sei es dass er nur bestimmteEinzelheiten

1 Vgl. die Kapitel iiber den Hercynischen Wald (unten S. 20), Mainz (S. 25), Augsburg (S. 27), Regensburg (S. 29), Nurnberg (S. 30), Aquileja (S. 35), Salzburg (S. 49).

2 Unten S. 60 ff. Der Text gehort den nach der Rubrizierung eingefugten Teilen an.

3 Unten S. 220 ff. Ebenfalls nach der Rubrizierung eingefugte Blatter. Vgl. oben 8. XVI.

4 Daher konnten friihere Benutzer von Arnpecks Chronik, Aventin und ein Unbekannter, Stellen als mit Enea Silvios Worten ii herein - stimmend bezeichnen (unten S. 5, 42 und 4,33), von denen wir jetzt im Zusammenhang sehen, dass sie unmittelbar aus Schedels Weltchronik entnommen sind.

6 Vgl. S. 177,17ff., dazu 179, Anm. 2; S. 253,13ff.; 378,29ff.; 415, Anm. 5 und 7; 416, Anm. 4; 427, Anm. 3; 431,8ff.; 438, 3ff.

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aus ilinen sich zu eigen machte.1 Man darf wohl verrauten, dass ihm das Archiv der Bischofe von Freising zuganglich gewesen 1st.

Ein Zitat, das zur Meinung verleiten konnte, Arnpeck habe ein Werk Gregors des Grossen beniitzt, findet sich in der Geschichte der Langobardenkonigin Theodelinde.* Es ist aber so, wie es lautet, nur aus dem Texte des Andreas von Regensburg herubergenommen.

Auf das Nekrologium des Klosters Seon scheint eine Notiz in dem Stammbaume der Grafen von Andechs* zuriickzugehen ; doch ist es fraglich , ob Arnpeck jenes Nekrologium unmittelbar beniitzt hat.

Eine Stelle zum Jahre 12254 nahert sich dem Wortlaute nach sehr dem Texte der kleineren Schaftlarner Jahr- blicher,5 ohne dass jedoch deren Beniitzung sonst nach- weisbar ware.

Auch eine Angabe, welche in des Jordanus von Osna- briick Traktat: „De praerogativa Komani imperii" sich findet, scheint auf mittelbarem Wege in Arnpecks Text gekommen zu sein.6

Nur zitiert, nicht selbst beniitzt ist mit den Worten „Item Plutarchum de viris illustribus in fine" am Schlusse des 2. Kapitels des 3. Buches die in Inkunabeldrucken er- schienene lateinische Plutarchausgabe des Giantonio Campano. Diesen Drucken war die lateinische Vita Caroli Magni des Florentiners Donato Acciaiuoli beigegeben, auf welche Arnpeck mit dem erwahnten Zitat verwies.7

Wenn es in der vorliegenden Ausgabe auch gelungen sein diirfte, die Quellen Arnpecks zu seiner „Chronica Baioari- orum" in ausgedehntestem Masse nachzuweisen,8 so bleibt immerhin noch eine Anzahl Stellen iibrig, von denen an- genommen werden muss, dass sie nicht Eigentum Arnpecks

1 VgL S. 169, Anm.2; 245,30ff.; 254, Anm.2; 373,32ff.; Be- nch tigung zu S. 104, 12.

7 8.45,28.

8 Vgl. S. 204, Anm. 1. 4 S. 225, 3.

* Annates Scheftlarienses minores(Mon.Germ. hist., SS. XVII, 343): „Et fames valida fuit et pestilencia magna/4 8 Vgl. S. 97, Anm. 2.

7 Vgl. S. 100, Anm. 4.

8 Wie bedeutend die dabei geleistete Arbeit ist, erkennt man wenn man die alten Angaben uber Arnpecks Quellen vergleicht be Semler, Histor. Abhandlungen (1782), S. 47; Aretin, Literariscnes Hand- buch fur die baieriscbe Geschichte I (1810), 155; in Joetze's und in meiner Dissertation 1893.

LVIII

sind, deren Herkunft jedoch zunachst nicht festgestellt werden konnte. Ihren Ursprung ausfindig zu machen, und zu be- stimmen, welcher Wert ihnen beizulegen ist, muss weiterer Forschung vorbehalten bleiben. Gewahrt es doch besonderen Reiz, ihrer Aufspurung nachzuhangen. Manche davon ist vielleicht iiberhaupt verloren. Ich habe mich in solchen Fallen meist darauf beschrankt, die Anmerkung: „Quelle?" zu machen. Manchesraal kann auch eine bestimmte Ver- mutung geaussert werden, z. B.:

Auf eine Spur der Beniitzung verlorener Annalen des 13. Jahrhunderts habe ich unten S. 226, Anm. 1 hingewiesen.

Auf unbekannte Quellen aus der Zeit Kaiser Ludwigs des Bayern bin ich an mehreren Stellen gestossen. Vgl. unten S. 292, Anm. 5; 293, Anm. 4.

Eine weitere unbekannte Quelle habe ich unten S. 24, Anm. 3 festgestellt. Sie behandelt u. a. die Namen Regens- burgs im Mittelalter und steht in Zusammenhang mit den Angaben Konrads von Megenberg und Andreas' von Regens- burg ; dabei zeigt sie jedoch auch selbstandige Ziige. Mit den entsprechenden Angaben in den oben S. XXXVIII erwahnten „Gesta Caroli Magni" und deren deutscher Bearbeitung „Legende von Kaiser Karls Streit vor Regensburg" hat sie nichts zu tun. Sollte es sich vielleicht urn die unten bei der Quellenuntersuchung der deutschen Chronik zu beruhrende verlorene Chronik des Garibaldus handeln?

Auf Scheyerer Ueberlieferungen diirften die Geschichten von Herzog Arnulf „dem Bosen" und dem hi. Ulrich in Kapitel 20 des 3. Buches1 zuruckzufubren sein, auch manche Einzelheit zur Geschichte von Scheyern in den Anfangs- kapiteln des 5. Buches.

Eine von mir nicht festgestellte Quelle scheint sich in ausgedehntem Masse mit der Geschichte der Pfalzgrafen bei Rhein zu beschaftigen.2 Sie durfte fabulierender Gelehr- samkeit des 15. Jahrhunderts entsprungen sein, kaum in Bayern, sondern wahrscheinlich in rheinischer Gegend.

Vielleicht dem gleichen Werke durfte Kapitel 24 des 2. Buches : „De maiore domus Francorum" entstammen,3 das ebenfalls gelehrten Anstrich hat. Es scheint mir durchaus nicht Arnpecks Eigentum zu sein, doch habe ich mich ver- geblich bemiiht, es anderswo zu finden.

1 S. 119 ff.

7 S. 23,20 ff.; 227,14ff.

» S. 68,21 ff.

L1X

Bei der Geschichte der Karolinger und sachsischen Kaiser usw. finden sich fabelhafte Angaben, deren Herkunft ich nicht ausfindig machen konnte.1 Wieder scheint es sich urn gelehrte Quellen des 15. Jahrhunderts zu handeln. Arnpeck macht dabei an einer Stelle* deren Titel namhaft: „ut patet ex bistoria Saxonum et libro, ubi gesta Karolorum describuntur" und an anderen Stellen sagt er von der erst- genannten Quelle wieder: „ut habetur cronica Saxonum"8 und „prout in historia Saxonum continetur".4

Fiir die Geschichte des Verhaltnisses der bayerischen Fiirsten zu Tirol vom Tode des Kaisers Ludwig an bis zu dem seines Enkels, des Herzogs Stephan von Ingolstadt (1413), bilden Arnpecks Angaben uber die Ereignisse in diesem Zeitraum, in welchem Bayerns Fiirsten um den Besitz des stammesangehorigen Landes rangen, eine oft zitierte, wenn auch vielfach angegriffene Quelle. Heftige Vorwiirfe iiber offenbare Fehler sind uberihn ergangen, und genauereForschung hat in manchen Punkten nachgewiesen, dass sein Bericht un- genau und nicht ohne Fabeln ist. Indessen darf der Tadel nicht Arnpecks Person treffen. Denn man muss bestimmt annehmen, dass jene Textteile keine selbstandigen Nachrichten Arnpecks sind, sondern einer verlorenen Quelle entstammen.

In Betracht kommen im 5. Buche der Chronik der grosste Teil von Kap. 48 (S. 306, 18 ff.— 314, 23) und ebenso der grosste Teil von Kap. 60 (S. 332, 18ff.— 340, 5).

Wie schon oben S. XVI bemerkt wurde, sind in der Originalhandschrift die Blatter 250—255, auf welchen jener Teil des Kap. 48 eingetragen ist, spatere Einschiebsel.5 Nach der Ueberschrift, die unten S. 306, 13 15 gedruckt ist, folgte urspriinglich der auf dem jetzigen F. 256 stehende Text (unten S. 315, 16ff.).

Noch auffalliger erweisen sich als erst spater eingefugt die Blatter 271— 276, 6 welche den erwabnten Teil des Kap. 60 enthalten. Pez reihte sie in seiner Druckausgabe in dieses Kapitel ein, und atfch ich bin seinem Vorgange gefolgt, da ihr Inhalt unter Herzog Stephan gehort. In dem Autograph

1 Vgl. unten S. 105, Anm. 3, 106, Anm. 1, 121, 17 und 123, Anm. 3

* 8. 106, 12. a S. 123, 12.

* B. 228, 14.

5 In Verbindang damit stent auch teilweise der eben falls spater geschriebene erste Abschnitt auf F. 268 (unten S. 329, 29 ff.).

6 Dazu F. 277, deseen Texte aber nicht in Zusammenhang mit enem der F. 271—276 stehen.

LX -

sind sie offenbar infolge ausserer Umstande mitten in einen anderen Text hineingeheftet, rait dem sie nichts zu tun haben und an den sie sich in keiner Weise anschliessen. Sie unter- brechen namlich den Text des Kap. 61 unten S. 344, 5 nach den Worten : „Viri fautores optirai," !

Bei beiden Einschiebseln erscheint der Text sehr fort- laufend und in einem Zuge geschrieben. Widerspriiche mit Angaben, die Arnpeck in dem urspriinglichen Teile seiner Chronik gemacht hat, beweisen deutlich, dass an dem Texte der Einschiebungen kaum viele Veranderungen, die notig gewesen waren, um die Uebereinstimmung mit den urspriing- lichen Teilen herbeizufuhren, gemacht wurden. Die gleiche Beobachtung ergibt sich aus dem Umstande, dass Arnpecks sonstige Quellen nur in ganz geringem Masse zur Erganzung der Texte der Einschiebungen Verwendung gefunden haben. Dass beide getrennt eingefugte Teile mit einander in engstem Zusammenhang stehen und aus einem und demselben Ganzen herstammen, ergibt sich aus ihrem Inhalt.

Bei der Betrachtung dieser Abschnitte bemerken wir, dass in hochst auffalliger Weise das Augustinerkloster zu Rattenberg im Inntal in den Vordergrund der Darstellung tritt. In ausfiihrlicher Weise wird in Kap. 60 die Grundung dieses Klosters geschildert,1 und wie zur Einleitung in diese Griindungsgeschichte erscheint oflenbar ira Zusammenhang mit ihr die in Kap. 48 eingefugte Geschichte des Griinders des Klosters, bezw. dessen Vaters, der beiden Kummersbrucker.2 Man gewinnt den Eindruck, dass zunachst die Ereignisse in Tirol nicht um ihrer selbst willen dargestellt werden, sondern um der Geschichte von Rattenberg und der Familie des Klosterstifters zum Hintergrunde zu dienen.

Wir horen von Konrad Kummersbrucker, Kaiser Ludwigs des Bayern Jagermeister,3 und seinem Sohne Johann, den das Volk auch nicht anders als den Jagermeister bezeichnete, vom Anwachsen ihrer Macht und ihrer .Guter, wie der alte Kummersbrucker Hofmeister war an Margarete Maultaschs Hofe, wie er durch Erbschaft Rattenberg gewann, wie er dem Markgrafen Ludwig dem Brandenburger mit Geld- summen beisprang. Und in der Beschreibung des Krieges von 1364 wird uns erzahlt, wie Konrad Kummersbrucker

1 S. 332, 18 ff.

7 S.307,28ff.

8 Vgl. S. 307, Anm. 2.

LXI

und Konrad Frauenberger1 dem neuen Herren von Tirol, flerzog Rudolf von Oesterreich, nicht Treue schworen wollen. Kerkerhaft ist ihre Strafe. Ausfiihrlich wird die Geschichte der Befreiung des alten Kummersbrucker durch seinen Sohn nebst ihren Folgen geschildert. In dem nun in Kap. 60 ein- gefiigten Bruchstuck wird die Geschichte der Kummers- brucker weitergefiihrt. Der alte Kummersbrucker stirbt, Konrad der Jagermeister ist sein Erbe. Noch zu Lebzeiten des Vaters fasst dieser den Plan, ein gottgefalliges Werk durch Stiftung eines Spitals oder Klosters zu vollbringen. In ausfiihrlicher Weise wird erzahlt, wie er durch den Magister Johannes Rueshaymer vom iliinchener Augustiner- konvent endlich bestimmt wird, in Rattenberg ein Augustiner- kloster zu stiften, wie das Kloster geweiht wird und seinen ersten Prior erhalt, von seinen Schicksalen nach des Stifters Tode, von Warmund Pienzenauer, dem Rattenberg verpfandet wurde usw. Sagenhafte Ziige mischen sich mit wahrheits- getreuer Schilderung, die durch noch vorhandene Urkunden ihre Bestatigung findet. Sind die Nachrichten gut, die Rattenberg selbst angehen, so nimmt die Darstellung da sagenhaftere Art an, wo sie fernliegende Ereignisse schildert. Eine Fabel diirfte die Schilderung sein, wie Ludwig der Brandenburger die Munchener Augustiner zu bewegen sucht, den toten Kaiser Ludwig in ihrer Kirche zu begraben;2 wir horen sagenhafte, doch mit wahren untermischte Erzahlungen von Margarete Maultasch 3 (wobei Arnpeck auf Grand einer Angabe in einer anderen von seinen Quellen den Versuch macht, Kritik zu iiben4), anekdotenhafte Nachrichten tiber Herzog Stephan von Bayern, der durch Saumigkeit Tirols Gewinn verscherzt habe, uber den Krieg von 1364 und die beiden spateren Feldzuge, welche die bayerischen Her- zoge zur Wiedergewinnung Tirols begannen. Hier ist imuier wieder Rattenberg besonders auffallig genannt. Und mochte es auch wichtiger Stutzpunkt fiir die kriegerischen Unter- nehmungen der bayerischen Herzoge sein, so lasst sich doch aus der stetigen Erwahnung schliessen, dass der Verfasser jenes Textes ein besonderes Interesse fiir Rattenberg besass. Dass dieser Verfasser ein Geistlicher war, zeigt seine an den Legendenstil erinnernde Schreibweise bei der Griin-

1 Vgl. S. 313, Anm. 1. 9 S. 306, 18 ff. 3 S. 310, 5ff. * S. 311, 14.

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dungsgeschichte des Klosters Rattenberg. Dass er zu dem Augustinerorden in nahem Verhaltnis stand oder ihm viel- leicht selbst angehorte, verraten seine Kenntnisse fiber Mit- glieder des Ordens1 und Vorgange im Ordensleben.2

Man mochte am ersten glauben, dass der Verfasser in Rattenberg selbst geschrieben habe, da sich die Geschichte dieses Ortes wie ein roter Faden durch das Ganze zieht. Dass man im Kloster zu Rattenberg fur Geschichte Interesse hatte, zeigt eine 1441 von dem dortigen Prior Johann Spiess geschriebene Fortsetzung der „Flores temporum", die nicht unbedeutend fur die Zeitgeschichte ist.3 Ich habe die Hand- schrift4 untersucht, doch verrat sie keinen Zusammenhang mit unserem Texte.

Ob der auffallenderweise auf F. 253 an den Rand der Handschrift geschriebene Vermerk: „Scharding plcbanus"6 in der Frage nach dem Verfasser verwendet werden darf, mochte ich dahingestellt sein lassen. Der Vermutungen, die jene Randnotiz erwecken kann, sind unzahlige.

Die Abfassung der Quelle,, der unsere Bruchstucke ent- stammen und die wir vielleicht vorlaufig als „Rattenberger Chronik" bezeichnen mogen, diirfte um 1440 erfolgt sein.

Die Uebernahme der Tiroler Quelle in seine bayerische Chronik ist Arnpeck bei der Nachwelt iibel bekommen. Es ist ihm von einer Seite, die nicht erkannte, dass er hier nur als Abschreiber in Betracht kam, vorgeworfen worden,6 er zeige in seiner Chronik „eine hochst parteiische Gehassig- keit gegen seine Landsleute, die Baiern, und ihre Fursten" und habe „besonders nachlassig und boshaft die Geschichte wegen Tirol zusammengestellt!"

Auf eine nicht festgestellte Quelle, welche mir ausser bei Arnpeck auch in Johann Jakob Fuggers „Spiegel der Ehren des Hauses Habsburg" benutzt zu sein scheint, habe ich unten S. 422, Anm. 1 hingewiesen. Ihr entstammt ein Abschnitt tiber das bekannte Gastmahl zu Trier vom Jahre 1473, vielleicht auch noch andere Stiicke.

1 Johannes Rueshaymer S. 333, 19 ff. ; Leonhard yon Kara ten S. 334,7; Nikolaus Geroldi 8.334,9.

* Vorgange im Mflnchener Augustinerkloster S. 306, 28 ff.; Stiftung des Augustinerklo8ter8 in Rattenberg S. 333, 20 if.; Provinzialkapitel der bayeriRchen Augustiner in Baden S. 334, 4 ff.

8 Martin Mayr, Neues Archiv V, 140.

4 Cod. 12465 der k. k. Hofbibliothek Wien.

•8.311,37.

fl Fessmaier, Stephan der Altere, 8. 42.

LXIII -

e) Bedeutung der Chronik.

Die aussere Anlage der Chronik, insbesondere die Ein- teilung1 in fftnf Biicher, ist sehr anerkennenswert. Die Zeitraume, welche in den einzelnen Buchern behandelt sind, erweisen sich als mit Verstandnis abgegrenzt. Das erste Bucb behandelt die Urgeschichte und die Zeiten der Knecht- schaft Bayerns unter den Romern („originem et servitutem"), das zweite die Zeit der Agilolfinger, das dritte jene der Karolinger, das vierte die der Herzoge aus verschiedenen Hausern, das letzte urafangreichste die Geschichte der Wittelsbacher.

Was die Gesamtheit des Stoffes fiir die „Chronica Baioariorum" anlangt, so steht Arnpeck zweifellos zunachst auf den Schultem seiner drei Vorganger in der bayerischen Geschichtschreibung, des Andreas von Regensburg, des Hans Ebran von Wildenberg und des Ulrich Fiietrer. Hatten sie ihm nicht vorgearbeitet, so wiirde sein Werk wohl viel durftiger ausgefallen sein. Daneben aber ist es Arnpeck gelungen, iiber die Leistungen dieser seiner Vorlaufer urn ein bedeutendes Stuck hinauszukommen. Gegeniiber deren bayerischen Chroniken zeichnet sich die seine durch weit umfassendere Ermittelung des inBetracht kommenden Stoffes, durch eingehendere Behandlung des friiheren Mittelalters und durch reichhaltigere Darstellung der Zeitgeschichte aus.

In viel ausgiebigerer Weise als vor ihm Andreas hat sich Arnpeck z. B. die vielen und gerade fiir eine bayerische Geschichte wichtigen ortlichen geschichtlichen Aufzeichnungen zu Nutzen geraacht, welche die friibere Zeit in den bayerischen Klostern hatte entstehen lassen, teilweise auch solche aus osterreichischen Klostern. Arnpeck tritt damit in einen gewissen Gegensatz zu Ebran und Fiietrer, welche jene Klosteriiber lieferungen fast ganz vernachlassigten : derKleriker steht den Laien gegeniiber, welche hauptsachlich Fiirsten- geschichte zu schreiben bedacht waren.

Wo die Reichsgeschichte oder die Geschichte anderer Volker in die bayerische Geschichte hereinspielt, manch- mal auch nur in geringem Zusammenhang, zieht Arnpeck entsprechende wichtige allgemeinerc Geschichtswerke als Quellen heran. Er beriihrt sich hier naher mit Andreas von Regensburg als mit Ebran und Fiietrer, welche solche Werke fiir die ihrigen nur wenig ausbeuteten. Arnpeck

1 Vgl unten S. 7 die „Divisio operia".

LXIV

machte hier, vom Engeren ins Weitere ausblickend, einen entschiedenen Fortschritt, mag dieser auch unbeholfen und unvollkommen sich gestaltet haben. Nicht zu seinem Vorteil ist sein Streben nach moglichster Heranziehung alles erreich- baren Stoffes an einem Punkt ausgefallen, in dem er sich wesenllich von alien drei Vorgangern, auch von dem Kleriker Andreas, unterscheidet: in der allzu ausgedehnten Benutzung von Heiligenlegenden als historischer Quellen. Wenn er gleich sich offenbar bemiihte, nur die Teile aus ihnen herauszu- schalen, welche wirkliche Bedeutung fur die Geschichte haben, so war sein Blick doch nicht gescharft genug, hier das richtige Mass einzuhalten. Uebrigens notigt der Umstand, dass fast alle Heiligenleben, die mit der bayerischen Geschichte in Verbindung stehen, in ziemlicher Vollstandigkeit bei ihm verwertet sind, zu einer gewissen Anerkennung.

Die Erweiterung des geistigen Gesichtskreises, welche in jenen Zeiten durch den Buchdruck herbeigefiihrt worden war, brachte es mit sich, dass auch Arnpeck f&r seine bayerische Chronik bereitwillig nach den durch die neue Kunst gebotenen Hilfsmitteln griff und aus ihnen zu ge- winnen suchte, was sich daraus holen liess. Fremdartige Werke, zu denen er auf anderem Wege wohl kaum ge- kommen ware, bieten sich ihm dar: des Franzosen Vinzenz von Beauvais „Speculum historiale", die Chroniken der beiden Italiener, des Antoninus von Florenz und des Jakob Philipp von Bergamo, die ungarische Chronik des Johann von Thurocz. Die Erzeugnisse des Humanismus ergiessen sich in die Welt: die „Germania" des Tacitus hat Arnpeck wohl in einer Druckausgabe benutzt, Enea Silvios „Europa" und „Historia bohemica" und Hartmann Schedels Weltchronik tlben einen nicht zu verkennenden Einfluss auf ihn aus. Die deutsch geschriebenen Chroniken des Thomas Lirer von Rankweil und des Jakob Twinger von Konigshofen, die Klosterneuburger Tafeln, das Biichlein mit den Wundergeschichten vom Berg Andechs finden durch ihn Benutzung. Und wohl noch mancher hier nicht genannte Druck wird als seine Quelle festgestellt werden. Man kann Arnpeck das Lob nicht versagen dafttr, dass er den zustromenden Stoff aufgenommen hat; hier mag er als wurdiger Vorlaufer Aventins gelten. Anders aber steht es bei ihm mit der Art der Quellenbeniitzung. Hieriiber wird unten im Schlussabschnitt allgemein gehandelt werden.

Unbestreitbare und unvergangliche Wichtigkeit hat Arn- pecks „Chronica Baioariorum" fttr die bayerische Geschichte

LXV -

der zweiten Halfte des 15. Jahrhunderts, wo er als Zeitgenosse berichtet. Was ihr diesen Rang verleiht, ist hauptsachlich ein in der spateren Zeit liegender Umstand, namlich der, dass Arnpecks grosserer Nachfolger Aventinus seine Annalen undiseine Chronik nur bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts gefiihrt hat. So sind Arnpecks Aufschreibungen zunachst nicht iiberholt worden.

Alles in Allem: Veit Arnpecks „Chronica Baio- ariorum" ist die wichtigste bayerische Landes- geschichte des Mittelalters.

8. Die Bayerische Chronik.

a) Handschriften der Chronik.

Wir besitzen folgende 1 1 Handschriften unserer deutschen Chronik :

1. Cod. germ. 2817 der K. Hof- und Staatsbibliothek Munchen, friiher dort als Cod. germ. 391 aufgestellt. Vgl. Catalogus codd. mss. bibl. reg. Monac. V/VI, 316. Ein starker Quartband von 470 nummerierten Blattern, mit alter Lagenbezeichnung von a z und 1 17; Papier; in ge- presstem Ledereinband des 16. Jahrhunderts; 8 Vorsetz- blatter und 5 leere Papierlagen am Schluss scheinen bei Gelegenheit des Bindens beigefiigt worden zu sein.

Ueber die Schicksale der Handschrift und iiber deren Verfasser finden sich auf zweien der Vorsetzblatter folgende Eintrage :

a) Von der Hand des bei der zweiten Notiz unter- schriebenen Revisoriumsrates Obermayr:

„Exstitit quondam in Bibliotheca Ligsalziana *, quae tota ad Seiz Revisorii Consiliarium pervenit, qui unico ante obitum suum anno in sacerdotem unctus haereditatem quidem omnem sorori reliquit, sed obaeratam et ideo plus licitanti distractam."

Auf dem nachsten Blatt: „Chronicon hocce Msc. ex Bibliotheca Seiz Collegae quondam mei nuper distracta emptum ad me pervenit. Felix Offelius Consiliarius Aulicus et Clementi Boiariae Duci a Secretis simile exemplar foliis maioribus 204 in- scriptum 2 possidet, amicorum mihi et primus et optumus.

1 Die Ligsalz waren ein Muochener Patriziergeachlecht. * Der jetzige Cgm. 1587; vgl. die unten 8. LXX1 folgende Be- schreibung dieser Handschrift.

Qaollen a. ErOrterangon N. P. III. V

LXVl

Lucubrationem is esse censuit Augustini Kolneri Ludovici et Wilhelmi Bavariae Ducum Archivarii, viri Aventino amicissimi.

Jos. Euchar. Obermayr Wemdingano-Boius Revisorii Consiliarius. Monachii 24. April 1754.

b) Hiezu bemerkte Andreas Felix Oefele:

„Postea reperto cod. Membr. autographo Bibliothecae Pollinganae1 comperi auctorem fuisse Udalricum Futerer Pictorem Monacensem.

A. F. Oefelius.

c) Dazu schrieb dann der Oberhofbibliothekar Christoph Freiherr von Aretin:

„Non Fiitereri hoc Chron. est. V(ide) quae in alio exemplo 2 huius Chron. in fol. annotavi. Monachii Chr. Aretin

2. Mart. 1810. Bibl. praef."

Wo die Handschrift sich befand, bevor sie in die ge- nannte Ligsalz'sche Bibliothek kara, wissen wir nicht.

Der Band ist ganz von einer und derselben Hand ge- schrieben, zum allergrossten Teil in gleichmassigen gewandten Zugen, die nur fliichtiger werden, wo Abschnitte spater eingetragen wurden, so Bl. 176, 364—374, 449 451. Von Veit Arnpecks Hand stamrat die Schrift auf keinen Fall, so dass jedenfalls diejenigen Unrecht hatten, welche in dem Kodex das „Autograph" von Arnpecks deutscher Chronik erblicken wollten. Der Schreiber hat jedenfalls nicht vor 1498 geschrieben, da auch Ereignisse, die in jenes Jahr fallen, in den einheitlichen Zugen wie fast die ganze Chronik geschrieben sind. Erst die Eintrage nach 1498 bis 1506 sind folgenweise zu verschiedenen Zeiten dem Band ein- verleibt worden.

Nach alien unten folgenden Darlegungen uber den Verfasser und die Abfassungszeit der Chronik ist diese Handschrift nicht Autograph des Verfassers, sondern Ab- schrift einer Vorlage. Der Schreiber unserer Handschrift dtirfte wesentlich jiinger als der Verfasser der Chronik ge- wesen sein. Man beachte z. B. eine sehr bezeichnende Textveranderung. Dem lateinischen Ausdruck S. 241, 4

1 Das ist der Ulrich Fuetrers Chronik en thai ten de jetzige Cgm. 43, der aus Kloster Polling stamrat ; vgl. Spiller's Fuetrer-Ausgabe S. XXIII.

2 In der unten als Nr. 9 beechriebenen Handschrift.

Lxvn

,, usque ad tempora nostra" enteprechend, hat der deutsche Text S. 520, 1, wie das ausgestrichene unvollendete „unserer ze . . ." verrat, wohl in der Vorlage gelautet: „bis zu unserer zeit". Dem Verfasser waren die Zeiten des unmittelbar darnach genannten Herzogs Heinrich noch „unsere zeit". Dera Schreiber unserer Handschrift aber geht dieser Aus- druck gegen den Strich, er bleibt mitten in „unserer ze(it)" stecken, streicht es aus und erwahnt des Herzogs nur un- wissend als „ains herzog Hainrichs"!

Man muss auch noch an die Moglichkeit denken, dass Cgm.2817 nicht unmittelbar von dem Autograph abgeschrieben und dass noch eine Handschrift als Zwischenglied zwischen ibm und dem Autograph anzunehmen ist.

2. Cod. germ. 2818 der K. Hof- und Staatsbibliothek Miinchen, friiher Cod. germ. 994. Vgl. die Beschreibung im Catalogus codd. mss. bibl. reg. Monac. V/VI, 316. Quart- band, Papier. 256 Blatter. Stammt, wie aus mehreren Ein- tragen hervorgeht, aus Kloster Scheyern. Auf der Innenseite des Vorderdeckels ist bemerkt: „Spectat ad Monasterium Schyrense ord. S. Benedicti in Bavaria. Conscripsit P. Gode- schalcus Monachus Schyrensis, continuavit P. Pancratius Schyrensis." Diese Notiz scheint von einem Scheyerner K losterbibliothekar zu stammen. Die Handschriften der beiden angeblichen Schreiber sind sich so ahnlich, dass es unmoglich erscheint zu entscheiden, von wo an der zweite weitergeschrieben hat. Der Band enthalt die ganze Chronik und diirfte gegen Ende des 16. Jahrhunderts geschrieben sein. Zwischen Bl. 249 und 250 ist ein Zettel eingeklebt, auf dem folgender Fortsetzungsversuch (zu S. 698, 26) zu lesen steht :

„Ao. 15101 hat Johannes de Isna nach 7jahriger Re- gierung des CI. Wessobrunn bey sich auBernder MiBhelligkeit solche freywillig aus Liebe des Fridens und der Einsamkeit an dem Fest des heiligen Vatters Benedicti nach in Ponti- ficalibus andachtigist abgesungenen Hochamt abgelegt und zu Closter Scheyrn ein frommes Leben so gottseelig fort- gesetzt als heilig geendet im Jahr 1510. Addit R. P. Coelestinus Leuttner Wessofontanus, das derselbe nach ab- gelegter Abbteywurde die sonst gewohnliche pension anzu- nemen sich gewaigeret."

Da Leutner's J 753 erschienene „Historia monasterii Wessofontani" hier zitiert wird,2 ist die Notiz darnach, und

1 Vielmehr 1493 ; verschrieben. * Die Stelle steht dort S. 366.

LXVIII

zwar wohl kurz darnach geschrieben. Der letzte Satz der Chronik, in dem berichtet wird, dass Herzog Wolfgang die schonen Bauerndirnen „hold" (lieb) gehabt habe, scheint bei einem Leser Anstoss erregt zu haben; denn er ist in dieser Handschrift ausradiert.

3. Cod. germ. 2819 der K. Hof- und Staatsbibliothek Munchen. Vgl. Catalogus codd. mss. bibl. reg. Monac. V/ VI, 316. Quartband, Papier. 297 Blatter. Herkunft unbekannt. Wie im genannten Catalogus richtig bemerkt ist, Abschrift von Cgm. 2818, genommen, bevor der anstossige Schlussatz in letzterer Handschrift radiert worden ist. Hand des 17. Jahr- hunderts. Im 18. Jahrhundert hat jemand eine Vergleichung dieser Handschrift mit der alsbald unter Nr. 9 beschriebenen, damals im Besitze von Andreas Felix Oefele zu Munchen befindlichen vorgenommen und einige dabei gemachte Be- obachtungen eingetragen (Bl. 132°, 149% 185r und D, 210r, 232 r, 254 r, 288 r). Von Oefele's eigener Hand erscheint eine Notiz auf Bl. 186°: „haec exEbrano ad verbum, sed auctiora adiiciuntur." Die Chronik reicht von Bl. 1—293. Auf Bl. 294—297 ist ein Bruchstuck aus einer Augsburger Chronik eingetragen.

4. Cod. germ. 1589° der K. Hof- und Staatsbibliothek Munchen. Vgl. Catalogus codd. mss. bibl. reg. Monac. V/ VI, 213. Folioband, Papier. 334 Seiten. Ist eine Abschrift von der unter Nr. 2 beschriebenen Handschrift Cgm. 2818, wie schon aus ihrem Titel hervorgeht: „Bayerische Chronick geschriben von Gottschalcks und Pancratzen Benedictinern des Closters Scheiem Ab ao. 887 bill 1493." Erstere Jahrzahl erklart sich daraus, dass der Abschreiber den Anfang der Chronik uberhaupt weggelassen und seine Abschrift erst mit Kaiser Arnulf begonnen hat. Er ist ein geschichtskundiger Mann gewesen und hat am Anfang des Bandes zahlreiche kritische Bemerkungen an den Rand geschrieben Er scheint die beiden Scheyerner Monche fiir die Verfasser gehalten zu haben. Die Abschrift diirfte um 1700 gemacht sein. Die Herkunft des Bandes ist unbeKannt. Der in Cgm. 2818 aus- radierte anstossige Schlussatz fehlt hier schon von vornherein.

5. Cod. germ. 5422 der K. Hof- und Staatsbibliothek Munchen. Beschreibung im ungedruckten Catalogus codd. mss. bibl. reg. Monac. von Wilhelm Meyers Hand. Folio- band, Papier. 413 Blatter. Ist ein Sammelband von hand- schriftlichen, dem XVI.— XVIII. Jahrhundert angehorigen, hauptsachlich auf bayerische Geschichte beziiglichen Stiicken.

LXIX

Die Herkunft ist unbekannt; ein auf der Innenseite des Vorderdeckels eingeklebt gewesenes Ex-Libris ist vollig zer- stort. Unsere Chronik ist in dem Bande, von einer Hand aus der 2.Halfte des 16. Jahrhunderts gescbrieben, in zwei unrichtig eingeftigten Teilen an folgenden Stellen enthalten: Bl. 148 bis 284 (gleich einer alten, von dem urspriinglichen Schreiber herrtihrenden Blattzahlung von 1 137, wobei die Zahlung von Bl. 88 ubersprungen und BL 126 doppelt gezahlt ist), dann Bl. 42—106 (gleich alte Zahlung von Bl. 138—203, wobei Bl. 143 ubersprungen wurde). Wilhelm Meyer hat in seiner Beschreibung dieses Verhaltnis, dass der vordere Teil namlich eigentlich hinter den hinteren gehort, nicht erkannt, trotzdem auf Bl. 284° (alt 137) unten die Anschluss- worte von Bl. 42 (alt 138) wiederholt sind.

Der in dieser Handschrift vorliegende Text weist, von zahlreichenFehlernabgesehen, viele stilistische Abweichungen von dem Texte unserer Handschrift 1 auf, welche sich auch in keiner der ubrigen Handschriften finden und infolge der Eigenmachtigkeit des Schreibers Oder wahrscheinlicher schon des Schreibers seiner Vorlage entstanden sind, der an- scheinend die Ausdrucksweise der Chronik dem Sprach- gebrauche seiner spateren Zeit anzupassen bestrebt war. Er hat sich auch nicht an die Reihenfolge der Abschnitte des Textes gehalten und hat eine Anzahl von Abschnitten zunachst weggelassen, dann aber doch die meisten davon teils an einer spateren Stelle eingeschrieben, teils am Schluss aneinandergereiht.

Ausserdem sind Notizen in den Text aufgenommen, die offenbar ein geschichtskundiger Leser der Vorlage an deren Rander geschrieben hatte, die aber unserer Chronik fremd sind. Von der Fortsetzung hat er wohl die Be- schreibung des Engadiner-Krieges (unten S. 692, 18 695, 10) abgeschrieben, dagegen fehlt bei ihm die des Landshuter Erbfolgekrieges (unten S. 649, 3—665, 20 und 695, 1 1—698, 26). Auch die Geschichte der Kronung des Konigs Maximilian I. hat er nicht aufgenommen.

Nach den Lesarten ist zweifellos, dass diese Hand- schrift von unserer Handschrift Nr. 1 abhangt, wahrscheinlich jedoch nicht unmittelbar, sondern man muss ein oder mehrere Zwischenglieder annehmen.

Nur dieser Handschrift ist eine Fortbildung der An- gaben fiber die Kinder von Kurfurst Philipp von derPfalz1

1 Vgl. dam Haeutle, Genealogie S. 37 ff.

LXX -

eigen, die ich hier mitteile. Statt unseres S. 555, 26— 35 gedruckten Textes heisst es namlich auf Bl. 53 :

„Er het bey seiner hausfrawen vil K hinder. Ludwig, der erst Sohn, ward geborn am andern tag des Monats Julii 1478 Jar. Philips, der ander Sohn, ward geborn an Sant Florians tag den 7. May Anno

1480. Ruprecht, der dritt Sohn, wardt geborn am 14. tag May Anno

1481. Friedrich, der viertt Sohn, ward geborn am 9. tag des Monats Decembris Anno 1482. Mer ein Tochter, genant Elisabeth, am 9. tag Decembris im 1482. Mer ain Sohn, genant Heinrich, am 15. Fe- bruarii Anno 1487. Mer ainen Sohn, genandt Johann, den 7. May Anno 1488. Mer ain Tochter, genant Amelia, auf den 25. Julii Anno 1490. Mer (ein) Tochter, genant Barbara, auf den 21. AugUSti Anno 1491. Mer ein Tochter, genannt Helena, auf den 9. Fe- bruarii 1492. Mer ein Sohn, genant Wolfgang, auf den lesten Octobris Anno 1494. Mer ein Tochter, genant Catharina, auf den 14. Octobris Anno 1499."

Von einer Hand des 18. Jahrhunderts ist am Anfange der Chronik am Rande bemerkt: „Der Verfasser hievon ist . . . (leerer Raum fiir den Vornamen) Nadler, Kanzler des Schwabischen Bundes". Wie der Schreiber dieser Worte zu dieser Angabe kam, ist mir unerfindlich.

Dr. Hieronyraus Nadler, 1535 geboren, war Rat des Herzogs Albrecht V. von Bayern und seit 1576 Kanzler des Landsberger Bundes und ist 1592 gestorben.1 Er scheint sich auch mit geschichtlichen Studien befasst zu haben; eine in der K. Hof- und Staatsbibliothek zu Munchen auf- bewahrte Stammtafel der Wittelsbacher mit deutschen und lateinischen Erlauterungen auf 16 Folioseiten tragt den Titel : „Justa Ducum Bavariae Genealogia Domini Guilielmi Nadleri Foederatorum Landspergensium Cancellarii" und ist wohl, trotz des falschen Vornamens, sein Werk. Sie scheint fiir einen praktischen Zweck angelegt worden zu sein ; denn in auffallender Weise ist jeweils, wo es moglich war, die Mitgift der weiblichen Glieder des Geschlechtes angegeben. Zu unserer Chronik steht Nadler aber in keiner naheren Beziehung.

6. Cod. H 148 der Kgl. Offentlichen Bibliothek Dresden. Quartband, Papier. 155 und 418 Blatter. Vgl. die Be- schreibung bei Franz Schnorr von Carolsfeld, Katalog der Handschriften der Konigl. Offentlichen Bibliothek zu Dresden I, 558. Reine vollstandige Abschrift ohne Aenderungen und

1 Manfred Mayer, Leben usw. des Dr. Wiguleus Hundt, S. 56, Anna. 3; Briefe und Akten z. Geech. d. 16. Jahrh., V: Goetz, Beit rage z. Gesch Herzog Albrechts V. und des Landsberger Bundes,S. 839, Anm. 3.

LXXI

Zusatze. Herkunft unbekannt. Dem Texte der Chronik geht auf 155 unnummerierten Blattern ein sehr ausfiihrliches Sachregister voraus, wobei hauptsachlich Personen- und Ortsnaraen als Schlagworte der alphabetischen Reihe dienen. Schrift (einer einzigen Hand) vom Ende des 16. Jahrhunderts. Herkunft des Bandes unbekannt.

7. Cod. germ. 1588 der K. Hof- und Staatsbibliothek Mlinchen. Vgl.Catalogus codd. mss. bibl. reg. Monac. V/VI, 213; Aventinus, Samtliche Werke III, 569; VI, 187; Spiller, Fiietrer-Ausgabe S. LXXXIII. Folioband, Papier. 220 Blatter. Schrift einer einzigen Hand vom Ende des 16. Jahrhunderts, gut lesbar. Vollstandiger Text auf Bl. 1—209. Auf Bl. 210 bis 220 ist der zwischen den Herzogen Albrecht und Wolfgang zu Munchen am Mittwoch nach St. Ulrichs Tag (8. Juli) 1506 geschlossene Vertrag eingeschrieben. Am oberen Band von Bl. 1 steht ein alter Besitzvermerk : „Johann Christoph Ahamer in Munchen gehorig." Von der Hand, welche dies schrieb, folgt Bl. 58 bei der Geschichte von der Schlacht bei Gammelsdorf eine Randbemerkung: „Der Platz, wo die Schlacht geschah, heifit noch iezt 1778 das Streitfeld.u In die Miinchener Hofbibliothek gelangte die Handschrift mit der Lippert'schen Bibliothek.

8. Cod. 14681 der K. K. Hofbibliothek Wien. Friihere Signatur: Suppl. 2105. Vgl. Tabulae codd. mss. in bibl. pal. Vindobonensi asserv. VIII, 78. Folioband, Papier. 604 Seiten. Schrift (von einer einzigen Hand) vom Ende des 16. Jahrhunderts (nicht des 17., wie der genannte Wiener Katalog sagt). Auf dem Einbanddeckel ist die Jahrzahl 1594 eingepresst. Vollstandiger Text auf S. 1—577, darnach folgt S. 578—604 die gleiche Urkunde wie in der vorigen Hand- schrift, von welcher diese wohl unmittelbar abgeschrieben sein diirfte. Die Herkunft des Bandes ist unbekannt.

9. Cod. germ. 1587 der K. Hof- und Staatsbibliothek Munchen. Vgl.Catalogus codd. mss. bibl. reg. Monac. V/VI, 21 3; Aventinus, Samtliche Werke III, 569; VI, 187 ; Spiller, Fiietrer- Ausgabe S. LXXXIII. Folioband, Papier. 212 Blatter. Schrift von mehreren Handen urn 1600. Auf Bl. 1 von einer Hand des 17. Jahrhunderts Besitzvermerk: „Georgius Sigismundus Hamman me possidet." Auf der Innenseite des Vorderdeckels befindet sich das Ex-Libris des Andreas Felix von Oefele ein- geklebt: die Handschrift gehorte also zu dessen Privat- bibliothek. Auf das Vorsetzblatt hat Oefele selbst folgenden Eintrag gemacht:

LXXII

„Chronicon hocce Msc. Noriberga hue Monachium delatiim a Webero Bibliopola Reip. Norib. Eraptione ad me transiit. Censeo esse, et pene certus sura, lucubrationem Augustini Kolneri ex Secretario Ludovici Bavariae Ducis, Fratris illius Guilielmi IV. Constantis, Archivarii, viri Aventino ut amicissimi, ita laudatissimi. 1 Opto ego, ut evoluta Dierum raeorum paucitate in alterius viri boni et patriae studiosi raanus pervenire haec opera integra et salva queant; ita Deum litterarum et bonae mentis autorera ex animo precor et deveneror.

Felix Offelius Monacensis Boius, Principum Ferdinandeorum Ephorus, parum felix. Idibus Jun. MDCCXL."

Spater schrieb er darunter:

„Est opus Udalrici Fuetereri Pictoris et Poetae ac civis Monacensis."

Wie ahnliche Eintrage Oefele's in unserer Handschrift Nr. 1 durch Aretin berichtigt wurden, 2 so bemerkte dieser auch hier in Cgm. 1587 unter die Notizen Oefele's: „Maxi- milian ward ao. 1486 zum romischen Konig gekront. Ulr. Fiitrers Chronik, wovon die Hofbibl. mehrere Exemplare hat, geht nur bis zum J. 1481 und ist, wie der Verfasser selbst sagt, ao. 1477 angefangen worden, die gegenwartige aber, wie der Titel zeigt, wenigstens um 9 Jahre spater. Auch andere Grunde streiten dafur, dass Oefele sich geirrt habe, indem er diese Chronik Futerer zuschreibt."

Wann die Handschrift an die Munchener Hofbibliothek gelangte, konnte ich nicht sicher feststellen. Idi vermute, dass es geschab, als in der Sakularisation die Bestande der Bibliothek des Klosters Rottenbuch, wohin nach Oefele's Tode der grosste Teil seiner Bibliothek verkauft worden war,3 nach Munchen kamen.

An den auf Bl. 1 204r stehenden vollstandigen Text unserer Chronik [schliesst sich auf Bl. 204* 212 die auch

1 Auf der Rfickseite des Vorsetzblattes hat Oefele literarische Notizen fiber ihn zusaramengetragen. Die Handschrift scheint damals ihren jetzigen Einband bekommen zu haben; denn auf dem Rucken tragt sie den Aufdruck : „Chron. Bav. Aug. Kolneri."

* Vgl. oben S. LXVI.

Vgl. meine Abhandlung fiber die Schicksale von Oefele's Bibliothek in den Forschungen zur Geschichte Bayerns XIII, 230 f .

LXXIII

in der Besehreibung der beiden vorhergehenden Handschriften genannte Urkunde von 1506 an.

10. Cod. germ. 1589 der K. Hof- und Staatsbibliothek Munchen. Vgl. Catalogus codd. mss. bibl. reg. Monac. V/VI, 213 ; Aventinus, Samtliche Werke III, 569; VI, 187; Spiller, Fiietrer- Ausgabe S. LXXXIII. Folio-Sammelband, Papier. Von einer Hand vom Anfang des 1 7. Jabrhunderts geschrieben, findet sich darin Bl. 1 218r der vollstandige Text unserer Chronik, dann Bl. 218 c 225 die schon bei der Besehreibung der drei vorangehenden Handschriften erwahnte Urkunde von 1506; deren Schlussblatt ist verloren gegangen. Daran schliesst sich S. 226 ein Bruchstiick eines kirchenpolitischen Traktates aus dem Anfange des 17. Jahrhunderts, dem Anfang und Schluss fehlen, darnach kommen noch eine Anzahl Schrift- stiicke, hauptsachlich auf pfalzische, besonders oberpfalzische Geschichte bezuglich. Das Papier bis Bl. 225 weist als Wasserzeichen das Wappen von Regensburg auf.

11. Cod. 12474 der K. K. Hofbibliothek Wien; friihere Signatur: Suppl. 22. Vgl. Tabulae codd. mss. in bibl. pal. Vindobonensi asserv. VII, 102; Martin Mayr im Neuen Archiv V, 132. Folioband, Papier. Herkunft unbekannt. Von einer einzigen Hand in der ersten Halt'te des 17. Jahr- hunderts geschrieben. Enthalt Bl. 1—210 den vollstandigen Text unserer Chronik, unmittelbar daran anschliessend die bei Besehreibung der vorhergehenden vier Handschriften ge- nannte Urkunde von 1506. und zwar ohne Schluss, wie in unserer Handschrift Nr. 10, wobei der Schreiber hier be- merkt: „Der Best manglet"; darnach kommt das ebenfalls bei Besehreibung der vorigen Handschrift Nr. 10 aufgef&hrte Bruchstiick eines kirchenpolitischen Traktates, das dort unmittelbar angebunden ist, hier mit Bemerkungen des Schreibers: „Anfang manglet" und: „Der Rest manglet". Es besteht kein Zweifel, dass diese Handschrift Nr. 11 von Nr. 10 abstammt; wahrscheinlich ist sie sogar unmittelbar von ihr abgeschrieben. Die Handschrift diirfte in Regens- burg hergestellt worden sein (vgl. auch das Regensburger Wasserzeichen der vorhergehenden Handschrift), da bei der in unserem Text erfolgenden Erwahnung von Hungersnoten sich auf Bl. 165 am Rande bemerkt findet, was in den Jahren 1626 und 1627 zu Regensburg Korn und Eier ge- kostet haben.

Verschollen ist die Handschrift, aus welcher Frey- berg in Band I seiner „Sammlung historischer Schriften und

LXXIV

Urkunden" die Cbronik herausgegeben hat. Freyberg machte seine Ausgabe, wie er S. 3 sagte, „aus einer in dem k. Reichs- Archive vorhandenen Abschrift". Das K. Reichsarchiv konnte unter den samtlichen in Betracht kommenden Bestanden diese Handschrift nicht erraitteln. An die K. Hof- und Staats- bibliothek ist die Handschrift, wie man etwa vermuten konnte, in der Zwischenzeit nicht abgegeben worden ; keine der dort vorhandenen acht Handschriften der Chronik stammt aus dem K. Reichsarchiv, und die Lesarten dieser acht Hand- schriften weichen von denen des Freyberg'schen Textes samtlich so ab, dass von keiner angenommen werden kann, sie sei mit der Freyberg'schen identisch. Die Freyberg'sche Ausgabe, die wegen ihrer zahlreichen willkurlichen Aus- lassungen und ihrer vielen Lese- und Druckfehler als sehr schlecht bezeichnet werden muss, lasst immerhin so viel ersehen, dass von der daftir bentitzten, nicht guten Hand- schrift vermutet werden kann, sie sei die Vorlage unserer Handschrift Nr. 2 gewesen.

Gleichfalls verschollen ist die unten zu erwahnende Handschrift unserer Chronik, die den Namen des Esaias Wipacher mit der Jahrzahl 1586 trug. Nach den Lesarten zu schliessen, gehorte sie zur Gruppe der Handschriften 7 11.

Alle unter Nr. 2 1 1 beschriebenen zehn Handschriften wie die zwei verschollenen stammen von Nr. 1 ab. Ich teile hier die Lesarten der ersten Abschnitte der Chronik mit, woraus sich deutlich das V^erhaltnis der erhaltenen Handschriften zu einander erkennen lasst:

S.447, Z. 1 : Dise geherschet haben feklt 2 5. histori 6. history 7. 9. 10.

historia 8. historien 77. sein statt ist 11. Z. 6: Bauarus 2. 3. Bavarus 5. Bavaria (!) 6-11. Z. 7: mit in jehlt 5. ioen 2. 3. 6—11. Armania korr. Armenia 6.

Armania 7—77. Z. 9: mit jagen 77. da liessen sy sich nider 5. Z. 10 : danider 2. 6. 7. 9. darnider 3. alda nider 8. Z. 11: Bavariam statt Bavaria 2. 3. 5. Boioarius statt Baioarius 2. 3. 6. 8. Baioarius oder fehlt 5. Bauarius statt Bavarus 10. 11. Boimundum 5. Z. 12 : Ingramenonem 2. 3. Ingramion 5. Inngeramanndum 6. Gera-

mandum 7 (Q auf radierter Stelle). 8-11. Z. 13 :fcNoricum 2. Norius 3. Norix o. Z.Jo: fuer statt vieng 5. dieselbe statt die stat 2. 3. Z. 16: Norekha 2. Korekha (!) 3. Norckha 6—8. Norca 9. Narckh[aJ 10m

Norcka 77. Noricam (Norckhau) das ist jetzt Regenspurg 5. heun.

tiges i^heutiges 3.) tags statt heut bei tag 2. 3. daselben vnib fehlt 5. Z. 17: Auch paut er 5. schloss statt geschlos 2. 3. 5. 6. perg, daz 5. Z. 18: Norxberg 3. Nrixberg 5.

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Z. 19: GrosiuB (!) 2. 6—9. 10 (von spaterer Hand ubergesehrieben : Berosius/ Grosius Berosins (so !!) 11. Crosius 3.

Z. 20 : zeretorung 2. 3. dem {statt der) Sundtflufi 5.

Z. 21: 1467 2. 3. 6-11. 1431 5. und vor - jar fehlt 5. jar nach (!) und 2. 3. 6—11.

Z. 22 : jar fehU 2. 3.

S. 448, Z.1: er Norix 3. Z3: Bayrn 2. 3. Bauarium 5. Baiern 6. 7. 10. 11. Bayern 8.

Bairn 9. gegen einaDder gekriegt statt baid kriegt 2. 3. baid

baben vasst mit einander khriegt 5. baid vast fehU 6. 7 (von

spaterer Hand am Rand mit Einfiigungsxeiehen : vast). 8—11. Z.4: bifi statt hunz 5.

Z. 5: geetatteD haben statt h. g. 2. 3. 5. and fat 5. Z. 6: und haben 5. Z. 7 : in der geetalt statt also 5. vor dem andern ohne leibs statt an

leiblich 5. Z. 8 : Oberlebende statt lebentig 8. Z.9: an fehU 10. 11. Z. 12: jedweder seiner 2. 3. ain yede landscbaft solches irem herrn

sollt anzaigen statt jetbedere solt 5. Z. 14 : fQr kbeinen statt nit f Or einen 5. haben statt halten 5. Z. 15 : darzu helfen bezwingen oder vertreiben 5. Z. 18: vnd staU noch 2. H. Z. 19: also statt wol 5. paid fehlt 2. 3. 6. 7 (von spaterer Hand am

Rand hinxugefiigt: Bald). 8—11. Z. 20: Bauarum 2. 3. 5—11. Z. 21 : geregiert statt geherschet 5. Z. 22 : aigentlich statt warlich 2. 3. warlich fehlt 5. bifi statt hunz 5. 8.

und so fort.

Nach den Lesarten und im Zusanimenhalt damit nach anderen oben bei der Beschreibung der elf Handschriften dargelegten Beobachtungen hat sich mir folgender Stamm- baum der Handschriften ergeben, wobei die Buchstaben verlorene oder verschollene Handschriften bezeichnen und wobei auch da und dort noch an weitere Zwischenglieder zu denken ist:

A

LXXVI

Ffir die vorliegende Ausgabe war somit nur Hand- schrift 1 zu Grunde zu legen.

b) Drucke der Chronik.

Im Jahre 1827 erschien in des Miinchener Archiv- direktors MaxFreiherrn vonFreyberg „Samralung historischer Schriften und Urkunden", deren ersten Band eroffnend, unsere Chronik ira Druck nnter dem Titel „Bayrische Chronik eines Ungenannten". Die Ausgabe war in jeder Hinsicht jammerlich. Freyberg selbst war der Meinung, dass die Chronik in dieser seiner Ausgabe „zum erstenmal an das Licht komme".1

Indessen ist f es tzus telle n, dass ein Bruchstuck der Chronik bereits 1789 durch den Druck bekannt gemacht worden ist.2 Im zweiten Bande von Lorenz Westenrieders ,.Beytragen zur vaterlandischen Historie usw.u ist auf S. 87 bis 104 ein Bruchstuck einer Chronik herausgegeben, welche der Herausgeber als „Esaias Wipachers Chronik" bezeichnete. Dieses Bruchstuck ist nichts anderes als ein Teil des Textes unserer Chronik. Es umfasst die Jahre 1180—1268. Nach Westenrieders Angabe endigte die Chronik mit Herzog Wolfgang. Den Anfang liess der Herausgeber „nicht ohne Ursache" weg; erst die Erzahlung von der Zeit Ottos von Wittelsbach an schien ihm „der Wahrheit weit an- gemessener und der vaterlandischen Geschichte weit niitz- licher und dienlicher" zu sein. Im Inhaltsverzeichnisse des Bandes findet sich der Hinweis: „Fortsetzung folgt", aber in den spateren Banden der „Beytrage" erschien keine solche niehr.

Zu dem von ihm der Chronik gegebenen Titel gelangte Westenrieder durch den Umstand, dass am Ende der Hand- schrift, nach welcher der Abdruck erfolgte, geschrieben stand: „Esaias Wipacher Mp. im 1586". Ob dieser Esaias Wipacher der Verfasser der Chronik oder nur der Abschreiber der urspriinglichen Handschrift sei, wagte Westenrieder nicht zu entscheiden. Wir konnen mit Bestimmtheit die erstere Frage verneinen, die zweite dagegen offenlassen und nur noch die Moglichkeit betonen, dass Wipacher (trotz des

1 A. a O. S. 199.

3 Schon Schnjeller hat dies erkannt und am 5. Juni 1841 in einer handschriftlichen Notiz im Verfasserkatalog der Handschriften der K. Hof- und Staatsbibliothek (unter „Wipacner") bemerkt.

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mp. = manu propria, falls richtig gelesen ist) schliesslich auch nur der Besitzer der Handschrift gewesen sein kann.

Jedenfalls ist diese Handschrift heutzutage verschollen. Westenrieder gab an, der Text seiner Ausgabe sei „aus einer Handschrift der St. Emmeramischen Bibliothek heraus- gezogen". Schon Schmeller hat vergeblich nach ihr gesucht und eine Notiz daruber im erwahnten Verfasserkatalog der Handschriften der K. Hof- und Staatsbibliothek niedergelegt.

c) Die Frage nach dem Verfasser der Chronik.

Wie man aus der voranstehenden Beschreibung der Handschriften entnehmen kann, ist schon lange, bevor Frey- berg die Chronik als Werk „eines Ungenannten" veroffent- lichte, die Frage nach dem Verfasser dieses Chroniktextes aufgeworfen und in der mannigfaltigsten Weise zu be- antworten versucht worden. Gab doch die Chronik selbst weder in einem Titel noch im Texte den Namen des Ver- fassers an.

Der alteste Versuch, den Verfasser zu nennen, liegt allerdings untauglich anscheinend in der oben bei Beschreibung der Handschrift Nr. 5 erwahnten Randnotiz vor, die dem Kanzler Dr. Hieronymus Nadler die Chronik zuschrieb. Ebensowenig taugte die durch die unter Nr. 2 und 4 beschriebenen Handschriften erweckte Meinung, die ScheyernerPatres GodeschalkundPankraz seien die Verfasser. Es kamOefele, der zuerst Augustin Kolner, dann Ulrich Fiietrer fur den Verfasser hielt (vgl. oben die Beschreibungen der Handschriften Nr. 1 und 9). Daran reihte sich, wie auf der vorigen Seite erwahnt wurde, Westenrieder, der, selbst zweifelnd, den Namen des* Esaias Wipacher einfuhrte.

Im 19. Jahrhundert beschaftigte sich zunachst Christoph von Are tin mit der Sache. Bei der Beschreibung der Hand- schriften Nr. 1 und 9 sind die Eintrage erwahnt, in denen er Fiietrer verwarf. In seinem „Literarischen Handbuch fur die baierische Gcschichte" (I, 167 ff.) besprach er die Notizen in unseren Handschriften Nr. 1, 2 und 9 (nur diese drei waren ihm von der Chronik bekannt), soweit sie die Verf ass erf rage betrafen. Er lehnte die beiden Scheyerner Patres und Fiietrer als Verfasser ab, bezuglich Kolner's verhielt er sich zweifelhaft, jedoch auch fast ablehnend. Den Cgm. 2817 erklarte er fur das Autograph des Verfassers.

LXXVIII

Aretin's Ansicht wurde von Freyberg" in der Einleitung zu seiner Druckausgabe der Chronik geteiit; beziiglich Kolner's ging Freyberg noch etwas weiter als Aretin und versicherte, dass Kolner „nach den Arbeiten, die er bis jetzt von diesem Manne kennengelernt" habe, nicht als Verfasser in Betracht kommen konne. Und so ging der Druck als „Chronik eines Ungenannten" in die Welt hinaus. Die Frage war wieder eine offene, bis zuerst Johann Andreas Schmeller die Chronik ftir eine deutsche Bearbeitung von Veit Arnpecks „Chronica Baioariorum" erklarte. l In dem handschriftlichen Verfasser- kataloge* der Handschriftenabteilung der K. Hof- und Staats- bibliothek hat der bienenfleissige Mann die Ergebnisse einer Vergleichung des deutschen Textes von Cgm. 2818 mit dem lateinischen Texte der Pezischen Druckausgabe niedergelegt. Zusammenfassend bemerkte er: „Ist augenscheinlich Arnpecks bayr. Chronik etwa schon vor 1495 1. Januar, wo er die lateinische Arbeit dem Bischof Sixt von Freysing dediciert von ihm also deutsch aufgesetzt und erst spater ins Latein umgeputzt."3

Gleich Schmeller erachteten Arnpeck als Verfasser

unserer Chronik" spater Deutinger,4 der auch meinte, dass

die deutsche Chronik vor der lateinischen angefertigt worden

sei, 5 und Kluckhohn, der zuerst Schmellers Ausdruck „Be-

arbeitung" der Chronik geandert haben wollte, da fast

uberall von Uebersetzung gesprochen werden konne,6 spater

aber seine Ansicht, dass es sich urn eine Uebersetzung handle,

als irrtumlich wieder zuriicknahm und ausserdem gegenuber

Deutinger betonte, die deutsche Chronik sei nicht vor der

lateinischen entstanden.7 Auch Heigel,8 Wurdinger9 und

1 Schmeller, Miinchen unter der Vierherzog-Regierung 1397 1403 (1833), 8. 50.

* Unter Arnpeck".

8 Ein ahnlicher Eintrag Schmellers findet sich in demselben Katalog unter ..Wipacher".

4 Bey t rage zur Geschichte usw. des Erzbisthums Miinchen und Freysing III (1851), 468.

5 Am 18. Mai 1861 hielt Foringer in der historischen Klasse der MQnchener Akademie der Wissenschaften einen Vortrag „uber die deutsche Bearbeitung von Arnpeck's Chronicon Bavariae", der aber leider nicht gedruckt worden ist.

Forschungen zur deutschen Geschichte II (1861\ 609.

7 Daselbst VII (1867 1. 205. Eine grossere Arbeit uber die bayeri- schen Landeschroniken, die Kluckhohn dort versprach und in der auch Veit Arnpeck besondere Wurdigung finden sollte, ist nicht erschienen.

8 Morgenblatt zur Bayerischen Zeitung 1865, Nr. 38, S. 127 und Chroniken der deutschen Stadte XV (1878), 298 ff.

9 Sitzungsberichte d. philos.-philol. u. hist. Kl. d. k. b. Akad. d. Wiss. 1872, II, 465.

LXXIX

Wegele l erkannten Arnpeck als Verfasser der deutschen Cbronik an.

Doch gab es auch wieder Andere, die nicht dieser Meinung waren: Hegel dtinkte es „unwahrscheinlich, dass dieser Autor selbst seine lateinische Chronik in solcher Weise versttimmelt haben sollte, um sie fur eine neue Kompilation zu beniitzen."2 Und Riezler3 ausserte, dass die deutsche Chronik kaum von Arnpeck selbst herriihre.

In unseren beiden Dissertationen tiber Veit Arnpeck und seine Werke (1893) kamen schliesslich Joetze und ich vollig unabhangig von einander zu dem Ergebnis, dass Veit Arnpeck der Verfasser der deutschen Chronik sei.

d) Arnpeck der Verfasser der Chronik.

Arnpeck selbst hat nirgends in seinen lateinischen Schriften einer von ihm verfassten deutschen Chronik Er- wahnung getan.

Doch schon Aventinus schrieb in seinen Annalen, als er seine Quellen aufzahlte: „Vitus Areopagus, sacerdos Landesuta oriundus, qui latine et vernacula lingua dili- gentissimc omnium de rebus Boiorum parentum memoria perscripsit sub duce Georgio" 4 und ebenso spater in seiner Chronik: „Veit Arenpeck, ein priester zue Landshut, hat am allerfleissigisten von den Baiern geschriben, teutsch und lateinisch, zue herzog Gorgen zeiten." 5 Da wir gesehen haben, dass Aventinus das Autograph der lateinischen Chronik Arnpecks in Handen gehabt hat, durfen wir ihm wohl einen gewissen Glauben schenken, wenn er sagt, dass Arnpeck auch in deutscher Sprache von den Bayern geschrieben habe. Und wir fragen uns, ob nicht vielleicht in Aventins Werken selbst die Benutzung jener deutschen Chronik Arnpecks zu erkennen ist. Zunachst ergibt sich, dass uberall da, wo Veit Arnpeck von Aventinus als Gewahrsmann mit Namen genannt wurde, nur die lateinische „Chronica Baioariorum" als Quelle in Betracht kommt Unter den Quellen Aventins, die der Herausgeber von dessen Annalen, Sigmund von Riezler, festgestellt hat, wird auch nur die „Chronica Baioariorum"

1 Geschichte der deutschen Historiographie (1886), S. 159.

Die Chroniken der deutschen St&dte VIII (1870), 198.

"JGeschichte Baierns III, 897.

4 Samtliche Werke II, 1. Schon Hoheneicher hat 1822 auf diese „beinahe ganz unbekannte" StelJe hingewiesen im Archiv d. Ges. f. alt. dt. Gesch. IV, 552 und zum Suchen nach dem Werk aufgefordert.

6 Samtliche Werke IV, 2.

LXXX

und der „Liber de gestis episcoporum Frisingensium" namhaft gemacht. Abcr abgesehen davon, dass in Aventins Annalen noch mehr Stellen, als Riezler bezeichnete, unmittelbar auf Arnpecks „Chronica Baioariorura" zuruckzufuhren sind, scheinen mir bei Aventinus doch auch Abschnitte sich zu linden, die aus unserer deutschen Chronik herstammen. Ich erachte es nicht als meine Aufgabe, das bier im Einzelnen zu untersuchen. Es wird eine dankbare Arbeit fiir spater sein, noch eingehender, als es bis jetzt geschehen konnte, festzustellen, was Aventinus den bayerischen Landeschroniken entnommen hat und wie er durch sie beeinflusst oder auch nicht beeinflusst worden ist, nachdem nunmehr die neuen Ausgaben vorliegen. Was unsere deutsche Chronik anlangt, so wird es, da sie an Inhalt vielfach mit der lateinischen ubereinstimmt und ausserdera auch die Texte Wildenbergs und, Fiietrers teilweise in sich aufgenommen hat, schwer sein, gerade ihre Beniitzung nachzuweisen. Aber ich mochte bei dieser Gelegenheit doch darauf aufraerksara machen, dass von Geschichten, welche nur in unserer deutschen Chronik, nicht aber in der lateinischen und auch nicht bei Wildenberg und Fiietrer vorkommen, folgende auch bei Aventinus er- scheinen und zwar, wie ich glaube, aus unserer Chronik geschopf t :

Der Abschnitt fiber die Schlacht bei Garamelsdorf unten S. 524, 5—17 = Aventinus, Samtliche Werke III, 392, 13-23 (vgl. auch V, 428, 1—10).

Die Geschichte von Kapolt Massenhauser unten S. 578, 9—21 = Aventinus, S. W. Ill, 458, 19 -23 (vgl. V, 499,31 bis 500, 1).

Die Geschichte vou dem Sakramentsraub zu Sulzbach bei Donaustauf unten S. 606, 19—609,9 = Aventinus, S. W. Ill, 478, 10—20 (vgl. V, 520, 23—34).

Hat aber Aventinus unsere deutsche Chronik benutzt, so besteht immer noch die Frage, ob er wusste, dass diese Chronik das von ihra genannte deutsche Werk sei, das Arnpeck von den Bayern geschrieben habe, oder ob auch fur Aventinus unsere Chronik schon das Werk „eines Un- genannten" war. Diese Frage miissen wir offenlassen. *

1 Wahrscheinlich auf Aventinus gestiitzt, nennt der Verfaaser der Vorrede einer schouen, von den Buchhandlern Sigmund und Johann Feyerabendt zu Frankfurt a. M. 1578 veranstalteten, dem Herzog Albrecht V. von Bayern gewidmeten Livius-Auegabe in einer dieser Vorrede eingefiigten Skizze fiber die Geschichtschreibung in Bayern auch unsern Vitus Arenpeck" und aagt von ihm : „de rebus Boioruin latina et vernacula lingua diligentissime scripsit."

LXXXI

Wir besitzen noch ein altes literarisches Zeugnis1 von dem Vorhaudensein eyner deutschen Chronik Arnpecks. Mit aller Bestiramtheit unterscheidet namlich der Jesuit Rader Arnpecks lateinische und deutsche Chronik. In seiner „B&varia sancta" erzahlte er 2 bei der Legende des hi. Em- merara u. a., dass die schwangere Herzogstochter Uta und ihr Verfiihrer zu dem Heiligen ihre Zuflucht genommen hatten, um beide dessen Rat und Hilfe zu erflehen. In einem spateren Bande8 brachte Rader folgende Erganzung: „MS. patria lingua Chronicon Arenbekii docet Dtam solam ad S. Emmeramum venisse illumque respondisse, uti depre- hensa quaerenti patri diceret neminem praeter se et Emme- ramum episcopum scire. Sed MS. latina lingua nobiscum sentit." Was hier Rader als von dem lateinischen Text abweichend mitteilt, flndet sich in der Tat so in unserer deutschen Chronik.4 Man kann also schliessen, dass Rader von dem diesen Text enthaltenden Werke gewusst hat, dass es Arnpecks deutsche Chronik ist. Selbst wenn man aber diesen Schluss nicht ziehen wollte, so hat er jenes Werk jedenfalls fur Arnpecks deutsche Chronik gehalten. Dass nach unserem Quellennachweis die betreffende Stelle mit dem ganzen umgebenden Text aus Hans Ebraus von Wildenberg Chronik stammt, fallt hier kaum ins Gewicht. Da Rader, wie wir oben 5 festgestellt haben, Arnpecks Autograph der lateinischen Chronik benutzt hat, kannte er Arnpecks Hand- schrift, und es drangt sich unwillkiirlich die Vermutung auf, dass er vielleicht, da er mit solcher Sicherheit von der deutschen Chronik Arnpecks spricht, auch von dieser das Autograph in Handen gehabt hat.

Doch sei dem, wie ihm wolle. Wir konnten die lite- rarischen Zeugnisse Aventins und Raders6 auch vollig

1 Auch hierauf hat schon Hoheneicher im Archiv IV, 552 auf- merksam gemacht.

» I (1615), 77.

8 III, 199.

4 S. 462,10 18, zu vergleichen mit dem lateinischen Texte S. 53,18 ff.

6 8. XVIII f.

8 Cod. 3376 (33. 10. Aug. 4°) der Herzogl. Bibliothek zu Wolfen- buttel en thai t (von Both fur seine Ausgabe nicht benutzt) den Text der Chronik Ebrans von Wildenberg. Auf dem Titelblatt tragt die Hand- schrift von einer Hand dee 17. Jahrhunderts folgende Notiz: „M. Magnus Agricola p. m. putavit esse Viti Arenpeccii Chronicon." Wie Agricola zu dieser Meinung kam, ist nicht gesagt. Jedenfalls ist es aber nicht un- interessant zu sehen, dass Ebrans Chronik denn deren Text ist in jenem Eodex abgeschrieben fur ein Werk Arnpecks gehalten worden ist.

Qaollen a. ErBrtorung^n N.F. HI. VI

LXXXII

entbehren ; denn der Text unserer deutschen Chronik spricht fur sich selbst:

Kein Anderer als Veit Arnpeck hat sie verfasst.

Wer je mit den Texten der lateinischen Chronik Arn- pecks und der deutschen Chronik „eines Ungenanntentt sich naher beschaftigt hat, musste aus den Texten heraus jeden- falls zu dem Ergebnisse kommen, dass zwischen beiden Chroniken ein sehr enges Verhaltnis besteht.

Was die Anlage und Einteilung der deutschen Chronik anlangt, so machen wir die Beobachtung, dass die Chronik, abgesehen davon, dass sie nicht wie die lateinische in fiinf Biicher und in Kapitel zerfallt, der Anordnung des Stoffes nach die grosste Uebereinstimmung mit Arnpecks lateinischer Chronik aufweist. Insbesondere wird die Geschichte der Herzoge in der gleichen Einteilung erledigt. Ira Gegen- satze zu Hans Ebran von Wildenberg, der immer in einem gewissen Zeitraum die Geschichte der Fursten aus den ver- schiedenen wittelsl»achischen Linien nebeneinander schildert und so generationenweise fortschreitet, und ebenso im Gegen- satze zu Ulrich Fuetrer, der auch der Gleichzeitigkeit nach schreibt, ist die Erzahluug in der lateinischen Chronik Arnpecks geschieden nach den einzelnen Linien des wittels- bachischen Hauses, und nach den letzten Trennungen der ver- schiedenen Landesteile wird die Geschichtserzahlung bis zu Arnpecks Zeit herauf nach Linien getrennt fortgefiihrt. Die deutsche Chronik zeigt ganz dieselbe Einteilung.

Vergleichen wir den stofflichen Inhalt, so ergibt sich sofort klar, dass die deutsche Chronik sich schon dem Um- fange nach von der lateinischen Chronik Arnpecks wesent- lich unterscheidet. Vom ersten Buche der lateinischen Chronik findet sich nur ein geringer Teil in der deutschen wieder. Der ganze Zeitraum, der unten in der lateinischen Chronik 41 Druckseiten beansprucht, nimmt in der deutschen nur 9 Druckseiten ein. Dem zweiten Buch der lateinischen Chronik, das in unserer Ausgabe 49 Druckseiten umfasst, stehen nur 16 Druckseiten der deutschen Chronik gegentiber, dem dritten mit 32 Druckseiten sogar nur 9 der deutschen. Von dem vierten Buche der lateinischen Chronik an beginnt der Inhalt beider Chroniken sich mehr und mehr zu decken, und dieses Verhaltnis steigert sich noch im fiinften.

Schon dem Umfange nach ergibt sich also, dass keine von beiden Chroniken eine vollige Uebersetzung der andern

LXXXIII

darstellen kann. Handclt es sich dann aber urn eine auszugs- weise Uebersetzung der lateinischen Chronik ins Deutsche ? Oder um eine deutsche Bearbeitung der lateinischen Chronik? Oder ist die deutsche Chronik vorher dagewesen und der lateinische Text erweist sich als eine erweiterte Bearbeitung des deutschen ? Oder schliesslich : sind beide Chronikentexte nebeneinander entstanden ?

Um eine Antwort auf diese Fragen zu finden, sind die Texte daraufhin zu untersuchen, erstlich: wie sich die inhaltsgleichen Teile beider Texte1 zu einander verhalten, dann: wie sich das Verhaltnis der von einander abweichenden Teile erklaren lasst.

Ich greife eine in beiden Chroniken sich findende Text- stelle heraus, um an ihr zu zeigen, wie sowohl der lateinische Text als auch der deutsche entstanden sind.

Die bekannte Geschichte von Konig AutharFs Braut- werbung um Theodelinde lautet in Arnpecks lateinischer Chronik (unten S. 43 f.) folgendermassen :

Ea tempest Ate, videlicet anno domini 598., ut legitur in historia Longobardorum libro 3. cap. 30., quara Paulus dy aeon us cardinalis de8crip8it, qui et ymnum: „Ut queant laxis" composuit, Autharius Flavius tertius Longobardorum rex legatos buos ad Baioariam misit, qui Garibaldi eorum regis filiam sibi in matrimonium pete rent. Quos ille benigne suscipiens Teodelindam filiam suam Authari se datum m promisit. Quod dum misei renunciarent Authari, sponsam suam videre cupiens secum elegit pauccs iuvenes fortiesimos et uoum fidelissimum quasi pro domino et cum sum ma festinacione in Baioariam perrexit . . .

Dieser Text ist folgendermassen zusammengesetzt :

1. Aus dem zitierten Kapitel der „Historia Lango- bardorum" des Paulus Diaconus:2

Flavius vero rex Authari legatos post haec ad Baioariam misit, qui Garibaldi eorum regis filiam sibi in matrimonium pete rent. Quos ille benigne suscipiens Theudelindam suam filiam Authari se daturum promisit. Qui legati revertentes cum haec Au tha ri nuutiassent, ille per semet ipsum suam sponsam videre cupiens paucis secum sed expeditis ex Langobardis adhibitis unum- que sibi fidelissimum et quasi seniorem secum ducens sine mora ad Baioariam perrexit.

2. Die stilistischen Aenderungen, die sich gegenuber dem Wortlaute des letzteren Satzes bei Arnpeck finden, sind nicht etwa selbstandige Aenderungen von ihm, sondern sie

1 Am Bande des Textea der deutschen Chronik sind die mit der lateinischen Chronik ubereinstimmenden Teile mit „A" und der Seiten- zahl der lateinischen Chronik bezeichnet.

* Die verwendeten Worte sind gesperrt gedruckt.

VI*

LXXXIV

entstammen dem von ihm auch sonst benutzten Frutolfus vom Michelsberg, der den Text des Paulus folgendermassen umgewandelt wiedergab : l

Post haec misit Authari legatos suos ad Garibaldum regem Bawa- riorum petens filiam suam uxorem. Qui beDe legatos suscepit et filiam suam nomine Theodelindam ei promisit. Quod dum mis si renun- ciarent Authari, ille cupiens videre sponsaro suam elegit secum paucos iuvenes fortissimos et unum fidelissimum quasi pro domino et cum summa festinatione perrexit in Bawariam . . .

Man erkennt deutlich, wie Arnpeck die Fassung des letzten Satzes aus beiden Quellen zusammengesetzt hat.

3. Als dritte Quelle erscheint, wenn auch nur mit ein paar Worten, der Text des Jakob Philipp von Bergamo herangezogen, der in diesem Kapitel noch an mehreren anderen Stellen zu Tage tritt. Zu dem ausgewahlten Ab- schnitt lieferte er offenbar die Worte:

... Autharius Flavius tertius Longobardorum rex ...

4. Auch Ebran von Wildenberg kommt hier noch als Quelle in Betracht; denn Arnpecks Text klingt sehr an dessen Worte an:

. . . und als Paulus diaconus cardinalis schreibt in histori Lampardia: An tori us, der dritt konig an der zal der Lamparter, schickt sein erber und gros botschaft zi3 Garibaldus, konig in Beirn, und pat den, das er im sein tochter Taeololinda gab ztf eelichm gem ah 1. der bedt ward er gebert. von dem heirat ander vil schreiben, das ich von kurtz under wegen lasse.

5. Aus einer fiinften Quelle, die ich nicht feststellen konnte, hat Arnpeck die Jahrzahl 598 sich geholt, wenn er nicht, was ofter bei ihm vorkommt, sie sich auf irgend eine Weise zusammengerechnet hat.

Selbstandig erscheint an dem gewahlten Abschnitt also nur die Tatsache, dass Arnpeck die aus Paulus Diaconus entnommene Stelle mit Buch- und Kapitelzahl zitiert, sowie dass er Paulus als Verfasser des Hymnus „Ut queant laxis" bezeichnet, eine Angabe, die er als Geistlicher wohl wissen durfte.

Untersuchen wir nun den deutschen Text auf seine Quellen. Er lautet (S. 458) :

Und als schreibt Paulus Diaconus, cardinal, in historia Longa- bardorum libro 3. cap. 30., Autharus Flavius, der dritt kung Langa- bardorum, schikt sein erberge botschaft zu kung Garibaldo in Bairen und pat, das er im sein tochter zu ainer elichen hausfrauen gab. solich

1 Gleichlautend auch von Andreas von Regensburg ubernommen.

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potschaft und ambasiat enpfieng der kilng in Bairen gar erlich und ver- sprach ira sein tochter zu der ee. do das erhort Autharius, begert er sein gespons oder braut ze sechen und er erwelt zu im stark jungling and ainen getreuen alte n, earn war er der herr, und eilt mit in Bairenland.

Von den Quellen des lateinischen Textes ist hier zweifellos der Text des Paulus Diaconus in deutscher Ueber- setzung zu erkennen. Auch der des Frutolfus sticht vor mit den Ausdrficken „stark jungling* und wsam war er der herr*4. Beide Quellen erscheinen in der namlichen Verbindung wie im lateinischen Text. Wir finden weiter die aus der Chronik des Jakob Philipp von Bergamo stammenden Worte, und dass wir im Recht sind, wenn wir oben Ebran von Wilden- berg als in Betracht kommende Quelle genannt haben, er- hellt deutlich aus dem Umstand, dass der deutsche Text ihn noch mehr beniitzt hat als der lateinische und seine Worte an die Stelle einer Verdeutschung von Worten des Paulus Diaconus setzt. Von dem Inhalt des lateinischen Abschnittes fehlt im deutschen die Jahrzahl und die Be- merkung iiber den Hymnus „Ut queant laxis".

Welche Anhaltspunkte gewinnen wir nun bei diesem Abschnitte fur die Beantwortung der oben gestellten Fragen ?

Dass der lateinische Text aus dem deutschen ubersetzt sei, wird wohl niemand behaupten wollen. Eine lateinische Uebersetzung unseres deutschen Abschnittes gabe doch einen ganz anderen Text als den jetzt vorliegenden.

Auf Uebersetzung des deutschen Textes aber aus dem lateinischen deuten mehrere Einzelheiten. Jedenfalls wird man annehmen durfen, dass der lateinische Text (ob voll- standig, ist eine weitere Frage, die unten bei der Unter- suchung derAbfassungszeit der deutschen Chronik besprochen werden wird) vorgelegen hat, als der deutsche ausgearbeitet wurde. Dass die ineinandergeschweissten Texte des Paulus Diaconus und des Frutolfus im Deutschen ebenso erscheinen wie im Lateinischen, ist doch ein sicheres Zeichen dafur, dass der lateinische gemischte Text vorausgesetzt werden muss, der deutsche Text aber Uebersetzung ist. Darauf deuten auch in verraterischer Weise die im deutschen Texte sich findenden lateinischen Worte: „in historia Longabardorum libro 3. cap. 30." und „(der dritt kflng) Langabardorum", die wohl nicht so lauten wurden, wenn nicht der lateinische Text, in welchem sie ebenso stehen, ihre Vorlage ware.

Wie hat man sich aber die Tatsache zu erklaren, dass der deutsche Text des Ebran von Wildenberg am Anfang

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des Abschnittes an die Stelle einer Uebersetzung des Textes des Paulus Diaconus gesetzt worden ist?

DerVerfasser der deutschen Chronik ist hierzu offenbar durch Bequemlichkeitsgriinde veranlasst worden. Der Text Ebrans (der ubrigens in diesem Falle aus der gleichen Quelle geschopft war) passte ihm eben hier (wie an vielen andern Stellen) und bot ihm schon die fur seinen Zweck geeigneten Worte, an denen er nur eine geringfiigige Aenderung vornahm.

Somit hatten wir bis hieher fiir den gewahlten Ab- schnitt das Ergebnis, dass dem Verfasser der deutschen Chronik, damit iiberhaupt ihre Gestaltung ermoglicht wurde, der Text der lateinischen Chronik Arnpecks vorlag, den er teils ubersetzte, teils anders bearbeitete, hier Teile weg- lassend, dort andere Quellen verwendend.

Dieses Verhaltnis lasst sich, wie an dem untersuchten Abschnitt, durch die ganze deutsche Chronik verfolgen. Und wenn wir daraus auf den Verfasser schliessen wollten, so wtirden wir den in Arnpeck selbst, aber auch in irgend einer andern Person suchen konnen.

Wir haben aber bisher einer auffallenden, durch die deutsche Chronik hindurchgehenden Erscheinung noch nicht gedacht, die auch in unserem Abschnitt, und zwar hier in einem einzigen Wort, auftritt, anscheinend grosse Schwierig- keiten bereitet, aber schliesslich auf nati'irliche Weise ausgelegt die ganze Verfasserfrage lost.

Dieses Wort in unserem Abschnitt ist „altena (S. 458, 26). In dem lateinischen Chroniktext, von dem wir doch behauptet haben, dass er dem Verfasser der deutschen Chronik vor- gelegen sei, steht es nicht, dort heisst es nur, dass Authari „paucos iuvenes fortissimos et unum fidelissimum" auf die Brautfahrt mitgenommen habe. Wenn der Verfasser der deutschen Chronik nun schreibt: „er erwelt zu im stark jiingling und ainen getreuen alten", hat er dann den „alten" aus Eigenem hinzugetan? Durchaus nicht. Er schopft hier aus der Quelle der lateinischen Chronik, dem Texte des Paulus Diaconus, wo es heisst (vgl. oben S. LXXXIII) : „unum- que sibi fidelissimum et quasi seniorem secum ducens". Der Verfasser der deutschen Chronik ist also in der Lage, die Quelle der lateinischen Chronik abweichend von letzterer zu benutzen ; er besitzt sie selbst und ihre Quelle dazu und weiss genau, welche Quelle im lateinischen Texte verarbeitet

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ist. Ware der Fall vereinzelt, so konnte man an einen Zufall denken. Da er aber haufig vorkommt, notigt cr zu einer anderen Erklarung.

Man sehe sich u. a. unten im Texte folgende Stellen an :

S. 475, 6 und 12; 20 und 24. S. 478, 12 und 19. S. 491, 16. S. 499, 26 ff. S. 501, 1. S. 503, 13. S. 504, 5 ff. und 25. S. 511,30. - S. 517, Iff. und 22. S. 534, 22 ff. S. 537, 35 ff. S. 538, 2 ff. - S. 541, 5 ff. S. 560, 27. S. 574, 13ff. S. 580, 6 ff. S. 584, 23. (Dazu kommen noch viele Stellen, wo Ebran und Fiietrer Quellen sind.)

An alien diesen Stellen finden sich Erweiterungen des deutschen Chroniktextes gegeniiber dem lateinischen und zwar aus solchen Quellen, welche eben in dem umgebenden lateinischen Texte verwertet worden sind. Diese sonder- bare Erscheinung zusammengenommen mit dem bisherigen Untersuchungsergebnis lasst nur die eine Erklarung zu : Derjenige, der den lateinischen Text verfasste, muss auch den deutschen ausgearbeitet haben. Kein Anderer als er konnte wissen, welche Quellen an jenen Stellen benutzt waren und konnte gerade an jenen Stellen eine Erweiterung aus der im lateinischen Texte benutzten Quelle bringen. Mit anderen Worten: Veit Arnpeck selbst ist auch der Verfasser der deutschen Chronik.

Von den Stellen, an denen Arnpeck in der lateinischen Chronik sich selbst nennt oder sicher von sich selbst spricht, fehlen in der deutschen Chronik die Unterschrift der Vor- rede, da die deutsche Chronik uberhaupt einer Vorrede ent- behrt, die Erwahnung von seinem Aufenthalt zu Amberg 1453 l und die Nachricht von seiner Bestallung als Beichtiger 1468.2 Die Weglassung dieser personlichen Angaben in der deutschen Chronik hat nichts auffallendes fur sich, wenn man bedenkt, dass die deutsche Chronik doch fur eine grossere Oeffentlichkeit und ein weiteres Publikum bestimmt war. Sie kann auch auf dem Bestreben nach Kurzung, das wir ja schon festgestellt haben, oder uberhaupt auf einem Zu- fall beruhen.

Dagegen ist ungleich wichtiger der Umstand, dass eine Stelle, in der Arnpeck in der lateinischen Chronik sicher von sich selbst spricht, auch in der deutschen in

1 Unten S.266,22ff.; ?gl. dazu S. 540, 9. » Unten S. 417, 6 ; vgl. dazu S. 674, 32 ff.

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derlch-Form erscheint. Nachdem Arnpeck in der lateinischen Chronik fiber die Hinrichtung der Burger bei dem Aufruhr zu Landshut 1410 die Erzahlungen Ulrich Fiietrers und des Andreas von Kegensburg angefiihrt hat, bringt er eine neue andere Darstellung der Ursachen jener Grausamkeit mit den einleitenden Worten: „Sed ego hanc historiam in hunc modum didici, qui sequiturV Es besteht durchaus kein Anlass, daran zu zweifeln, dass die folgende Erzahluug von ihm selbst stammt. Wenn nun in der deutschen Chronik ebenfalls zu lesen ist: „Aber ich hab die ursach also ver- nomenV so diirfte das wohl ein starker Beweis dafiir sein, dass Arnpeck auch den deutschen Text verfasst hat.

Noch ein Wort iiber die Verwendung der Texte Ebrans und Fiietrers in der deutschen Chronik:

In voller textlicher Abhangigkeit von Ebran beginnt die deutsche Chronik. Der Verfasser wollte offenbar ein volksttimliches Werk schaffen, und die gedrungene Form der Ebran'schen Chronik scheint ihm fiir seine Zwecke gerade recht gewesen zu sein und so sehr gefallen zu haben, dass er beschloss, sich aufs engste an sie anzulehnen. Ebenso passte ihm der Text Fiietrers, doch scheint er dessen Fabelhaftigkeit durchschaut zu haben und verwendete ihn daher weniger als den Ebrans. Wie steht es nun mit dem Verhaltnis der lateinischen Chronik Arnpecks und unserer deutschen an solchen Stellen, wo im lateinischen Texte Ebran und Fiietrer bentitzt sind : wie erscheinen diese Stellen im deutschen Texte?

Ich nehme als Beispiel die Geschichte der Jakobaa von Holland. Der lateinische Text (unten S. 323, 39-328, 45) ist vollstandig iibersetzt und zusammengesetzt 3 aus den Texten Ebrans und Fiietrers, wobei dem letzteren J^der grossere Teil zugehort. Ebenso besteht der deutsche^Text (unten S. 587, 17 593,12) ganz aus den Texten Ebrans und Fiietrers. Man sollte nun eigentlich erwarten, dass beide Texte ubereinstimmend abgefasst waren. Das sind sie auch in der Hauptsache, aber doch nicht ganz. Bald fehlt dem einen Text eine Stelle, die der andere enthalt, bald ist dem einen Text eine Stelle hinzugefiigt, die man im andern vermisst. Man gewinnt dadurch den Eindruck,

' 8. 360,8ff. * S. 612, 14.

" Darnach ist Riezler, Geschichte Baierns III, 909 zu berichtigen. Vgl auch Roth's Ebran-Ausgabe S. 129, Addi. 9.

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dass ein und derselbe Verfasser beide Quellen, Ebran und Fnetrer, vor sich sowohl den lateinischen wie den deutschen Text getrennt von einander geschrieben hat, den lateinischen zuerst (denn seine Anlage beherrscht die des deutschen und im deutschen erscheinen verraterisch lateinischc Worte und Formen), dann den deutschen, diesen jedoch wohl in grosser zeitlicher Nahe. Bald schrieb er an dem einen Text, bald an dem andern, immer die Quellen vor sich, einraal bei dem einen am Quellentexte langer haften bleibend, ein andermal bei dem andern. Und damit kommen wir zu derFrage: Wann ist die deutsche Chronik entstanden?

e) Abfassungszeit der Chronik.

Fur die Feststellung der Abfassungszeit unserer Chronik sind zunachst die einleitenden Worte des Textes l zu beachten :

„Dise nachvolgnde istory ist geschriben wordeu, als herschet der dritt Fridrich, romischer kaiser, und sein sun Maximilian, romischer konig, sagend von dem land Bavaria oder Norica genannt und von den durch- leuchtigen fursten, di in dem land geherschet haben."

Dieser Eingang ist zweifellos den Anfangsworten der Chronik Ebrans von Wildenberg nachgebildet, welche lauten : 2

„I)ie histori ist angefangen zu der zeit, als geherschet hat der dritt Friderich, romischer keiser, am ge- schlacht ein hertzog von Osterreich; sagt von dem landt Bavaria oder genannt Norcoa und von den ftirsten, die in dem loblichen haws Bavaria geherschet haben."

Es ergibt sich also, dass beide Chroniken begonnen wurden, als Kaiser Friedrich noch am Leben war. Man braucht nicht zu glauben, dass der Verfasser unserer Chronik so gedankenlos gewesen ware, die Ebran'sche Zeitangabe zu ubernehmen, wenn sie nicht auch ftir ihn gestimmt hatte. Auch die Abanderung, welche gegeniiber der Zeitangabe des letzteren Textes in unserem Chronikanfang vorgenommen worden ist, erscheint durchaus nicht als zufallig oder nichts- sagend, sondern ist absichtlich und gewollt. Es besteht kein Anlass, ihren Inhalt irgendwie anzuzweifeln. Setzen wir aber die genauen Zeitbezeichnungen fur die in unserem Anfang angegebenen Verhaltnisse ein, so ergibt sich uns der 9. April 1486 als Tag, an dem Maximilian zum romischen

i Uoten 8. 447.

* AuBgabe von Both, S. 1.

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Konig erwahlt worden ist, und der 19. August 1493, der Todestag Kaiser Friedrichs. Das waren also die Zeitgrenzen, zwischen denen die Chronik „geschriebena worden ist.

Die Geschichtserzahlung bei den einzelnen Linien ist zwar in unserer Handschrift Nr. 1 nicht gleichmassig weit gefuhrt, teilweise geht sie um einige Jahre weiter als in der lateinischen Chronik, teilweise aber, und besonders am Schluss, reicht sie ebenso weit wie in der lateinischen. Wie verhalt sich nun der deutsche Text zu den von rair fest- gestellten zeitlichen Umstanden, unter denen die lateinische Chronik entstanden ist?

Wir haben oben x gesehen, dass die lateinische Chronik im September 1493 schon sehr weit gediehen war, dass ihre Entstehung der Hauptsache nach ins Jahr 1493 iiberhaupt fallt und dass sie in ihrer ersten Form gegen Ende Januar 1494 fertig gewesen ist. Darnach erhielt sie noch zahlreiche Zusatze und erfuhr wesentliche Umanderungen in den Jahren 1494 und 1495.

Von alien diesen Zusatzen und Umanderungen der Jahre 1494 und 1495 aber linden sich in der deutschen Chronik nur ein paar wieder, von denen zudem zu vermuten ist, dass ihr Inhalt unabhangig von der lateinischen Chronik dahin gelangte, so dass hochst wahrscheinlich von der lateinischen Chronik in der Hauptsache nur die erste Form fur die Gestaltung der deutschen Chronik in Betracht kam.

Die Linie der pfalzischen Wittelsbacher endigt in der deutschen Chronik mit der am 9. Februar 1493 geborenen Tochter des Kurfursten Philipp, Helene, genau wie in der lateinischen Chronik.2

Bei der niederbayerischen Linie schliessen die der lateinischen Chronik gleichinhaltlichen Teile der deutschen Chronik mit dem Bericht liber die Abordnung, welche Herzog Georg am 23. November 1493 zu dem Leichenbegangnis Kaiser Friedrichs nach Wien schickte.3 Es ist sehr bezeichnend fiir unsere Frage, dass die in der lateinischen Chronik unmittelbar sich anschliessende Notiz iiber die Ruckkehr jener Gesandt- schaft am 23. Januar 1494 4 in der deutschen Chronik sich nicht findet. Ebensowenig die daran sich reihenden Mit-

1 S. XXV IT.

7 Unten S. 555, 35. Vgl. oben S. LX.

3 S. 643, 18 ff.; vgi. S. 400,24ff.

4 S. 401 f.

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teilungen der lateinischen Chronik, die ich oben1 als der zweiten Bearbeitung angehorend erwiesen habe. 2

Auch bei der oberbayerischen Linie schliessen, zunachst bei Herzog Albrecht, die der lateinischen Chronik gleich- inhaltlichen Teile der deutschen Chronik mit einer Nachricht von einer Fahrt zum Begrabnisse Kaiser Friedrichs nach Wien ; in diesem Falle reiste Herzog Albrecht selbst dorthin und zwar fuhr er am 16. November 1493 von Miinchen ab.8 Auch hier ist von dessen am 6. Januar 1494 erfolgter Ruck- kehr, tiber welche die lateinische Chronik unmittelbar darnach berichtet,4 nicht mehr die Rede, und ebensowenig linden sich die Zusatze, welche in der lateinischen Chronik an jener Stelle in den Jahren 1494 und 1495 gemacht worden sind. 6

Bei den Herzogen Christoph und Wolfgang der ober- bayerischen Linie schliesst die deutsche Chronik zeitlich ebenso ab wie die lateinische; die letzte darin berichtete Tatsache fiel auf den 27. September 1493. 6

Nach alledem muss man annehmen, dass die deutsche Chronik gegen das Ende des Jahres 1 493 vollendet7 war, und dass alles, was uber dieses Jahr hinaus sich darin findet, Zusatze sind.

Auch die deutsche Chronik muss, wie die lateinische, von Arnpeck in der Hauptsache im Jahre 1493 selbst aus- gearbeitet worden sein. Wenn wir dieses Ergebnis unserer zeitlichen Untersuchung festhalten, wird uns vieles klar, was bei der Vergleichung der Texte ratselhaft war. Beide Chroniken sind in der Hauptsache nebeneinander ausgearbeitet worden.

Auf diese Weise erklart es sich auch, dass mehrmals Stellen der deutschen Chronik den Eindruck hervorrufen, als

1 S. XVI.

* Eine Auenahme scbeint eine Notiz uber den Brand von Muhl- dorf 1495 und eine fiber den Raubritter Klaus KSchlin zu bilden. Von diesen zwei Notizen mdchte ich aber glauben, dass sie unabhangig von der lateinischen Chronik in die Fortsetzung der deutschen gelangt sind, zumal hier der Text der letzteren von jenem der lateinischen abweicht.

3 S. 689,39ff.; vgl S. 434,7 ff.

* S. 435, 11.

6 Die Notiz uber die papstliche Bulle, welche die Aufhebung von IlmmunBter anordnete, scheint mir wie die vorhin genannten zwei Notizen in der Fortsetzung bei der niederbayerischen Liiiie von der lateinischen Chronik unabhangig zu sein, da auch sie stark von dem lateinischen Text abweicht.

* Unten S. 704,37; vgl. S. 442, 6.

1 Der Ausdruck „geschriben" in der Ueberschrift bedeutet also „begonnen".

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seien sie vor dem entsprechenden Texte der lateinischen Chronik niedergeschrieben.

Z. B. wird in der deutschen Chronik1 erzahlt, wie Herzog Albrecht IV. von Papst Sixtus die Erlaubnis er- langte, dass je ein Domherr der einzelnen bayerischen Stifte von dem Herzoge zu seinem Rat ernannt werden konne, bei ihm seinen standigen Aufenthalt nehmen und dabei doch seine Domherrneinkiinfte fortbeziehen diirfe. Auf Grund dieses papstlichen Zugestandnisses trat der Regensburger Domdekan und Freisinger Domherr Dr. Johann Neuhauser in seinen Dienst. Albrecht IV. begehrte dabei von dera Freisinger Domkapitel, dass seinem Rate die Domherrn- eitokunfte nach Munchen ausgefolgt werden sollten, aber sagt die deutsche Chronik „das wolt das capitl in kain weys thun. also rechten sy auf paiden taylen lang zu Rom, aber es ist bis der zeit noch nit gar geendt."

Die lateinische Chronik aber berichtet 2 ausfuhrlich iiber den an der Kurie gefiihrten Streit und ftihrt ausdriicklich an, wie er im Juli des Jahres 1493 sein Ende fand: Das Freisinger Kapitel behielt Recht, und Dr. Neuhauser verzichtete auf Kanonikat und Prabende zu Gunsten des Pfalzgrafen Philipp.

Bei dieser Sachlage bleibt nur die Annahme ubrig, dass der deutsche Text hier zu einer Zeit geschrieben ist, als man noch im Streite lag, also vor dem Juli 1493, vor dem lateinischen Texte.

Auch die unten S. 679, Anm. 7 festgestellte Tatsache, dass Arnpeck in seiner lateinischen Chronik auf eine von ihm verfasste Beschreibung des Aufenthaltes Konig Maxi- milians zu Freising im Jahre 1491 hinwies, diirfte, da in der deutschen Chronik sich eine solche Beschreibung findet, daftir sprechen, dass dieser deutsche Text vor dem lateinischen verfasst ist.

f) Quellen der Chronik.

Die in der deutschen Chronik beniitzten Quellen sind zunachst die namlichen, aus denen die lateinische Chronik zusammengesetzt worden ist. Es hatte zu grosse typo- graphische Verwirrung angerichtet, wenn ich bei der deutschen Chronik nochmals die einzelnen Quellenstellen so wie bei

1 S. 677, 13 ff. » 6. 421, Iff.

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der lateiniscben kenntlich gemacht hatte, darum muss es genugen, dass ich am Rande mit „i4.tt und der Seitenzahl angegeben habe, wo der entsprechende lateinische Text zu finden ist. Vergleicht man dann die Texte, so wird unschwer iiberall aus den im lateinischen Texte gemachten Quellen- feststellungen auch die Zusammensetzung des deutschen Textes zu erkennen sein.

Als die Hauptquelle des deutschen Textes ist die eigene lateinische Chronik Veit Arnpecks zu bezeichnen, so weit sie eben vorhanden war, als er den deutschen Text niederschrieb.

Ueber einzelne fur die deutsche Chronik zur Verwen- dung gelangte Quellen habe ich (nach der Reihenfolge ihres Auftretens in der Chronik) noch einige Bemerkungen zu machen, wobei ich insbesondere alle Quellen anfuhre, deren unmittelbare Benutzung in der Chronik zu tage tritt.

1. Hans Ebran von Wildenberg, Chronik von den Fiirsten aus Bayern (mit E. am Rande zitiert).

Zu der schon oben S. XXXXVIII behandelten Frage, welche von den handschriftlichen Formen der Chronik Ebrans Arnpeck benutzt habe, gewinnen wir aus der Vergleichung des Textes der deutschen Chronik Arnpecks mit jenem Ebrans das gleiche Ergebnis wie oben: viele Zusatze1 der zweiten Redaktion, Vorrede2 und Fortsetzung8 Ebrans sind von Arnpeck verwertet ; andere Zusatze, die er wohl sicher mit abgeschrieben hatte, wenn sie schon in Ebrans Chronik eingefiigt gewesen waren, und Textumarbeitungen, die Ebran noch vornahm, sind bei Arnpeck nicht zu finden.4 Arnpeck hatte also die Chronik Ebrans in einer noch nicht voll- standigen Form der zweiten Redaktion zur Verftigung.

2. Ulrich Fuetrer, Bayerische Chronik (am Rande mit F. zitiert).

In seiner Ausgabe der Chronik Ulrich Fuetrers hat Spiller die Meinung geaussert, 5 dass Arnpeck von jener

1 Unten S.447, 17 ; 450, 4ff. ; 453, 15 ff.; 461,22; 470, 10 ff.; 472, 2ff.; 473, 1 ff. ; 474, 1 ff.; 476, 11 ff. ; 477, 4 ff.; 486, 9 ; 490, 20ff. ; 558, 19 ; 577,38.

* Unten S.447, Iff.

8 Unten S. 615, 33.

4 VgL z B. unten S. 470,34 mit Ebran S. 60,20; 471,11 mit E. 61,15; 490, 20 ff. und 491, Iff. rait E. 91, 12 ff.; 493,27 mit E. 99,6; 595,32 mit E. 135,7 ff.

6 S. LXXXI1I.

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Chronik die Handschrift T benutzt habe, welche dem ver- lorenen Originaltext am nachsten stehe. Diese 1490 fiir das Kloster Tegernsee gekaufte Handschrift, jetzt Cgra. 225, enthalte in feiner Schrift eingetragene Verbesserungen, die wohl von Veit Arnpeck staramten.1 Die in dieser Hand- schrift rait einem roten „nott ( „nota bene") bezeichneten Abschnitte wurden bei Arnpeck oft wortlich und der Reihe nach berucksichtigt. Eine Lesart von T finde sich auch bei Arnpeck.

Meine Vertrautheit mit den Schriftziigen Arnpecks erlaubt mir, mit Sicherheit zu behaupten, dass jene Ver- besserungen in Cgm. 225 nicht von Arnpecks Hand her- ruhren.

Abgesehen davon, ergibt eine Vergleichung : Von den mit einem roten „noa bezeichneten 48 Abschnitten Nr. 69, 70, 71, 74, 82, 118, 124, 133, 136, 151, 153, 157, 174, 180, 184, 187, 189, 192, 194, 197, 200, 201, 206, 208, 210, 211, 216, 225, 229, 231, 232, 236, 240, 241, 254, 265, 267, 269, 280, 287, 288, 310, 316, 325, 338, 339, 340, 341 sind nur aus den 16 Abschnitten Nr. 187, 236, 241, 254, 265, 269, 280, 287, 288, 310, 316, 325, 338, 339, 340, 341, also nur einem Drittel, meist geringe Textteile aus Fuetrers Chronik von Arnpeck verwendet , andererseits fehlt das Zeichen „noa bei grosseren Abschnitten, die Arnpeck sicher unmittel- bar aus Fiietrer entlehnt hat, wie bei der Geschichte der Ludmilla von Bogen oder der Herzogin Maria von Brabant, so dass jenes „noa nicht die ihm von Spiller zugeschriebene Bedeutung haben kann.

Was ferner die Lesarten in den von Arnpeck aus Fuetrers Chronik entliehenen Stellen anlangt, so stimmen sie oft mit T uberein, ebenso haufig aber auch nicht und geben den Wortlaut der samtlichen anderen oder einzelner der anderen Handschriften, der in diesen Fallen der bessere ist.

Man nehme folgendes Beispiel: In der Geschichte der Belagerung der Burg Natternberg berichtet der Ftietrer'sche Text S. 179.28: „und als die hertzogen sahen, das in der kiinig zu kranck was, wolten sy mit dem kunig gleich gestriten haben. u Hier liegt in den Handschriften eine starke Verderbnis vor. T lasst die Worte „zu kranck" bis „kiiniga gleich ganz aus (Arnpeck kann also schon deswegen T nicht benutzt haben). In der Handschrift W liest man

1 Dauelbet S. XXII, XXX, Anm. und LXXXIil.

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statt „zu kranck" die Worte „so nahent" und in der Hand- schrift H „zu schwach". Als Quelle Fuetrers diente hier Andreas von Regensburg S. 645, wo es heisst: „Da nu der ftirst von Bayren ein sterkchere ritterschaft l het dann der kayser und hoffet, er solt angientz streyten . . .* 1 Es lasst sich also denken, dass in Fuetrers Chronik dem Sinne dieser Quellenstelle nach „krancka in der Bedeutung von ^schwach* (so auch in Spillers Glossar S. 312) zu nehmen ist, wenn- gleich hierbei das „zua auffallt, denn den Herzogen konnte der Konig ja nicht schwach genug sein. Wenn wir nun bei Arnpeck die Stelle so lesen: „das yn der chung zu was komen", erhebt sich uns fast der Verdacht, dass auch die Lesart „krancka verderbt ist und dass es im Original hiess : rzu komen wasa, was wohl einen Sinn gibt.

Ein weiteres Beispiel kann uns zeigen, dass Arnpecks Text manchmal sogar besser ist, als der aller erhaltenen Handschriften von Fuetrers Chronik einschliesslich T, sto dass er sogar zur Sicherung der Textherstellung der Fuetrer-Ausgabe nutzliche Dienste hatte leisten konnen. Man vergleiche z. B. :

In der Fuetrer-Ausgabe liest man S. 182,5 folgenden Satz : „Do sprach der pfaltzgraf, er hett den stetten genueg volks, als er auch hett, wann er gerte nicht, nur mit den stetten zu vechten." Dass dieses „nura hier sinnstorend ist, hatte ein Blick in die zu Grunde liegende Quelle, die Chronik Konigshofens, zeigen konnen. Wenn T statt „nurtt,'die Lesart mertt gibt, so bietet auch diese keinen Sinn. Wenn wir aber bei Arnpeck S. 531,6 lesen: „wann er gert nit mer dann mit den steten zu vechtena,2 so haben wir hier einen Text, der voHig in den ganzen Zusammenhang passt, von dem wir auch annehmen diirfen, dass er so in Fuetrers Originalhandschrift stand. Die Lesartverderbnis ist offenbar so eingetreten, dass eine Abschrift zuerst das „danna aus- liess: von dieser stammt T; eine weitere Handschrift las statt „mera darauf „nura : von dieser stammen die iibrigen Handschriften. Hatte Arnpeck T vor sich gehabt, er ware wohl kaum in der Lage gewesen, die Verbesserung von sich aus vorzunehmen. Ist sie doch sogar dem modernen Heraus-

1 Im lateinischen Texte S. 320, 23: „Cum autem Bavarorum princeps forciorem militiam haberet et pugnaturoH se iam crederent . . ."

* Im lateinischen Text 8. 256, 28 hat Arnpeck die Stelle in per- aonliche Fassung gebracht und enlsprechend Qbersetzt: „dumtaxat de- •idero, ut ipsi mecum congrediantur."

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- LXXXXVT

geber, der den Sinn noch dazu aus der ihm vorliegenden Quelle Fuetrers hatte finden konnen, nicht gelungen.

Von einer Benutzung der Handschrift T durch Arnpeck kann^nach dem Gesagten nicht mehr die Rede sein, dagegen stellt sich heraus, dass Arnpeck eine sehr gute Handschrift vor sich hatte, von welcher T abstammt. Ob das die ver- lorene Originalhandschrift Fuetrers selbst gewesen ist l oder eine der nachsten Abschriften davon, muss dahingestellt bleiben.

3. Andreas von Regensburg, Chroniken.

Von der lateinischen Chronik abweichend hat Arnpeck in seiner deutschen Chronik die Weltchronik und die lateinische bayerische Chronik des Andreas mehrmals verwendet; vgl. unten S. 447, 13; 459,14; 464,13; 466,19; 478,26; 503, Anm. 3; 513, Anin. 3; 516, Anm. 1; 517, Anm. 2 und 3; 535, Anm. 5; 536, Anm. 2—4 und 6; 582, Anm. 1; 584, Anm. 3; 585, Anm. 2; 595, Anm. 4 und 6. Wahrend wir in der lateinischen Chronik nur des Andreas beide lateinischen Chroniken benutzt fanden,2 zeigt es sich, dass Arnpeck auch die deutsche bayerische Chronik des Andreas kannte. Er schrieb aus ihr ein paar Abschnitte ab, die er seiner lateinischen Chronik nicht einverleibte : unten S. 484, 12 ff.; 529, 35. Vgl. auch S. 584, Anm. 1 und Nachtrag zu S. 480, 22.

4. Verschollene Chronik des Garibaldus.

Fur das einstige Vorhandensein dieser Chronik glaube ich bei meiner Textuntersuchung neue Anhaltspunkte ge- funden zu haben und verweise auf meine Feststellungen unten S. 448, Anm. 1 ; 456, Anm. 2. Vgl. auch oben S. L VIII.

5. Jakob Twinger von Konigshofen, Chronik. Konigshofens Chronik wird gleich in den ersten Ab-

schnitten zitiert mit den Worten: „als di histori von Stras- purg sagt ...as Diese Worte selbst sind aus Ebrans Chronik genommen. Unmittelbare Benutzung Konigshofens aber, und zwar abweichend von der lateinischen Chronik, zeigt sich an einer Reihe von Stellen ; vgl. S. 449, Anm. 2 ; 451, Anm. 6; 475, Anm. 5; 478, Anm. 1 und 2; 491, Anm. 3; 492, Anm. 1; 495, Anm. 1; 534, Anm. 5—10; 570, Anm. 1; 571, Anm. 1; 574, Anm. 2; 580, Anm. 1 und 2.

1 Vgl. den Handschriftenstammbaum bei Spiller S. XXIX. * Vgl. oben S. XXXXV. 3 S. 449, 2.

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6 Hartmann Schedel, Weltchronik.

Die gTossen geographisch-historischen Kapitel, welche die lateinische Chronik dem 1493 durch den Druck ver- breiteten Werke des Nurnberger Polyhistors entnomraen hat, l fehlen der deutschen Chronik. Wie ich oben dargelegt habe, sind .sie wohl auch der lateinischen Chronik erst bei der zweiten Bearbeitung nachtraglich hinzugefugt worden. Nur der Abschnitt uber die Donau in der deutschen Chronik S. 450,31— 451, 5 ist zweifellos aus Schedels Chronik tiber- tragen.2 Man erkennt daraus ira Zusaramenhalt mit unseren Feststellungen fiber die Zeit der Abfassung der deutschen Chronik, dass Arnpeck noch ira Erscheinungsjahr von Schedels Weltchronik zu deren Beniitzung gelangte.8

7. Johann von Thurocz, Ungarische Chronik. Ueber erweiterte Beniitzung gegeniiber der lateinischen

Chronik vgl. unten S. 454, Anm. 1 und 3.

8. Aufzeichnungen von Kremsmiinster.

Wie sich erkennen lasst, dass auch sie bei Abfassung der deutschen Chronik unmittelbar vorlagen, daruber vgl. S. 455, Anm. 4.

9. Paulus Diaconus, Historia Langobardorum.

Ueber die selbstandige Beniitzung zur Herstellung des deutschen Textes vgl. oben S. LXXXIIIff.

10. Frutolf vom Michelsberg, Weltchronik. Vgl. ebenso oben S. LXXXIIIff.

11. Jacobus Philippus von Bergamo, Supple- mentum Chronicarura.

Ueber ihn als unmittelbareVorlage der deutschen Chronik vgl. unten S. 467, Anm. 1, 2 und 5; 593, Anm. 1.

12. Otto von Freising, ^Chronica" und „Gesta Friderici

Ottos von Freising Weltchronik dringt als unmittelbare Vorlage im deutschen Texte durch unten S. 475, 6 und 12, Otto-Rahewins „Gesta Friderici I.tt S.493,20ff.; 499, 26 ff.; 500, Anm. 1—3; 501, Anm. 1 und 2; 503, Anm. 2.

1 Vgl. oben S. LVI, Anm. 1.

* Vgl. den lateinischen Text unten S. 18, 29 if.

* Vgl. oben S. LV, wo ich auf anderem Wege zu einem annahernden Ergebnis gekommen bin.

Qnellen o. Ei«rternng«n N.F. III. VII

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13. Scheyerner Furstentafel.

Ihr deutscher Text ist dem Wortlaut nach ubernommen ; vgl. S. 483, Anm. 2; 511, Anm. 5; 517, Iff.

14. Burkhardus, Chronicon Urspergense. Vgl. S. 504, Anm. 1.

15. Hermann von Niederaltaich, Annalen. Vgl. S. 515, Anm. 1.

16. Thomas Lirer, Schwabische Chronik.

Ist wortlich verwendet; vgl. S. 537, 35 ff.; 538, 2 ff.; 540, Anm. 1; 541, Anm. 1 und 2; 560, Anm. 1.

17. Inkunabeldruck: Die kronung des durch- leuchtigisten fursten vnd herrn Maximilians usw.

Fast wortlich abgeschrieben ; vgl. unten S. 546, Anm. 1.

18. Freiheitsbriefe der bayerischeri Geist- 1 i c h k e i t.

Waren Arnpeck wohl aus dem Freisinger bischoflichen Archiv zuganglich. Vgl. S. 563 ff.

19. Albrecht Sfrreicher, Geschichte der Auf- findung des Sakraments von Sulzbach bei Donaustauf.

Wie ich nachtraglich fand, ist der Verfasser der S. 606, 19ff. eingereihten, nicht in der lateinischen Chronik enthaltenen „Historia in der Tat (vgl. meine Vermutung S. 609, Anm. I und 3) der Dechant Albrecht Streicher von Donaustauf, ein Zeitgenosse der erzahlten Vorfalle; vgl. Verhandlungen des histor. Vereins fiir den Regenkreis II, 397.

20. Ausschreibung des Regensburger Reichs- tags 1470.

Vgl. S. 663, Anm. 1.

21. Totenbuch des Munchener Angerklosters.

Vgl. S. 673, Anm. 1. Vielleicht stammt auch die Ge- schichte S. 578, 22 ff. dorther, wenngleich sie in dem Toten- buch nach seinem jetzigen Zustande nicht enthalten ist.

22. Urkunde tiber die Riickgabe Regensburgs an das Reich 1492.

Vgl. S. 684, Anm. 3.

Die Zahl der nicht feststellbaren Quellen, welche die deutsche Chronik (von den schon in der lateinischen als

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solchen bezeichneten hier abgesehen) birgt, ist nicht sehr gross.

Ueber eine mit „di romisch kronik" zitierte, nicht bestimmbare Quelle habe ich unten S. 477, Anra. 1 die Ver- mutung geaussert, dass das Zitat wohl auf Irrtum zurfick- zuffihren ist.

Von besonderem Werte ware die Auffindung einer Quelle,* welcher mehrere nicht uninteressante Abschnitte zur Geschichte Kaiser Heinrichs II. entstaramen; vgl. unten S. 487,8 ff. und 488, 23 ff.

Drucke fiber die Frankfurter Konigswahl vom Jahre 1486 sind wohl Quelle zu unten S. 545.

Eine Aufzeichnung fiber die Schatze und das Ver- machtnis Herzog Ludwigs des Bartigen von Ingolstadt er- scheint S. 596 ff. bentitzt, desgleichen eine Aufzeichnung fiber die Landshuter Hochzeit vora Jahre 1475 S. 625 ff.

Was wir an selbstandigen Abschnitten, die der lateinischen Chronik fehlen, in der deutschen finden, kann Eigentum Arnpecks sein, kann aber auch Zusatz des Schreibers unserer Handschrift 1 oder vielleicht noch einer zwischen Arnpecks Autograph und der Handschrift 1 liegenden Hand- schrift sein. Soweit solche Abschnitte der Zeit vor Ende 1493 angehoren, wird man sie ja wohl Arnpeck zuschreiben diirfen.

g) Bedeutung der Chronik.

Wie ich schon oben erwahnte, ist es zweifellos Absicht des Verfassers gewesen, ein volkstfimliches Werk zu schaffen. Diese Absicht war raassgebend ffir die Form, in welcher die deutsche Chronik erscheint. In der gelehrtes Gewand tragenden und ffir gelehrte Kreise bestimmten lateinischen Chronik ist schon die Art der Quellenbenfitzung eine andere als in der deutschen: die gelehrte Quelle wird in genauer wortgetreuer Weise wiedergegeben. In der deutschen Chronik schrumpfen oft ganze Kapitel der lateinischen auf wenige Satze zusammen, die den Hauptinhalt treffend zum Ausdruck bringen. Geschickt zusammengesetzt, erweckt die deutsche Chronik den Eindruck, dass ihr Verfasser seinen Stoff gut beherrscht. Aus seinen gelehrten Studien heraus vereinigt er die Geschichten, von denen er annimmt, dass sie das Volk interessieren, zu einemBuche. Man muss zugestehen,

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dass ihm das sehr gut gelungen ist. Nicht tibel hat Frey- berg1 einst von der Cbronik gesagt, sie habe ihm beim Durchlesen „eine Empfindung erregt, welche jener ahnlich ist, die uns bei der Betrachtung der Werke unserer alteren Malerschule erfullt und welche durch die Gemiitlichkeit und Treuherzigkeit der Behandlung erregt wird, die wir in diesen Werken wabrnehmen." Geht auch ein Teil von diesem Lobe auf Ebran von Wildenberg und Ulrich Ffietrer, deren Worte Arnpeck sehr haufig ausgeborgt hat, so ist doch zu betonen, dass auch er selbst viele schone und treffende Worte gefunden hat, die sein aus dem Volk fur das Volk geschriebenes Werk zu einem achtungswerten Denkmal der inBayern entstandenen deutschen Lite- ratur raachen. „Es spiegelt sich in diesem Werke das ganze Wesen des bayerischen Volkes jener Zeit."2 Als geschichtliches und besonders kulturgeschichtlichesErzeugnis darf die Chronik eine zwar bescheidene, doch aber wttrdige Vorlauferin von Aventins